Der Wein und der Wind |
Land/Jahr: F 2017 |
Genre: Drama |
Regie: Cédric Klapisch |
Darsteller: Pio Marmai Ana Girardot François Civil Jean-Marc Roulot María Valverde |
FSK: ab 6 Jahren |
Dauer: 114 Minuten |
Kaufstart: 14. Dezember 2017 |
Label: Studiocanal |
Mit zwanzig Jahren beschloss Jean das Weingut seines Vaters endgültig zu verlassen. Stets fühlte er sich zu sehr unter Druck gesetzt und zu diesem Zeitpunkt beschloss er, die Welt zu bereisen und letztendlich nach Australien zu ziehen. Heute, genau zehn Jahre später, hat er dort längst eine Familie gegründet und fühlt sich mit seiner Heimat kaum mehr verbunden. Doch als sein Vater plötzlich im Sterben liegt, beschließt er dennoch, an den Ort zurückzukehren, an dem er einst aufgewachsen ist. Schließlich möchte er seine beiden Geschwister in dieser schwierigen Zeit auf dem Weingut unterstützen. Dumm nur, dass damit auch alte Konflikte schnell wieder aufgetaut werden…
Kritik:
Guter Wein, drei Geschwister und das Erbe: Mehr braucht es eigentlich gar nicht, um ein durchaus spannendes Familiendrama zu drehen. Der französische Film von Cédric Klapisch erzählt nämlich genau davon.
Eine schwere Rückkehr
Auf den ersten Blick ist die Handlung schließlich ebenso banal, wie der Titel: Die Geschichte handelt von einem dreißigjährigen Mann, der nach zehn Jahren endlich wieder auf das Weingut seiner Eltern zurückkehrt. Recht schnell wird dabei allerdings interessant, wie erstklassig es Klapisch gelingt, aus einer derartig banalen Story tatsächlich ein spannendes Drama ohne jegliche Längen zu kreieren. Das liegt einerseits am hervorragenden Zusammenspiel der drei Geschwisterrollen Pio Marmai, Ana Girardot und Francois Civil, denen man jederzeit abkaufen kann, dass es sich um Geschwister handeln soll – und das nicht nur optisch. Andererseits aber eben vor allem auch an der Hauptrolle von Marmai, der hier erstaunlicherweise wahre Bestleistungen abliefert.
Französische Charakterdarsteller
Immerhin brilliert das Schauspiel von Pio Marmai nicht einmal so sehr durch die gelegentlichen energiegeladenen Streitereien, sondern vor allem durch das exakte Gegenteil: In „Der Wein und der Wind“ spielt er schließlich eine eher verschlossene Rolle. So verschlossen, dass nicht einmal der Zuschauer zunächst von seinen Problemen und Lebensumständen erfahren soll. Und genau damit schafft es Klapisch dann auch, das Publikum am Ball zu halten: All jene Dinge, die wir von der Hauptfigur nicht wissen und die nur bruchstückhaft in Dialogen oder Telefonaten mit der Frau in Australien zur Geltung kommen, verleihen dem Streifen die notwendige Dramatik, die dafür sorgt, dass ein eigentlich so banaler Stoff tatsächlich funktioniert. Und bei dem Wunsch, die genauen Hintergründe doch endlich zu erfahren, kann uns der Film nicht nur emotional berühren, sondern auch die Zeit vergeht schnell wie im Fluge.
Emotion durch Verlust
Denn eines sollte man bei „Der Wein und der Wind“ nicht vergessen: In der Rahmenhandlung geht es immerhin auch um den Verlust eines geliebten Menschen und seine Hinterlassenschaften. Hauptsächlich handelt das Drama also auch um das Aufarbeiten alter Wunden, dem Schwelgen in Erinnerungen und dem Zusammenbringen zweier Lebensarten. Ein Film über die Vergänglichkeit, der eigentlich melancholisch daher kommen müsste – sollte man meinen. Tatsächlich schafft der Streifen aber einen faszinierenden Kontrast zwischen der Fröhlichkeit auf den sonnigen Weinfeldern, der Traurigkeit durch den Verlust und die Sehnsucht nach der Ferne, von der die Hauptfigur doch stets besessen zu sein scheint. Dass Regisseur Klapisch die Geschichte dann auch noch überaus einfühlsam inszeniert und dafür sorgen kann, dass uns alle drei Geschwister schnell ans Herz wachsen, macht „Der Wein und der Wind“ zu einem überraschend guten Drama.
Komplex wie der Geschmack des Weins
Der Wein dient dabei dann eigentlich nur noch als eine Art Metapher – übernimmt damit aber immerhin einen wichtigeren Zweck, als lediglich als belangloses Setting zu dienen. Der Wein nämlich spiegelt zugleich die Persönlichkeiten der drei Geschwister wieder, die sich nicht nur charakterlich so unterscheiden, wie die natürliche Geschmacksnote des Weins, sondern stellt zugleich auch eine Metapher auf die Formbarkeit des Lebens dar. Denn der Geschmack eines Weins wird letztendlich auch durch die Persönlichkeit des Winzers beeinflusst – ebenso wie das zukünftige Leben der drei Geschwister, die den Umgang mit ihrem Erbe ebenso zunächst noch formen müssen. Ein Glück allerdings, dass Klapisch seinen Film bei weitem nicht so bedeutungsschwanger inszeniert hat, wie es mit diesen Textzeilen den Eindruck machen könnte. Denn eigentlich ist „Der Wein und der Wind“ eher angenehm leichte Kost, die sich damit zurück hält, dem Zuschauer seine Metaphern allzu sehr aufs Auge zu drücken. Da muss man dann schon selber denken.
Fazit:
Obwohl das französische Drama einerseits eine scheinbar banale Geschichte erzählt, gelingt es „Der Wein und der Wind“ seine Handlung überraschend einfühlsam, emotional und spannend zugleich rüber zu bringen. Damit wirkt das Zusammenspiel der Charaktere sofort wie aus einem Guss und bietet dennoch so viel darstellerische Komplexität wie der Geschmack eines guten Weins.
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