The 800 |
Land/Jahr: China 2020 |
Genre: Kriegsfilm |
Regie: Hu Guan |
Darsteller: Zhi-zhong Huang Hao Ou Wu Jiang Yi Zhang |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 149 Minuten |
Kaufstart: 22. April 2021 |
Label: Koch Films |
Im Jahre 1937 kämpfen 800 chinesische Soldaten der nationalrevolutionären Armee in einem Lagerhaus in Shanghai um ihr Überleben. Die überzähligen Japaner haben es auf die chinesische Metropole abgesehen und werden schon bald das Lagerhaus vollkommen umzingeln. Doch für die riesige Bevölkerung der Stadt sind sie die letzte Hoffnung: Direkt auf der anderen Seite des Flusses befindet sich ein Schutzgebiet für tausende Flüchtlinge, die dort versuchen ein einigermaßen normales Leben zu führen. Die wenigen noch verbliebenden Truppen sind daher die letzte Verteidigungsbasis für die chinesische Bevölkerung. Sie sollen mit nur 800 Männern, von denen zunehmend immer mehr ihr Leben verlieren, die Japaner aufhalten und internationale Aufmerksamkeit erregen…
Kritik:
Der erfolgreichste Kinohit aus dem Jahre 2020 kommt ausnahmsweise nicht aus Hollywood, sondern tatsächlich aus dem fernen China. Mitten in der Corona-Pandemie waren in dem asiatischen Land die Kinos schließlich ein bisschen länger und öfter geöffnet, als im Westen – und der Kriegsfilm damit nahezu konkurrenzlos. Dass es sich dennoch um eine echte High-Budget-Produktion mit eindrucksvollen Bildern handelt, lässt sich allerdings kaum übersehen.
Brutalität des Krieges
Immerhin sollte „The 800“ im vergangenen Sommer sogar das Shanghai Filmfestival eröffnen. Optisch nämlich haben die Macher kein bisschen gespart: Mit einem Einblick in das Jahr 1937, in dem die riesige chinesische Metropole in Schutt und Asche liegt, Rauchschwaden von den Häusern aufsteigen und kaum noch ein Gebäude intakt ist, fühlen wir uns so sehr mitten ins Gefecht versetzt, wie wir das sonst nur von „Dunkirk“ oder anderen großen Hollywood-Kriegsfilmen kennen. Die actionreichen Kriegshandlungen nehmen einen großen Teil des Films ein und überzeugen mit einer überaus hohen Intensität. Nah an den Figuren, die zwar häufig namenlos bleiben, aber trotzdem ihre Emotionen transportieren können, befindet sich das Publikum mitten im blutigen Kugelhagel, bei dem so manche Schusswunde und jede heftige Verletzung in Nahaufnahme zu sehen ist.
Krieg und Luxus
Die eigentliche Stärke des Films liegt allerdings im hohen Kontrast seines Settings: Während auf der einen Seite die Soldaten im düsteren grauen Schlachtfeld um ihr Leben kämpfen, verläuft gleich auf der anderen Seite, direkt neben dem Krieg, das Leben scheinbar normal weiter. In der Evakuierungszone wurden die chinesischen Flüchtlinge in Sicherheit gebracht und genießen dort einen gewissen Luxus. Ganz ohne die drohende Gefahr ernst zu nehmen, schlürfen sie dort ihre Cocktails und genießen den Abend in einem der grell beleuchteten Casinos. Die mangelnde Ernsthaftigkeit, mit der die reiche Bevölkerung dem Tod gelassen ins Auge sieht, hinterlässt einen verstörenden Eindruck beim Zuschauer. Erst recht, wenn die Snobs auf ihren Terassen das Fernglas auspacken, um die Kämpfe auf der anderen Seite des Flusses zu bewundern, als würden sie sich eine Show ansehen. „The 800“ bekommt damit eine Surrealität, die ihre Bilder wirken lässt, ganz ohne sich zu sehr auf bestimmte Hauptfiguren konzentrieren zu müssen.
Soldaten in Angst
Für einen chinesischen Film, bei dem natürlich auch die dortige Zensurbehörde einen gewissen Einfluss auf den Inhalt des Streifens nehmen konnte, zeigt sich „The 800“ erstaunlich selbstkritisch. Der Kriegsfilm übertreibt es bei der Darstellung seiner Soldaten keineswegs, sondern zeigt sie als menschliche Kameraden – was viel zur Dramaturgie des Films beiträgt. Mitten im Kugelhagel sind die Soldaten immer wieder mit ihren eigenen, teils extremen Ängsten konfrontiert und stehen unter dem ständigen Druck, entgegen ihrer eigenen Hemmungen, auf Kommando andere Menschen erschießen zu müssen. Die Intensität verstärkt sich dadurch, dass sich die Beteiligten immer wieder vor ihren eigenen Handlungen sträuben. Und dabei werden die chinesischen Soldaten keinesfalls nur von der netten Seite inszeniert: Gräuteltaten, Morde und auch Selbstmordattentate sind Teil der Szenen, die sich überraschend brutal zeigen.
Patriotismus und Pathos
Ganz anders natürlich bei der Darstellung der Gegner, denn hier kommt der chinesische Patriotismus des Films umso stärker zur Geltung. Eine differenzierte Betrachtungsweise der japanischen Feinde finden wir in „The 800“ nämlich nicht. Der Kriegsfilm steht ohne jeden Zweifel und zu absolut jedem Zeitpunkt erwartungsgemäß auf der Seite der chinesischen Streitkräfte. Dabei versucht der Film nicht einmal, die Gefühle und Motive der Gegner auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen. In der letzten Stunde des Films wird das durchaus manchmal zum Problem, denn zwischen den heroischen Durchhalteparolen der Kommandeure, beginnt „The 800“ ein bisschen zu dick aufzutragen. Wenn die Soldaten geradezu selbstmörderisch als Zielscheibe dienen, nur um in patriotischem Eifer die chinesische Flagge zu hissen, die historisch korrekt eigentlich eine taiwanesische hätte sein müssen, mutet das schon etwas absurd an. Da darf dann natürlich auch der dazugehörige Pathos nicht fehlen, den der Film bis zu seinem Showdown immer mehr verstärkt. Wer über diesen etwas aufgesetzten chinesischen Patriotismus, der unliebsame Fakten ein wenig „korrigiert“, hinweg sehen kann, bekommt hier allerdings einen intensiven, harten Kriegsfilm geboten, der sich vor Hollywood keinesfalls verstecken muss.
Fazit:
Mit der Schlacht um Shanghai hat Hu Guan hier eine eindrucksvolle, intensive Materialschlacht inszeniert, die sich optisch vor den großen Kriegsfilmen Hollywoods nicht verstecken muss. Der Kontrast zwischen Krieg und Luxus gehört dabei zu den größten Stärken des Films und weiß das Publikum zu verstören, wenn auch der manchmal ausufernde chinesische Patriotismus, der historische Fakten verfälscht, gelegentlich nerven kann.
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