Dunkirk |
Land/Jahr: USA / GB 2017 |
Genre: Kriegsfilm |
Regie: Christopher Nolan |
Darsteller: Fionn Whitehead Tom Glynn-Carney Jack Lowden Harry Styles James D'Arcy Tom Hardy |
FSK: ab 12 Jahren |
Dauer: 107 Minuten |
Kaufstart: 19. Dezember 2017 |
Label: Warner Bros. |
Hunderttausende britische und alliierte Truppen sind vom Feind umstellt. Am Strand von Dünkirchen haben sie sich ans Meer zurückgezogen und warten dort auf ihre vermeintliche Evakuierung. Ihre einzige bisherige Leistung: Sie haben überlebt. Momentan scheint dies eine ausweglose Situation zu sein, denn der Feind rückt immer näher und in regelmäßigen Abständen werden sie aus der Luft beschossen. Zahlreiche Soldaten kommen dabei ums Leben, andere halten die Stellung und warten weiter auf rettende Schiffe. Unterdessen versucht ein Zivilist und sein Sohn mit seinem Privatboot, so viele Soldaten wie möglich aus dem Meer zu fischen und in Sicherheit zu bringen. Und auch die Royal Air Force hat alle Hände voll damit zu tun, deutsche Bomber abzuschießen, ehe sie die Rettungsschiffe angreifen können. Ein schrecklicher Kampf um Leben und Tod beginnt, aus dem die Alliierten keineswegs voller Ruhm nach Hause gehen werden…
Kritik:
Unter Filmkennern gilt Christopher Nolan als einer der besten Regisseure der heutigen Zeit. Das liegt nicht zuletzt an seinen Meisterwerken „Interstellar“ und Inception“. Dieses Mal hat er sich erstmalig an einen Kriegsfilm gewagt – und wurde dafür von Kritikern prompt gefeiert.
Neue Wege des Krieges
Das ist zunächst nicht unbedingt verwunderlich, denn positive Kritiken lassen meist nicht lange auf sich warten, wenn ein Film neue und experimentelle Wege geht. Und das ist zugleich auch das wirklich Beeindruckende an „Dunkirk“. Schon erzählerisch möchte sich Nolan nämlich so gar nicht an die üblichen Muster und Strukturen halten. Nicht einmal einen zeitlich korrekten Ablauf gibt es, sodass wir insgesamt drei Handlungsstränge rund um dasselbe Ereignis und denselben Ort zu sehen bekommen, die im zeitlichen Ablauf keineswegs gleichermaßen lang sind. Am Strand – eine Woche, auf See – ein Tag, in der Luft – eine Stunde. Und genau damit erzählt der Film parallel die Erlebnisse der Soldaten am Strand, der Zivilisten auf ihrem Boot und der Bomberpiloten in der Luft. Nolan wechselt die Szenen dabei so, als würden sie zeitlich synchron verlaufen – tatsächlich aber unterscheiden sich die Erlebnisse zeitlich völlig voneinander. In gewisser Weise erzeugt das allein schon reichlich Fasziniation.
Distanz zum Geschehen
Ebenso außergewöhnlich für einen Kriegsfilm ist außerdem, dass der Streifen tatsächliche Kriegshandlungen – abgesehen von den Kämpfen in der Luft – größtenteils meidet. Stattdessen handelt „Dunkirk“ also primär nicht davon, wie die Soldaten kämpfen, sondern vor allem wie sie flüchten und zu überleben versuchen. Er zeigt den Krieg insgesamt von seiner schwachen Seite und möchte damit vor allem eher ein Anti-Kriegsfilm sein. Bemerkenswert ist dabei zudem, wie distanziert und ruhig Nolan dabei seine Geschichte erzählt. Noch bemerkenswerter, dass sein Film dabei keine Hauptfigur hat und er sich stattdessen auf Ereignisse und wechselnde Personen konzentriert, statt sich an einen wichtigen Charakter zu binden. Das allerdings stellt sich schnell auch als Problem heraus.
Film ohne Hauptfigur
Bezüglich „Dunkirk“ scheiden sich – trotz der fast ausschließlich guten Kritiken – beim gewöhnlichen Publikum nämlich die Geister. Das liegt daran, dass die mangelnde Hauptfigur zugleich auch zur Folge hat, dass es nur überaus schwer ist, sich emotional in den Film hineinzuversetzen. Dadurch, dass uns der Film nicht einmal ansatzweise die Möglichkeit gibt, uns mit einer der Figuren zu identifizieren, erscheint es langfristig belanglos, welches Leid die Protagonisten erfahren. Selten hat es den Zuschauer bei einem Film so wenig interessiert, ob die Charaktere gestorben sind. Der emotionale Funke kann damit einfach nicht überspringen und selbst die am häufigsten gezeigten Charaktere wirken häufig wie Statisten. Dabei hätte „Dunkirk“ durchaus die Möglichkeit gehabt, eine Hauptfigur zur emotionalen Bindung einzubauen, denn während der Zivilist immerhin einen ganzen Tag auf See ist, wird er zugleich auch sehr häufig gezeigt und weckt einigermaßen das Interesse des Publikums. Da hätte man also reichlich Potential gehabt, aber Nolan beharrt darauf, auf Biegen und Brechen anders sein zu wollen. Damit ist „Dunkirk“ zwar nicht zwangsläufig der schlechteste, aber zumindest der am schlechtesten zugängliche Film des Regisseurs – und womöglich in den Augen mancher Zuschauer überbewertet.
Fazit:
Mit seiner außergewöhnlichen Inszenierung, die komplett auf eine Hauptfigur verzichtet und beim zeitlichen Ablauf gegen jegliche Konventionen verstößt, weckt „Dunkirk“ schnell die Faszination seiner Zuschauer. Leider springt der Funke emotional nicht bei jedem Zuschauer über, was zu einer schweren Zugänglichkeit des Films führt.
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