Star Trek Picard |
Land/Jahr: USA 2020 |
Genre: Science-Fiction |
Regie: Diverse |
Darsteller: Patrick Stewart Alison Pill Isa Briones Evan Evagora Michelle Hurd Santiago Cabrera Brent Spiner Jonathan Frakes Marina Sirtis Jonathan Del Arco Jeri Ryan |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 491 Minuten |
Kaufstart: Amazon Prime Video: 26. März 2020 |
Label: Amazon Video |
Admiral Jean-Luc Picard hat sich in den wohlverdienten Ruhestand begeben und verbringt seinen Lebensabend gemütlich auf einem ruhigen Weingut. Der Verlust von Commander Data und die Zerstörung des Planeten Romulus machen ihm aber noch heute schwer zu schaffen. Niemals hätte er wohl damit gerechnet, trotzdem wieder ein Raumschiff zu betreten. Doch als die Androidin Dahj, die offensichtlich Datas Erbe angetreten ist, bei ihm um Hilfe ersucht, beginnt für Picard ein neuer Lebensabschnitt und er wagt sich noch einmal auf ein spannendes Abenteuer durch den Weltraum…
Kritik:
Mehr als fünfundzwanzig Jahre ist es inzwischen her, dass „Star Trek: The Next Generation“ zuletzt über die heimischen Bildschirme flimmerte und immerhin bereits vor ganzen achtzehn Jahren haben wir Patrick Stewart zuletzt als Captain Picard in „Star Trek: Nemesis“ auf der großen Leinwand gesehen. Der inzwischen 79 Jahre alte Kultdarsteller lässt es sich jedoch nicht nehmen, noch einmal in seine wohl bekannteste Rolle zu schlüpfen und ein neues, ganz persönliches Abenteuer anzutreten.
Firefly trifft Star Trek
Seit dem Kommando auf dem Raumschiff Enterprise hat sich für den alten Mann allerdings ziemlich viel verändert. Die Föderation ist längst nicht mehr das, was sie einmal war und auch seine Führungsfähigkeiten sind unterdessen ein wenig eingerostet. Für Star Trek-Fans ändert das natürlich auch so einiges, denn wenn Picard noch einmal die Brücke eines Raumschiffes betritt, wird er dieses Mal nicht auf dem Stuhl des Captains sitzen und den Föderationsstandard bekommen wir auch nicht gerade zu sehen. Das ist leider an dieser Stelle durchaus gewöhnungsbedürftig, denn bereits die Crewzusammenstellung von „Star Trek Picard“ unterscheidet sich gewaltig von der guten alten TNG-Ära. Mit einem Zigarre rauchenden obercoolen Captain Rios könnte man sich genauso gut an Bord des Schiffs eines Kopfgeldjägers im Firefly-Universum befinden und die zahlreichen Problemfälle – von einer mysteriösen Wissenschaftlerin bis hin zu einem Romulaner, der uns eher an einen idiotischen Samurai erinnert – suchen wir die gewohnt steife Disziplin aus „The Next Generation“ wohl vergeblich. Damit öffnet sich „Star Trek Picard“ vor allem jenen Neulingen, die mit „Star Trek“ bisher wenig anfangen konnten – dürfte aber vor allem die klassische Fangemeinde spalten.
Das Wiedersehen
Drumherum hat „Star Trek Picard“ dann vor allem ziemlich viel Fanservice zu bieten, denn aufmerksame Verfolger der Trailer wussten bereits: In dieser neuen Serie werden wir so manche alten Charaktere aus „The Next Generation und „Voyager“ wiedersehen. Das ist vor allem für jene Fans schön, die sich auf das gelungene Wiedersehen mit Data, William Riker und Deanna Troi freuen. Man muss an der Stelle allerdings auch ernüchtert feststellen: Das Wiedersehen mit den alten Figuren ist primär vor allem ein Fanservice. Zur eigentlichen Story der Serie tragen die meisten der Figuren insgesamt eher wenig bei. Mancher Charakter ist sogar lediglich eine einzige Folge lang zu sehen oder wird gar derart verheizt, dass wir nur wenige Minuten etwas von ihm zu sehen bekommen. Lediglich die Geschichten um Hugh und Seven of Nine nehmen auf Grund des zeitweiligen Fokus auf ehemalige Borg einen etwas größeren Rahmen ein. Und auch hier könnte „Star Trek Picard“ die Fans vergangener Tage durchaus spalten: Die draufgängerische, gewalttätige Darstellung der Seven of Nine, für die Emotionen und Rache auf einmal gar nicht mehr so irrelevant sind, wie wir das in „Voyager“ noch gewohnt waren, mag auf manchen befremdlich wirken – auch wenn die Entwicklung dorthin nachvollziehbar erscheint.
One-Man-Show für einen Superstar
Brillieren kann in „Star Trek Picard“ hingegen vor allem nur noch eine Person: Der titelgebende Star Admiral Picard selbst. Für ihn wird die Handlung in der Serie zu einer sehr persönlichen Story, während alle anderen Charaktere mehr oder weniger um ihn herumgeschrieben wurden. Charakterlich hat das einen angenehm interessanten Tiefgang, geht es schließlich um einen gebrechlichen alten Mann, der nach langer Zeit wieder zu sich selbst finden muss, sein Durchsetzungsvermögen erneut erlernen muss und die wirklich wichtigen Dinge in seinem Leben zu reflektieren beginnt. Damit schlägt „Star Trek Picard“ vor allem melancholisch-nachdenkliche Töne an und ist – auch wenn es durchaus auch so manche Actionszene zu sehen gibt – gar nicht so sehr auf hohes Tempo ausgelegt, wie etwa „Star Trek: Discovery“. Gerade deshalb bietet „Star Trek Picard“ für viele eingefleischte Trekkies durchaus das Gefühl der Heimkehr, wenn sie in Ruhe in eine tiefgehende Story eintauchen können, ohne von einer Szene in die nächste zu hetzen.
Der Genuss der Langsamkeit
Gleichzeitig allerdings mag es an der Stelle paradox erscheinen, dass es vor allem alteingesessene Fans sind, die mitunter auch bemängeln, dass die Geschichte von „Star Trek Picard“ ein wenig zu langsam und zäh voranschreiten würde. Das trifft angesichts des modernen fortschreitenden Formats auch zu: Eine Story, die man früher zu „The Next Generation“-Zeiten in höchstens zwei Episoden erzählt hätte, wird nun auf eine ganze Staffel mit insgesamt zehn Folgen gestreckt. Insbesondere zu Beginn der Staffel tut sich die Serie also recht schwer damit, Tempo aufzubauen und inhaltlich endlich zur Sache zu kommen. Das ändert sich leider erst in der zweiten Hälfte dann schlagartig – obwohl man durchaus zugeben muss, dass sich mancher Fan der 80iger Jahre über den hohen Charakterfokus freut und genießen kann, dass „Star Trek Picard“ auf die Effekthascherei der jüngsten Abrams-Filme gänzlich verzichtet. Man merkt dabei deutlich, dass es die Serie auch den klassischen Fans gerecht machen will, scheint aber ähnlich wie einst „Discovery“ noch nicht so recht zu wissen, welche Richtung sie wirklich langfristig einschlagen möchte.
Durchwachsene Episodenqualität
Das wird dann auch daran ersichtlich, dass die Qualität der einzelnen Episoden insgesamt sehr stark schwankt. Selbst diverse „Star Wars“-ähnliche Elemente kommen auch in „Star Trek Picard“ gelegentlich zum Vorschein. Hier sticht vor allem Episode 5 recht negativ hervor, wenn sich die Crew auf eine Außenmission auf einem Casino-Planeten macht und ihre eigene Brücke dabei für eine Demo-Show mit holografischer Werbung missbrauchen lässt – und das ist erschreckend, bedenkt man, dass Jonathan Frakes hier persönlich auf dem Regiestuhl sitzt und man gerade von den „alten Hasen“ des Franchises wesentlich mehr erwarten würde. Besuche auf dem bereits bekannten Planeten Nepenthe und so manches Wiedersehen mit Jonathan Frakes als Darsteller hingegen lassen das Star Trek-Herz höher schlagen und gehören wiederum zu den stärksten Episoden der neuesten Star Trek-Serie.
Star Trek Light
Bis es soweit ist, wundert sich so mancher Zuschauer allerdings doch sehr über die scheinbaren Sparmaßnahmen, die die Macher dieser Serie durchgezogen haben. Immer wieder erkennt man anhand der Masken und Kulissen, dass es entweder an Budget mangelt oder die Fähigkeiten der Beteiligten sich inzwischen stark in Grenzen halten. Sehen etwa Seven of Nines Borgimplantate plötzlich minderwertiger aus, als einst im Jahre 1995 in „Star Trek Voyager“ mag das doch angesichts der heutigen Möglichkeiten ziemlich verwundern. Tatsächlich aber könnte man den Eindruck gewinnen, man hätte Jeri Ryan schlicht Gummiteile an die Stirn geklebt. Ähnliches setzt sich fort, wenn Picard mit einem Holodeck vorlieb nehmen muss, das das Haus seines Weingutes wiederverwendet, statt dass man ihm ein eigenes Quartier auf dem Schiff spendiert. Da ist man dann wenig verwundert, wenn jegliche auftauchenden Föderationsschiffe ebenso aus nur einem einzigen Schiffsmodell bestehen. Und selbst so manche Ikea-Lampe an der Decke sorgt beim aufmerksamen Zuschauer für Irritationen. Natürlich sieht „Star Trek Picard“ damit noch nicht hässlich aus, über Rückschritte im Vergleich zu den 90igern gerade hinsichtlich der Set-Qualität darf man sich aber durchaus wundern.
Fazit:
Patrick Stewart schlüpft noch einmal in die Rolle des Picard: Mit einer nun (ziemlich langsam) fortschreitenden Geschichte und dem Wiedersehen vieler alter Charaktere ist das vor allem Fanservice für Fans von „The Next Generation“ und Voyager“. Doch während die Set-Qualität ebenso durchwachsen ist, wie die Crewzusammenstellung gewöhnungsbedürftig, bleibt vor allem Patrick Stewart selbst das eigentliche, charakterstarke Highlight um den herum die Geschichte geschrieben wurde. Star Trek-Fans werden es trotzdem – oder gerade deshalb – mögen.
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