• Startseite|
  • News|
  • Games|
  • Kino|
  • Bücher|
  • Verlosung|
  • Partner|
  • Impressum
  • Review

    Il Traditore

    Il Traditore


    Land/Jahr:
    I / F / D / BR 2019
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Marco Bellocchio
    Darsteller:
    Pierfrancesco Favino
    Maria F. Candido
    Fabrizio Ferracane
    Fausto R. Alesi
    Luigi Lo Cascio
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    153 Minuten
    Kaufstart:
    27. November 2020
    Label:
    Pandora Film

    In den frühen 1980er Jahren war Palermo der Hauptumschlagplatz für Heroin. Die Machtkämpfe innerhalb der Cosa Nostra erreichten dabei ihren Höhepunkt und verschiedene Mafiaclans bekriegten sich auf offener Straße. Während sich Tommaso Buscetta, ein angesehenes Mitglied der italienischen Mafia nach diversen Gefängnisaufenthalten nach Brasilien abgesetzt hat, eskaliert in der italienischen Heimat die Situation. Zahlreiche Vertraute Buscettas werden nacheinander kaltblütig und brutal ermordet, teils unter schmerzhafter Folter. Als Buscetta in Brasilien verhaftet und nach Italien ausgeliefert wird, trifft er eine Entscheidung, die die Cosa Nostra bis ins Mark erschüttert: Vor dem Richter Falcone bricht er sein Schweigen und sagt gegen mehrere hundert Mitglieder der Mafia aus. Einer der größten Mafia-Prozesse der Geschichte Italiens beginnt…

    Kritik:
    Mafia-Filme haben eine lange Tradition. Sowohl in Hollywood, als auch innerhalb Europas. Und die meisten davon, so actionreich sie auch sein mögen, haben dabei ganz und gar nicht im Sinn die Mafia-Strukturen zu glorifizieren. Meist handelt es sich um „schweren Stoff“, der sich Zeit lässt, der mit viel Stil daher kommt und uns eher ruhige, berechnende Charaktere präsentiert. So auch die französisch-italienische Ko-Produktion einen der berühmtesten Mafia-Prozesse Italiens.

    Die nüchterne Realität der Mafia
    Und wie es in der Mafia üblich ist, sind an den zahlreichen Verbrechen und Gräueltaten der organisierten Kriminalität Italiens nicht nur einzelne Personen beteiligt. Keine Helden oder Anti-Helden, die im Alleingang ein ganzes Business aufbauen, sondern familiäre Clans mit hunderten Beteiligten, die tief gehende Machtstrukturen aufbauen, die wie eine Parallelgesellschaft ihre eigenen Gesetze formt. So zumindest schildert es auch „Il Traditore“, der uns in der ersten halben Stunde mitunter etwas überfordern könnte. Im Fokus steht zunächst nicht die Hauptfigur Tommaso Buscetta, sondern sein gesamter Mafia-Clan, der uns praktisch auf einmal vorgestellt wird. Das kann auf den ersten Blick ein wenig überfordern und ist durchaus ein Problem, wenn uns „Il Traditore“ den Einstieg etwas schwer macht, wenn wir anfangs keine richtige Bezugsperson finden. Das zweieinhalbstündige Mafia-Epos beginnt daher auch mit einem recht trockenen Stil, wenn der Streifen zunächst Fakten aneinanderreiht und die Ermordung zahlreicher Mafiosi unterkühlt am Fließband präsentiert.

    Der anstrengendste Prozess der Geschichte
    Das ändert sich allerdings grundlegend, wenn „Il Traditore“ nach einer Weile zum Kern seiner Geschichte kommt. Nach der Verhaftung Buscettas rückt eben diese Hauptfigur zunehmend in den Vordergrund, wird mit all ihren Schwächen und Stärken durchleuchtet. Doch „Il Traditore“ ist kein Actionfilm, wie etwa der legendäre „Scarface“. Ruhig und zumeist gesittet geht es in dem dialoglastigen Drama zu, das vor allem ein Gerichtsfilm sein möchte. Geschätzte 80% des gesamten Streifens spielen daher im Gerichtssaal, wo Buscetta als erster Mafiosi in der Geschichte der Cosa Nostra ein Tabu und damit sein Schweigegelübde bricht. Das kann durchaus unterhaltsam sein, denn die Geschichte um Ehre und Verrat wird immer wieder aufgelockert durch anstrengende Auseinandersetzungen und schräge Figuren, die den Gerichtsprozess am laufenden Band ins Lächerliche ziehen.

    Italienische Feinheiten
    Hauptdarsteller Pierfrancesco Favino spielt dabei den Mafiosi Tommaso Bruscetta mit Bravour. Mit seinem etwas schmierigen, ernsthaften Look verkörpert er den unberechenbaren Ehrenmann perfekt. Irritierend angenehm zivilisiert und doch ein Krimineller erster Güte im Innern machen ihn zu einem über weite Strecken undurchsichtigen Charakter, dessen Wahrheitsgehalt in seinen Aussagen über weite Strecken unklar bleibt, sofern das Publikum mit dem realen Prozess nicht tiefergehend vertraut ist. „Il Traditore“, der mit hoher Wahrscheinlichkeit noch deutlich mehr Spaß macht, wenn man über genügend Sprachkenntnisse verfügt, um den Mafiafilm im italienischen Original zu sehen, gibt dabei interessante, nüchterne Einblicke in die Strukturen der italienischen Mafia – ähnlich spannend wie in der kultigen Netflix-Serie „Narcos“, die stellenweise stilistisch etwas nachgeahmt wird. Lediglich die sprachlichen Feinheiten sizilianischer Mafiosi, die ihren Dialekt absichtlich missbrauchen, damit die italienischen Anwälte sie nicht richtig verstehen, kommen in der deutschen Synchronisation – so gelungen sie auch ist – nicht optimal rüber, weil „Il Traditore“ anders als etwa „Narcos“ nicht auf Originalton mit Untertitel setzt. Das aber hätte dem Streifen, dessen Gerichtsverfahren sich durchaus etwas in die Länge zieht, womöglich den letzten Schliff gegeben.

    Fazit:
    Der auf wahren Begebenheiten basierende Mafiafilm „Il Traditore“ möchte weder ein „Scarface“, noch „Der Pate“ sein, fesselt dabei allerdings nicht weniger: Als packendes Gerichtsdrama über den größten Mafiaprozess in der Geschichte Italiens handelt er von Ehre und Verrat und fesselt mit realitätsnahen Einblicken in die realen Strukturen der italienischen Cosa Nostra.

    Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt..