Das Leben in Johannesburg war noch nie einfach, das muss auch Lucky Kunene feststellen. In dem Land, in dem es die schwarze Bevölkerung nach der Apartheid immer noch schwer hat, lebt er in tiefer Armut in der Hoffnung, endlich ein besseres Leben führen zu können. Nun scheinen sich die Türen für ihn endlich zu öffnen, als er eine Aufnahmebestätigung der Universität erhält und damit Möglichkeiten erhält, die normalerweise den meisten schwarzen Menschen verwehrt bleiben. Dumm nur, dass auch dieser Erfolg schnell getrübt wird, als er feststellt, dass er die gesamten Studiengebühren selbst übernehmen muss. Für Lucky ist das ein unmögliches Unterfangen, sodass er fortan beschließt, das Geld auf andere Weise einzutreiben. Statt auf die Universität zu gehen, steigt er so ins Gangstergeschäft ein. Doch als ihm die Gewalt zu weit geht, beschließt er seine Arbeit zum Wohle der schwarzen Armutsbevölkerung fortzusetzen und beginnt, die verwahrlosten Häuser der Stadt zu kontrollieren, um den reichen schwarzen Vermietern ordentlich Druck zu machen. Leider macht er sich dabei allerdings schnell Feinde – auch bei den Cops…
Kritik:
Eingefleischte Filmliebhaber wissen es: Filme aus Südafrika können meist mit einer hohen Qualität überzeugen. Nach erstklassigen Erfolgen, wie „City of God“ und „Themba“ bekommen wir mit „Gangster’s Paradise“ nun einen weiteren hervorragenden Film aus dem fernen Johannesburg zu sehen.
Vom Leben im Slum
Wie die meisten afrikanischen Filme dreht sich die Rahmenhandlung um ein typisches Thema: Das schwierige Leben in einer von Armut beherrschten Stadt, in der es schwarze Bürger nicht gerade einfach haben. Wir sehen dabei die Perspektive eines jungen Mannes, der eigentlich ziemlich schlau ist und aus finanzieller Not zum Dieb für einen gefährlichen Gangsterboss wird. Eine Menge dreckiger Action erwartet uns daher, die nicht selten in Schießereien endet. Für uns ist es derweil aber stets nachvollziehbar, was die Menschen zum Unrecht führt, sodass wir in „Gangster’s Paradise“ definitiv keine Stereotypen zu sehen bekommen.
Robin Hood unter den Gangstern
Im Gegenteil, zeigt sich die Charakterzeichnung von Rapulana Seiphemo als Lucky eher widersprüchlich und gerade deshalb sehr tiefgründig. Wir sehen somit also einen Mann, der einerseits Verbrechen begeht, in dem er Raubüberfälle verübt und Autos stiehlt. Doch wir sehen gleichzeitig auch einen netten jungen Erwachsenen von nebenan, der keineswegs skrupellos mordet. Immer dann, wenn es um brutale Gewalt geht, zieht sich Lucky möglichst schnell zurück und weigert sich konsequent, eine Waffe zu verwenden. Außerdem sieht man ihn als hilfsbereite Person, die Unschuldige beschützt und zugleich dem Unrecht in den verwahrlosten Wohnsiedlungen ein Ende bereiten will. Er ist einfach kein einseitiger Charakter, sondern eher jemand, der für Überraschungen sorgen kann und für den Zuschauer durchgehend interessant ist. Im Grunde genommen ist er auch ein Held, der sich für die sozial Schwachen einsetzt und sich dem ungerechten System in den Weg stellt. Ganz nach dem Motto: „Jeder Besitz ist Diebstahl“, wie Karl Marx einmal sagte und wie es sich Lucky zu seinem Lebensmotto macht.
Ghetto mit Längen
Natürlich muss man zugleich auch zugeben, dass wir von der Story im nachhinein doch zumindest eine etwas andere Richtung erwartet hätten. Zu oft haben wir einfach die übliche Story um arme Afrikaner gesehen, die zum Verbrecher werden. Wirklich innovativ würde das auf den ersten Blick nicht wirken, wären da nicht die recht „kreativen Verbrechen“, die Lucky im Laufe des Films begeht. So ist die Idee, Häuser zu kontrollieren und gegen die verbrecherischen Vermieter zu kämpfen, eine recht intelligente und ungewöhnliche Art, einen Mann im Ghetto zu präsentieren – einen zwielichtigen Mann, der damit gleichzeitig Geld scheffeln will, wohlgemerkt. Auf diese Art und Weise schafft es „Gangster’s Paradise“ jedenfalls und eine recht ungewöhnliche und überraschende Handlung zu präsentieren, die schnell Pluspunkte sammeln kann. Schade ist dabei allerdings auch die etwas zu hoch angesetzte Laufzeit des Films, sodass auch hin und wieder kleine Längen aufkommen können, die uns allerdings noch nicht dazu bewegen, den Film abschalten zu wollen. Eine Komprimierung auf eine etwas kürzere Laufzeit und einem leicht erhöhten Erzähltempo hätte dem Film sicherlich nicht geschadet. Wer darüber jedoch hinweg sehen kann, bekommt einen sehr spannenden und realitätsnahen Gangsterfilm geboten, der mit klugen Einfällen zu überzeugen weiß.
Fazit:
Spannender und realitätsnaher Gangsterfilm über das schwierige Leben im südafrikanischen Slum, der einige intelligente und überraschende Einfälle zu bieten hat.