Nach dem Tod seiner nicht ganz so sehr geliebten Frau erhofft sich der 86-jährige Irving, noch einmal so richtig die Sau raus lassen zu können. Mit den neu gewonnenen Freiheiten zögert er nicht lange, auf nächtliche Sauftouren zu gehen und deutlich jüngere Frauen aufzureißen. Zumindest versucht er das, denn die kleine „Bumsbremse“, wie Irving seinen 8-jährigen Enkel Billie liebevoll nennt, ist ihm dabei nicht gerade behilflich. Da dessen Mutter gerade wegen Drogenmissbrauchs erneut ins Gefängnis gewandert ist und der Vater sich scheinbar nicht in der Lage sieht, sich um das Kind zu kümmern, hat der alte Mann den Bengel prompt an der Backe. Ganz zu seinem eigenen Missfallen, sodass er nicht lange zögert, ihn auf direktem Wege nach North Carolina zu bringen. Dumm nur, dass unterwegs beide auf den Geschmack kommen, sich die derbsten Streiche zu erlauben und sich dabei auf etwas groteske Weise lieb gewinnen…
Kritik:
Eine gewisse Sendung auf dem Musiksender MTV war schon vor vielen Jahren ziemlich Geschmackssache. Johnny Knoxville und seine Kollegen versuchten mit total affigen Gags unterhalb der Gürtellinie, bei denen sie sich regelmäßig selbst verletzten, die Lachmuskeln der Zuschauer in Erregung zu bringen. Leider stieß das allerdings nur bei eingefleischten Fans dieses Humors auf echte Begeisterung. Deshalb versucht er sich nun erstmals in einem echten, zusammenhängenden Spielfilm und schlüpft dafür in die Rolle eines 86-jährigen Großvaters.
Draufgängerischer Opa
Die Story ist dabei so bescheuert, dass sie zugleich auch wieder genial ist: Der völlig durchgeknallte Großvater Irving hat es im Umgang mit Minderjährigen nun überhaupt nicht so und schleppt ihn von einem Besäufnis zum nächsten. Ständige Gags unterhalb der Gürtellinie stehen da ebenso an der Tagesordnung, wie billiger Fäkalhumor. Immerhin lässt es sich Johnny Knoxville erneut nicht nehmen, sprichwörtlich „gegen die Wand zu scheißen“. Gesagt, getan – so mancher braune Fleck wird dann sogar an der Wand eines Restaurants hinterlassen. Klingt nicht lustig? Ist es auch nicht. Da ist man dann froh darüber, dass „Bad Grandpa“ auf den zweiten Blick dann doch viel mehr zu bieten hat. Etwa dann, wenn Irving sich als junggebliebener alter Mann entpuppt, der sich den Spaß am Leben einfach nicht nehmen lässt und damit sogar für ein klein wenig Gesellschaftskritik sorgt. So fürsorglich und einfühlsam andere Erwachsene auch sein mögen, haben kleine Jungs doch mit dem völligen Wahnsinn den meisten Spaß. Und als Duo funktionieren die beiden schließlich sehr gut, als Zuschauer kommt man – wenn der Film sich gerade nicht mit Fäkalhumor beschäftigt – so schnell nicht mehr aus dem Lachen heraus.
Nachfolger für Knoxville
Vor allem der kleine Jackson Nicoll als junger Enkel Billy sticht in seinen Leistungen sehr positiv heraus. Obwohl es sich bei keiner der Personen um einen echten Verwandten handelt, schafft er es doch, mit seiner liebevollen und doch dreisten Art, die Fans zu begeistern – und seinem großen Vorbild Johnny Knoxville schnell einmal die Show zu stehlen. Immerhin kann der sich allerdings in seiner Opa-Maske ebenso sehen lassen und zum ersten Mal eine wirklich ernst zu nehmende Rolle übernehmen. Der Film kombiniert dabei gestellten Spielfilm und improvisierte Comedy mit der versteckten Kamera. Sorgt das Duo dann für völlig absurde Situationen, konfrontieren die beiden damit reale Passanten und sorgen mit echten Reaktionen für besonders geniale Komik. Dass man sich dabei auch mit Erziehungsproblemen, der Liebe im Alter und anderen Dingen auseinandersetzt, sorgt außerdem für eine weniger behämmerte, sondern eine leicht niveauvollere witzige Komik. Eigentlich würde man sich an dieser Stelle sogar weitaus mehr echte Spielfilme mit Johnny Knoxville wünschen, bei denen er auf Improvisationscomedy und Fäkalhumor verzichtet. Denn gerade die sexistischen Gags sind es am Ende, die dem Film immer wieder die Qualitäten rauben – und die Wertung doch ein wenig senken. Schade. Mehr Situationskomik und weniger Gags unterhalb der Gürtellinie hätten „Bad Grandpa“ sicherlich nicht geschadet.
Fazit:
Mit einer genialen Charakterrolle und einem tollen kleinen Jungen als Zweitdarsteller trainiert „Bad Grandpa“ teilweise auf innovative und groteske Art die Lachmuskeln, während sogar eine unterschwellig tiefgründige Auseinandersetzung mit ernsten Lebensfragen erkennbar ist. Leider schaffen es die Jackass-Macher noch immer nicht, die Finger von Fäkalhumor und grobem Unfug zu lassen.