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    Aniara

    Aniara


    Land/Jahr:
    Schweden 2018
    Genre:
    Science-Fiction
    Regie:
    Pella Kågerman
    Darsteller:
    Emelie Jonsson
    Bianca Cruzeiro
    Arvin Kananian
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    106 Minuten
    Kaufstart:
    13. Februar 2020
    Label:
    EuroVideo

    Nach der Zerstörung der Erde glaubt die Menschheit, auf dem Mars eine neue paradiesische Heimat gefunden zu haben. Auf dem riesigen Raumschiff Aniara sind sie deshalb knapp drei Wochen unterwegs, um schon bald ihre Freunde und Verwandten wiederzusehen, die sich auf dem fremden Planeten bereits ein neues Zuhause geschaffen haben. Doch als die Aniara plötzlich mit Weltraumschrott zusammenstößt, kommt das Schiff vom Kurs ab und fliegt ohne Steuerungsmöglichkeit auf eine ungewisse Zukunft zu. Für die tausenden Menschen an Bord bedeutet das, sich auf dem Raumschiff eine eigene funktionierende Gesellschaft aufzubauen. Dumm nur, dass sie von der Gewohnheit des übermäßigen Konsums einfach nicht ablassen können und auf dem Schiff schon bald dieselben Probleme auftreten, die einst ihren Heimatplaneten zerstört haben…

    Kritik:
    Eine Menschheit, die ihren Heimatplaneten zerstört hat und ein neues Zuhause im Weltall sucht – auf den ersten Blick nicht gerade eine innovative Story. Wäre da nicht die Tatsache, dass sich der gesellschaftskritische Part nicht vor, sondern erst nach der Abreise so richtig abspielt und erschreckende Parallelen zur Realität aufweist.

    Kreuzfahrt durch den Weltraum
    Im Mittelpunkt dieses schwedischen Indie-Science-Fiction-Films steht schließlich die Frage danach, ob die Menschheit nach einer Krise wohl einfach genauso weiter machen würde, wie bisher – selbst dann, wenn sie ihre eigene Existenz damit zerstört. In Zeiten von Klimawandel und Coronavirus, wenn Verzicht das oberste Gebot ist, das zu einer Regeneration des Planeten führt, eine beinahe gruselig nah an die Realität angelehnte Frage. Und so kommt es recht gelungen, dass sich „Aniara“ durchaus Gedanken über die möglichst glaubwürdige Nutzung von Technologien macht und darüber, wie die Menschheit einen solchen Umzug auf einen anderen Planeten wohl durchführen würde. Da darf der viel diskuttierte Weltraumaufzug für das Boarding natürlich ebenso wenig fehlen, wie der umfangreiche Komfort und Konsum auf einem Raumschiff, das eher einem Kreuzfahrtschiff ähnelt, als einem Kolonisierungsshuttle. Der gesellschaftskritische Ansatz ist damit perfekt.

    Depression in der Isolation
    Und es scheint fast so, als wäre der Releasetermin von „Aniara“ wie durch einen Zufall gerdezu perfekt gewählt worden. Zwei Wochen nach dem ersten Corona-Fall in Deutschland erscheint da schließlich ein Science-Fiction-Film über eine Gesellschaft in der Krise, bei der Verzicht und Isolation plötzlich das oberste Gebot ist. Dabei ist der Streifen unter den gegebenen Umständen durchaus ein Genrefilm, der ein wenig auf das Gemüt schlagen könnte, denn „Aniara“ konnte schließlich nicht berücksichtigen, dass der Inhalt des Films eines Tages zur schweren Kost mutieren könnte. Insbesondere dann, wenn die Auswirkungen des Verzichts und der Isolation schließlich sichtbar werden und die psychologischen Folgen aus Hoffnungslosigkeit und Eingesperrtsein hier für die entscheidende Dramatik sorgen – bis hin zum Suizid einiger Besatzungsmitglieder. Man muss allerdings auch zugeben: „Aniara“ während einer solchen realen Krise anzuschauen, verstärkt die Wirkung des Films ungemein – was durchaus auch als positiv zu bewerten ist und darüber reflektieren lässt, wie problematisch eine langfristige Isolation doch sein kann.

    Viel Optik mit wenig Geld
    Das alles täuscht unterdessen aber natürlich nicht darüber hinweg, dass „Aniara“ immer noch Indie-Film mit einem eher niedrigen Budget ist. Bei den Außenaufnahmen des Raumschiffes merkt man dem Film das jedoch überraschend wenig an. Die Darstellung und Effekte des überaus geräumigen Schiffs sind dabei generell eindrucksvoll und zeigen sich über die gesamte Laufzeit hinweg zeitgemäß. Das niedrige Budget des schwedischen Films merkt man da eher auf darstellerischer Ebene, wenn „Aniara“ mit „gewöhnlichen Menschen“ eine gewisse Authentizität schafft, jedoch hinsichtlich der schauspielerischen Leistungen auch kein Meisterwerk ist. Mit dem Feeling eines Kammerspiels auf etwas größerem Raum ist „Aniara“ praktisch gezwungen, sich auf beschränkte Mittel zu verlassen und als Zuschauer merkt man desöfteren, dass das der Hauptgrund für den zwischenmenschlichen statt technologischen Fokus zu sein scheint.

    Zivilisation im religiösen Wahn
    Insbesondere jene Szenen, in denen „Aniara“ von diesem gesellschaftskritischen Konzept dann doch einmal abweicht, versuchen sich dann an eher kryptisch-experimenteller Bildsprache – ganz so, als wollten sich die Macher ein wenig ausprobieren. Religiöser Wahn und ein seltsam anmutender Hang zum Exhibitionismus sorgen dabei zwar für hübsch anzusehende Momente, sind zugleich aber auch eher ein Störfaktor, als für die Geschichte des Films tatsächlich von Nutzen. Daran ändern auch naturreligiöse nackte Orgien in den Gemeinschaftsräumen des Schiffes nichts, da sie bei der Darstellung der Konsumgesellschaft eher einen Bruch darstellen und den Zuschauer zwischenzeitlich über eine gewisse Zeit aus der Haupthandlung reißen. Nicht alles, was technisch mit den gegebenen Mitteln machbar ist, ist auch immer sinnvoll – und „Aniara“ hätte eine Kürzung um eben diese Momente durchaus voran gebracht. Dennoch: Als kleiner Genrefilm mit ungewohnten Wegen ist der Film für Science-Fiction-Fans durchaus empfehlenswert.

    Fazit:
    Der schwedische Science-Fiction-Film wagt sich mit vergleichsweise niedrigem Budget an eine altbekannte Geschichte, beschreitet dabei aber überraschend gesellschafts- und konsumkritische Wege – und hat dabei gruselige Parallelen zur Corona-Krise im Gepäck.

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