Reihe betrübl. Ereignisse 2 |
Land/Jahr: USA 2018 |
Genre: Fantasy |
Regie: Barry Sonnenfeld Bo Welch Alan Arkush Loni Peristere |
Darsteller: Neil Patrick Harris Patrick Warbourton Malina Weissman Louis Hynes Lucy Punch |
FSK: ab 6 Jahren |
Dauer: 452 Minuten |
Kaufstart: Netflix: 30. März 2018 |
Label: Netflix |
Es ist wirklich schlimm, was dem jungen Klaus und seinen zwei Schwestern Violet und Sunny in letzter Zeit widerfahren ist. Erst kommen ihre Eltern qualvoll bei einem Brand ums Leben und dann werden sie auch noch von einem Vormund zum nächsten weiter gereicht. Meist müssen sie es dabei unter schrecklichen Bedingungen an ziemlich kuriosen Orten aushalten und haben es mit so manch seltsamen Erwachsenen zu tun. Doch eines ist derweil noch viel schlimmer: Der bösartige Graf Olaf hat es schließlich schon seit einer Weile auf ihr Erbe abgesehen und lässt keinen noch so absurden Trick unversucht, in die Nähe der Kinder zu gelangen. Mit ausgefallener Verkleidungskunst gelingt es ihm immer wieder, die erwachsenen Vormünder an der Nase herum zu führen und sich in das neue Zuhause der Baudelaire-Kinder einzuschleichen. Und es soll sogar noch schlimmer werden…
Sieh nicht hin!
„Am besten, Sie gucken weg“, schlägt uns der Erzähler Lemony Snicket zum Beginn einer jeden Episode vor. Nur Qual und Elend soll uns in den schrecklichen Geschichten begegnen, die wir rund um die drei Baudelaire-Kinder immer wieder zu sehen bekommen. Das möchte man sich als Zuschauer natürlich nicht antun und es soll schließlich sogar noch schlimmer werden. Nicht besonders einladend also, wie uns „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ regelmäßig begrüßt, als wollten die Macher der Serie gar nicht, dass man ihr Werk ansieht. Der makabre Tonfall allerdings hat seinen Grund, möchte man sich doch möglichst nahe an der Buchvorlage orientieren. Und die sieht nun einmal vor, mit Ironie, Sarkasmus und Kuriositäten zu spielen, weshalb dem Publikum davon auch reichlich geboten wird. Manchmal so sehr, dass es tatsächlich schon auf eine Art und Weise nerven kann, dass wir wirklich gelegentlich am liebsten nicht hinsehen würden. Und doch muss man ehrlich sein: Wegschauen kann man hier auch nicht wirklich.
Faszination des Kuriosen
„Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ bedient in jeder einzelnen Episode die Faszination des Zuschauers am Kuriosen und Absurden. Fast schon surreal sind die einzelnen Geschichten inszeniert, die einerseits so lächerlich simpel erscheinen, aber andererseits auch vollkommen abwegig zu sein scheinen. Dass es die Serie etwa zu einem Running Gag macht, die Erwachsenen grundsätzlich als Vollidioten darzustellen, die jede noch so schlecht gespielte und offensichtliche Verkleidung von Graf Olaf nicht erkennen, fällt schon manchmal schwer zu glauben – die dazu passenden ironischen Dialoge sind wiederum aber derartig treffend, dass das Publikum sich wegen dieser Absurdität überhaupt erst amüsiert. Natürlich: „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ nimmt sich selbst auch in der zweiten Staffel nicht wirklich ernst und das sollte auch der Zuschauer auf keinen Fall versuchen. Sich ganz gezielt auf solche Lächerlichkeiten einzulassen, steht stattdessen auf dem Plan, wenn man die Serie genießen möchte.
Freak Show mit Barney Stinson
Es mag angesichts der Tatsache, dass Neil Patrick Harris seinen Graf Olaf eigentlich absichtlich schlecht spielt, sogar etwas paradox erscheinen, dass es sich vermutlich um die beste Rolle seiner bisherigen Karriere handelt. Unglaublicherweise liegt aber gerade die Kunst darin, seine Rolle so absurd schlecht und kurios darzustellen, dass sie gerade dadurch wieder gut wird. Graf Olaf nämlich ist ein echter Verkleidungskünstler und fast die gesamte Serie wird von dieser Leistung getragen. Kein Wunder schließlich, verlaufen die meisten Episoden nach demselben Muster: Die Kinder wechseln wegen eines neuen Vormunds den Ort und Graf Olaf versucht mittels Verkleidung, an sie heran zu kommen. Dabei hat Neil Patrick Harris aber eine derartig starke Bildschirmpräsenz mit manchmal schon beinahe verblüffend treffsicherer Mimik, dass ein Jim Carrey in seiner damaligen Rolle im „Lemony Snicket“-Film kaum den Hauch einer Chance hat, hier noch mitzuhalten. Und das zu schaffen, ist sicher keine einfache Leistung.
Repetitive Erzählmuster
Ein Problem hat die Serie – vor allem in der nun zweiten Staffel – aber dennoch: Die sich doch sehr häufig wiederholende Geschichte mit recht eintönigen Erzählmustern hat zugleich auch einen Abnutzungseffekt. Vor allem dann, wenn die ersten drei Doppelfolgen jeweils mit einer nahezu identischen Auflösung enden. Immer wieder zu einem neuen Vormund weitergereicht zu werden und dort auf Graf Olaf zu treffen, bis er auffliegt, hat erzählerisch natürlich wenig Tiefe. Da freut man sich eher auf etwas Abwechslung in den letzten beiden der insgesamt fünf Doppelfolgen, in denen die Erzählstruktur um einige neue Ideen erweitert wird und die regelrechte „Kostümshow“ zu ihren Höhepunkten kommt. Letztendlich braucht nämlich auch „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ nun einmal interessante Einfälle, um den Zuschauer am Ball zu halten – und seien es neue Hintergrundinformationen zu der Geheimorganisation rund um Lemony Snicket. Eine kleine Geheimagentenstory soll es schließlich auch geben, auch wenn diese nicht vordergründig ist.
Kulissen wie im Märchen
Ansonsten allerdings lebt die Serie neben der fantastischen Leistung des Bösewichts doch vor allem von den eindrucksvollen und äußerst kreativen Kulissen. Ein bisschen könnte man „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ sicher auch als Kunst bezeichnen. Mal eine Freak Show, mal düster und gruselig und ein anderes Mal gar mit hypnotisch, abstrakten Bildern begeisternd. Man muss dabei sogar zugeben, dass die ein oder andere Episode in ihrer Bildsprache durchaus einen gewissen Raum für Interpretationen offen lässt und vielleicht sogar ein bisschen… nunja… „kafkaesk“ in Erscheinung tritt. Auf eine irgendwie rätselhafte Weise entfaltet die Fantasyserie nämlich in jeder Sekunde eine unheimliche und bedrohliche Wirkung. Und das, obwohl sie sich eigentlich – so könnte man anhand der Altersfreigabe meinen – auch an Kinder richtet. Wir würden sie allerdings doch eher nur für die älteren Kinder empfehlen, wenn überhaupt. Dafür fällt es erwachsenen Zuschauern vermutlich umso leichter, sich bei der Sichtung ein bisschen kindisch zu fühlen. „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ ist also eine dieser Serien, die so einzigartig sind, dass man sie einfach gesehen haben muss – falls man sich denn traut, auch hinzusehen.
Fazit:
Neil Patrick Harris spielt seine Rolle des Graf Olaf auch in der zweiten Staffel noch immer um ein Vielfaches besser, als sein Vorgänger Jim Carrey und präsentiert mit „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ eine faszinierend kreative Serie, die vor allem von ihren fantasievollen, gar märchenhaften Kulissen, Kostümen und Figuren lebt.
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