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    Die Geiselnahme

    Die Geiselnahme


    Land/Jahr:
    USA 2018
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Paul Weitz
    Darsteller:
    Julianne Moore
    Ken Watanabe
    Sebastian Koch
    Christopher Lambert
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    101 Minuten
    Kaufstart:
    22. Februar 2019
    Label:
    DCM Film

    Abendkleider, hochwertiger Champagner und eine wundervolle Stimme: Die berühmte Sopranistin Roxane Coss gilt als eine der besten Opernsängerinnen der Welt. Regelmäßig gelingt es ihr, riesige Arenen zu füllen und reiche Geschäftsmänner buchen sie auch gerne für ein besonders kostspieliges Privatkonzert. So auch der Industrielle Katsumi Hosokawa, der nicht nur großer Fan der Künstlerin ist, sondern sich mit einem Privatkonzert als Geschenk überreden ließ, eine Fabrik in der unmittelbaren Umgebung zu bauen. Gemeinsam mit zahlreichen anderen wohlhabenden Menschen ist er deshalb in den Palazzo des Präsidenten gekommen, um diesen ganz besonderen Abend zu genießen. Nur einer fehlt: Der Präsident selbst, der offenbar kein Interesse hat, den Feierlichkeiten beizuwohnen. Ganz zum Missfallen einer Gruppe von Freiheitskämpfern, die an diesem Tag die anwesenden Gäste in Geiselhaft nehmen, um die Freilassung von politischen Gefangenen zu fordern und es dabei eigentlich auf den Präsidenten abzielten…

    Kritik:
    Dramatische Thriller über Geiselnahmen gibt es so einige und vor allem die politische Situation auf Kontinenten wie Südamerika waren stets ein guter Aufhänger, um spannende Situationen zu inszenieren. Da kann es doch eigentlich nur gut sein, einen Film mit der actionerfahrenen Julianne Moore zu besetzen. Ein Actionthriller allerdings will „Die Geiselnahme“ gar nicht sein.

    Sympathien für Terroristen
    Genau genommen ist der Streifen nämlich definitiv keiner dieser typischen „Violence & Revenge“-Filme, in denen Geiseln von den Tätern brutal misshandelt und in die Enge getrieben werden und bei denen sich die Opfer am Ende an ihren Peinigern rächen oder ein Actionheld im Alleingang die Lage aufräumt. Bei „Die Geiselnahme“ sehen wir viel mehr einen Perspektivenwechsel, der uns ganz in die Lage der Geiseln rund um die von Julianne Moore gespielte Sopranistin versetzt, die eigentlich gar nicht so schlecht behandelt werden, wie man annehmen müsste. Stattdessen inszeniert der Film ein echtes Drama um eine politisch motivierte Aktion, in der die „Terroristen“ eigentlich nur einen Protest gegen die Regierung erreichen wollen und keineswegs bereit sind, den Geiseln auch nur ein Haar zu krümmen. Beeindrucken kann dabei vor allem die tiefgründige Darstellung der Geiselnehmer, die allesamt einfühlsam mit eigenen Charakteren inszeniert wurden. Ein einfaches Popcorn-Kino mit Schwarz-Weiß-Charakteren ist „Die Geiselnahme“ zu keiner Zeit.

    Meidung von Politik
    Gerade deshalb ist es allerdings schade, dass vor allem die durchweg hochinteressanten Geiselnehmer mit ihrem ungewöhnlichen Verhalten bei genauerem Hinsehen leider doch recht oberflächlich bleiben. Über die tatsächlichen politischen Motive erfährt der Zuschauer insgesamt recht wenig – bis auf die Tatsache, dass sie mit der Aktion bezwecken, politische Gefangene befreien zu wollen. In einem kurzen Dialog geht „Die Geiselnahme“ lediglich darauf ein, dass es sich bei mindestens einem der Geiselnehmer um einen ehemaligen Lehrer handelt und möglicherweise ein Bildungsprotest im Hintergrund der Aktion steht. Das allerdings bleibt insgesamt zu vage und die Story liefert hauptsächlich Mutmaßungen, denn aus irgendeinem unbegreiflichen Grund macht „Die Geiselnahme“ offenbar einen großen Bogen um politische Kontroversen und meidet die Darstellung eines echten Konfliktes zwischen Politik und Freiheitskämpfern. Dabei muss man doch zugeben: Mit dem Hintergrund eines südamerikanischen Landes wäre das durchaus interessant gewesen und hätte Potential gehabt.

    Am Esstisch mit Rebellen
    Was dann bleibt, ist vor allem ein Kammerspiel in einer Luxusvilla, bei dem „Die Geiselnahme“ das spannende Konzept wagt, die Opfer einer Geiselnahme mit den Tätern sympathisieren zu lassen. Und obwohl der Streifen damit durchaus ein Risiko eingeht, da sich das hätte negativ auf den Spannungsbogen auswirken können, funktioniert diese Richtung erstaunlich gut, denn es gelingt ihm, die Psychologie des Stockholm-Syndroms nachvollziehbar und nachempfindbar zu übermitteln. Denn dann, wenn das Drama nämlich auf die Persönlichkeiten der Täter eingeht, fällt es auch dem Publikum überaus leicht, sich ebenso in diese Hineinzuversetzen, wie die Opfer in diesem Szenario. Emotional nimmt „Die Geiselnahme“ den Zuschauer dabei zum richtigen Zeitpunkt mit: Nämlich erst dann, wenn wir genug über die interessanten Täter wissen, um selbst Sympathien entwickeln zu können, lässt der Streifen eine ebensolche Entwicklung bei den Protagonisten zu. Das wiederum macht den Film zu einem außergewöhnlichen sozialen Experiment, bei dem das Publikum vielleicht verblüfft reflektieren wird, ein Stockholm-Syndrom sogar bei sich selbst in einer solchen Lage nicht gänzlich ausschließen zu können und das auf der dramaturgischen Ebene große Stärken vorzuweisen hat. Dem Fokus auf die Figuren verzeihen wir dann sogar schnell die Oberflächlichkeit bei politischen Auseinandersetzungen.

    Fazit:
    Ein Kammerspiel wird zum Experiment: Bei der Inszenierung einer Geiselnahme verzichtet dieses außergewöhnliche Drama sowohl auf Actionhelden, als auch auf Brutalitätsspitzen, sondern beleuchtet stattdessen die Entstehung des Stockholm-Syndroms und macht die emotionale Lage der Betroffenen für das Publikum nachvollziehbar. Faszinierend – aber leider politisch zu oberflächlich.

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