Peter führt eine sehr glückliche Ehe und ist zudem beruflich äußerst erfolgreich. Bereits sein halbes Leben verbringt er mit der selben Frau, die ihn offensichtlich perfekt ergänzt. Doch plötzlich, bei einem Abendessen, geschieht das Unerwartete: Seine Frau Lisa fragt ihn, ob es möglich wäre, zwei Menschen zugleich zu lieben. Und tatsächlich führte sie vor Jahren einmal eine heimliche Affäre, die sie ihrem Mann über all die Jahre verschwiegen hat. Als Lisa dann auch noch verschwindet, findet Peter auf ihrem Laptop sogar Mails von ihrem heimlichen Verehrer – und er beginnt, sowohl seine Frau auszuspionieren, als auch den anderen Mann aufzuspüren. Doch das Gefühlschaos soll dabei nicht lange auf sich warten lassen…
Kritik:
So ziemlich jeder dürfte in seinem Leben bereits erfahren haben, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Viele mussten dabei tatsächlich feststellen, dass der Partner plötzlich fremdgegangen ist. Für den Betroffenen ist dies meist eine emotionale Qual, die kaum erträglich ist und so ziemlich jedes negative Gefühl auf einmal vereint.
Angst und Misstrauen in Vollendung
Solche Gefühle wird auch Liam Neeson als Peter in „Der Andere“ empfinden. Er entdeckt auf dem Laptop seiner Frau plötzlich E-Mails und Fotos ihrer heimlichen Affäre und beginnt fortan, ihre Privatsphäre aufs Heftigste zu verletzen. Er liest ihre geheimsten Mails, spioniert sie aus und will so ziemlich alles in Erfahrung bringen, was sie in den vergangenen Jahren getan wird. Und plötzlich wird er zum Stalker, spürt seinen Nebenbuhler auf und will womöglich sogar Rache. Peter selbst entwickelt sich dabei zu einem besessenen, psychisch labilen Mann, der nur noch die eine Sache im Kopf hat. Er empfindet Angst, dass all seine Befürchtungen wahr werden, ist zugleich tief misstrauisch und hasst seinen Nebenbuhler außerdem so sehr, dass er ihn am liebsten ermorden würde. „Der Andere“ schafft es dabei, diese Gefühle für den Zuschauer extrem nachempfindbar zu machen, sodass er sich jederzeit in Liam Neeson hineinversetzen kann. Neeson unterstützt dies außerdem mit seinen hervorragenden darstellerischen Leistungen mittels Mimik und perfekter Körpersprache. Die langsamen Kamerafahrten samt stimmiger Musik und langen Nahaufnahmen tun ihr Übriges und setzen die Atmosphäre perfekt in Szene. Somit ist „Der Andere“ zu einem einfühlsamen und energiegeladenen Drama geworden, das man nicht mehr so schnell vergessen wird.
Spiel der Überlegenheit
Der Film hält sich außerdem nicht mit gelungenen Metaphern zurück. Stets versuchen beide Protagonisten gegeneinander anzutreten und sich ihre Überlegenheit zu beweisen. Peter, der sein Gegenüber perfekt studiert hat und seine Frau wesentlich besser kannte und Ralph, der seinen Charme voll auszuspielen weiß und seinem Gegenspieler regelmäßig zeigt, dass er der vermeintlich begehrenswertere Mann der beiden ist. Um dies zu verdeutlichen, verwendet „der Andere“ das überintellektuelle typische Schachspiel als Metapher. Wir sehen zwei Konkurrenten, die sich gemütlich an einem Tisch gegenüber sitzen und dabei überlegte Schachzüge machen. Doch statt Spielfiguren, macht Peter auch psychologische Züge, von denen sein Gegenüber nichts ahnt. Natürlich mag eine solche Darstellung durchaus etwas klischeehaftes an sich haben und für eine Bestseller-Verfilmung gar nicht so untypisch sein, doch in „Der Andere“ schafft sie es, die Thematik und Dramatik noch weiter zu betonen und für den Zuschauer zusätzlich zu verbildlichen. So nutzt der Film die Möglichkeit, seinen Handlungsablauf auch gänzlich ohne Action, rein mit psychologischen Stilmitteln bestens umzusetzen. „Der Andere“ ist also ein Drama, das besonders bei Liebhabern von story- und charakterbetonten Filmen sehr gut ankommen wird.
Fazit:
Emotionale und nachempfindbare Bestseller-Verfilmung voller Metaphern und atmosphärischen, charaktervollen Darstellerleistungen.