Benedetta |
Land/Jahr: F 2021 |
Genre: Drama |
Regie: Paul Verhoeven |
Darsteller: Virginie Efira Charlotte Rampling Daphne Patakia Lambert Wilson Oliver Rabourdin |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 131 Minuten |
Kaufstart: 24. Februar 2022 |
Label: Capelight |
Schon als junges Kind wurde Benedetta Carlini auf ein Leben im Kloster vorbereitet. Im 17. Jahrhundert und einige Jahre später tritt sie dann als Novizin dem Theatiner-Kloster bei. Schon nach einiger Zeit ist die katholische Kirche deshalb in Aufruhr: Plötzlich trägt sie die Wundmale Christi an ihrem Körper und auch Rückstände der Dornenkrone werden an ihrer Stirn sichtbar. Nach ersten Zweifeln an der Echtheit ihrer Wundmale steigt Benedetta schon bald zur Äbtissin des Klosters auf. Im Genuss zahlreicher besonderer Privilegien beginnt sie sogleich ein gefährliches Doppelleben: Sie beginnt eine lesbische Affäre mit der Nonnenschülerin Bartolomea und lässt sich in die Geheimnisse der weiblichen Lust einführen. Dumm nur, dass ausgerechnet die ehemalige Klostervorsteherin Felicita schon bald Wind von der verbotenen Liebe bekommt…
Kritik:
Der niederländische Regisseur Paul Verhoeven ist schon seit Jahrzehnten als Skandalfilmer bekannt. Vor allem seine recht offene und explizite Darstellung von Sexualität ließ das Publikum einst Staunen und Erröten. Filme wie „Basic Instinct“ oder „Elle“ zeugen von einem ungewöhnlich offenen Umgang mit der Darstellung intimer Szenen – aber auch „Starship Troopers“ konnte als Kriegssatire ziemlich gut provozieren. „Benedetta“ soll nun Sexualität und Provokation vereinen.
Lesbensex im Nonnenkloster
Dem Grundprinzip seines letzten Films „Elle“ bleibt er dabei grundsätzlich treu: Seine Darstellung von weiblicher Sexualität präsentiert sich vor allem aus eher emanzipatorischer, feministischer Sicht. So wie sein letzter Film von einem Vergewaltigungsopfer handelte, das sich keineswegs selbst in die Opferrolle stellen möchte, geht auch die auf realen Ereignissen basierende Nonne „Benedetta“ auf Konfrontationskurs mit gesellschaftlichen Normen. Und in diesem Fall auch dem Patriachat. Die Kulisse eines italienischen Klosters, in dem „Benedetta“ ganz im Sinne des Feminismus aus der sexuellen Unterdrückung der männlich geprägten katholischen Kirche ausbrechen möchte, passt da geradezu perfekt. Dass Verhoeven dann kurzerhand mit ziemlich erotischem Lesbensex in einem Kloster des 17. Jahrhunderts provoziert, dürfte den Kenner und Fan allerdings kaum wundern, denn das passt sehr offensichtlich zum Stil Verhoevens.
Jesus, der Sadist
Doch nicht nur auf Grund seiner expliziten Darstellung des lesbischen Nonnensex dürfte „Benedetta“ die katholische Kirche wohl noch heute provozieren. Es ist vor allem die eher blasphemische Sicht auf die Religion, die Verhoeven, der sich selbst als ungläubig bezeichnet, hier präsentiert. Da kommen nicht nur sexuelle Normen schlecht weg, sondern auch Jesus Christus höchstpersönlich: Als machtbesessener Sadist wird Christus hier schließlich dargestellt, der sichtliche Freude an Gewalt und Qual empfindet, während er durch den Mund der scheinbar besessenen Benedetta spricht. Verhoeven wagt hier tatsächlich geradezu eine Gleichstellung des höchsten Heiligen der katholischen Kirche mit einem teuflichen Dämon, der die Kontrolle über menschliche Handlungen übernehmen kann und dabei ein Verlangen nach Wolllust, Macht und Gewalt an den Tag legt. Eine noch provokantere und anti-christlichere Darstellung der Nonne Benedetta Carlini hätte Verhoeven wohl kaum drehen können.
Toskana während der Pest
Dabei versucht sich Verhoevens „Benedetta“ auf Grund des 17. Jahrhunderts, in dem sein Film spielt, auch ein bisschen als Historienfilm. Obwohl die historischen Verhältnisse der damaligen Zeit in diesem Drama eher eine nebensächliche Rolle spielen, macht seine recht authentische optische Inszenierung dieser Zeit einen doch recht anschaulichen Eindruck. Zwischen dem typischen Baustil der italienischen katholischen Kirchen und den gelungenen Kostümen entsteht ein durchaus glaubwürdiger Anblick der Toskana im 17. Jahrhundert. Dazu kommt, dass „Benedetta“ inmitten der Pest spielt, die zum damaligen Zeitpunkt ganz Italien heimsuchte und damit Elend und Schrecken in der Bevölkerung verbreitete. Wenn dann die totgeweihten Pestopfer mit Selbstgeißelungen durch die Straße ziehen, macht das optisch einiges her und erinnert – wenn auch weniger brutal – ein bisschen an „die Passion Christi“ von Mel Gibson. Dass Verhoeven jedoch lieber provoziert, statt wirklich Nahaufnahmen des Leids zu zeigen, wird auch bei angedeuteten Folterszenen deutlich, die nicht im Detail inszeniert werden, aber dennoch unter die Haut gehen.
Fazit:
Mit seinem neuesten vermeintlichen „Skandalfilm“ provoziert Paul Verhoeven durch die feministische Darstellung der weiblichen Lust und eine äußerst negative Sichtweise auf Jesus Christus die katholische Kirche. Heraus kommt ein eindrucksvoller Mix aus Historiendrama, Nonnensex und Blasphemie.
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