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    Platzspitzbaby

    Platzspitzbaby


    Land/Jahr:
    CH 2020
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Pierre Monnard
    Darsteller:
    Luna Mwezi
    Sarah Spale
    Delio Malär
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    100 Minuten
    Kaufstart:
    24. März 2022
    Label:
    EuroVideo

    Mitten im Herzen von Zürich existierte bis 1995 eine der größten offenen Drogenszenen Europas. Hunderte Menschen konsumierten auf offener Straße selbst harte Drogen wie Heroin. Nach dessen Auflösung zieht die 11-jährige Mia mit ihrer Mutter Sandrine in eine scheinbar idyllische Kleinstadt im Züricher Oberland. Doch auch da soll sich an der Situation so schnell nichts ändern: Sandrine ist schwer drogenabhängig und auch in der neuen Heimat tagtäglich damit beschäftigt, sich neuen Stoff zu besorgen. Sogar ihre eigene Tochter schickt sie mit Geldscheinen in der Hand zum nächstgelegenen Dealer. Auf der Suche nach Halt und Orientierung flüchtet sich Mia in eine Fantasiewelt mit einem imaginären Freund und freundet sich in der Schule mit Gleichgesinnten an, die ebenfalls aus schwierigen Familienverhältnissen stammen. Bis die Lage eines Tages vollständig eskaliert…

    Kritik:
    Mit „Christiane F.“ bekamen wir im Jahre 1981 einen der eindrucksvollsten Filme über das Drogenmilieu geboten, die man bis dato je gesehen hatte. Und erst vor wenigen Jahren ging „Systemsprenger“ dem Publikum unter die Haut, als das Drama uns das Leben eines schwererziehbaren Kindes aus dessen eigener Perspektive vor Augen führte. Das schweizerische Drama „Platzspitzbaby“ spannt nun genau diesen Bogen: Die Drogenszene aus den Augen eines Kindes, das mit der Situation überfordert, zu Verhaltensauffälligkeiten neigt. Kein einfacher Stoff.

    Systemsprenger trifft Christiane F.
    Basierend auf wahren Ereignissen, die Michelle Halbheer erst vor knapp zwei Jahren in ihrer Autobiografie veröffentlichte, ist „Platzspitzbaby“ ein Film, der schon nach den ersten zehn Minuten ziemlich erdrückend auf das Publikum wirkt. Das Drogendrama nämlich zappelt nicht lange und wirft den Zuschauer praktisch direkt ins kalte Wasser: Wir sehen die junge 11-jährige Mia über einen riesigen Platz in Zürich irren, umgeben von kaputten drogenabhängigen Menschen, die sich gerade Heroin in die Arme spritzen und scheinbar hilflos auf der Suche nach ihrer Mutter – die sich zwischen Liebschaften mit anderen Drogenabhängigen und dem nächsten Rausch gerade mit dem sorgenvollen Vaters des Kindes streitet, der um das Sorgerecht kämpft. Noch keine fünfzehn Minuten dieses Films vergehen und so mancher zartbesaitete Zuschauer braucht vermutlich schon die ersten Taschentücher, wenn wir Luna Mwezi in ihrer großartigen Rolle als Mia sehen, wie sie gerade auf dem Rücksitz des Autos in Tränen versinkt und die Situation nur erträgt, in dem sie sich in eine Fantasiewelt flüchtet. Spätestens jetzt ist schon klar: „Platzspitzbaby“ wird kein einfach zu verdauender Film.

    Drogenszene durch Kinderaugen
    Das Drama aus der Schweiz hat nämlich auch gar nicht vor, seine Stimmung irgendwie zu verändern. Denn das, was uns „Platzspitzbaby“ zeigt, ist nicht nur die schonungslose Darstellung der damaligen Realität in Zürich zum Ende der 90er Jahre, sondern eine rund 100-minütige Odyssey des Leids, in der eine ohnehin schon dramatische Situation von Minute zu Minute weiter zu eskalieren droht. Richtige Sympathieträger suchen wir in diesem Film jedenfalls vergeblich, wenn offenbar jeder Charakter kaputter und schlimmer ist, als der andere. „Platzspitzbaby“ konfrontiert uns mit Vernachlässigung, häuslicher Gewalt und dem stetig drohenen Abgrund – zeigt dabei aber auch eine extrem schwierige Mutter-Tochter-Beziehung von einer äußert sensiblen Seite: Die verzwickte Situation, wenn ein junges Mädchen, das eigentlich aus der Familie herausgeholt werden müsste, beständig an ihrer leidenden Mutter festhält und dabei in so manchen Momenten erwachsener sein muss, als ihr lieb ist. Szenen, in denen sich die 11-jährige Mia um die zugedröhnte Mutter kümmert, die sich nicht einmal mehr das Brot selbst schmieren kann, hinterlassen dabei definitiv Eindruck.

    Eine glaubwürdige Hilflosigkeit
    Man ist in manchen Szenen ohne Zweifel sogar geneigt, das Drama als heftiger zu bezeichnen, als der Klassiker „Christiane F.“. Sicherlich auch deshalb, weil hier eben die emotional aufwühlende Perspektive eines Kindes gezeigt wird, dem der Zuschauer doch am liebsten genauso helfen möchte, wie der sorgenvolle Vater, der beim Jugendamt auf taube Ohren stößt. Die Darstellung der scheinbar aussichtslosen Lage des Mädchens ist damit aber auch realistisch: Die Hilflosigkeit, wenn dem Jugendamt schlicht die Hände gebunden sind, steigert die Dramatik des Films nochmal auf ein neues Level. Und da ist dann sogar die manchmal etwas verwackelte, absichtlich amateurhafte Optik gewollt: „Platzspitzbaby“ soll wirken wie eine Aufnahme mitten aus dem Leben, wie die Privatkamera, die das kleine Mädchen durch den Suff führt, während sie auf der Suche nach ihrer Mutter über die Drogenleichen von Zürich steigt. Ein Meisterwerk, das harte Nerven braucht.

    Fazit:
    Der heftigste Drogenfilm seit „Christiane F.“: Das Schweizer Drama zeigt die Erlebnisse in der Drogenszene aus der Perspektive eines 11-jährigen Mädchens und kann damit emotional stark aufwühlen. Ein extremes Meisterwerk, bei dem die Packung Taschentücher besser schon bereit liegt.

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