Als Georg nach einem Basketballspiel mit seinem Bruder nach Hause kommt, ahnt er noch gar nicht, was auf die beiden zukommt: Ihre Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Um seinen Bruder Vinz jedoch vor einer Pflegefamilie oder Heimunterbringung zu bewahren, übernimmt er kurzerhand die Vormundschaft und kümmert sich um den Kleinen. Tag für Tag versucht er mit ihm über die Runden zu kommen und bisher lief alles ohne Probleme. Nach 10 Jahren hat sich Vinz sogar so gut entwickelt, dass er fast schon zu einem Profi-Basketballer geworden ist und auf die Uni könnte er ebenfalls gehen. Aus diesem Grund setzt er alles daran, sich um ein Sportstipendium zu bemühen. Wie dumm also, dass sein Leben ausgerechnet jetzt aus der Bahn gerät, denn die ständige Belastung durch die familiäre Situation macht ihm zu schaffen, seine Freunde haben nur Unfug im Kopf und ganz nebenbei hat er auch noch eine Affäre mit einem Mädel, das ihren Freund mit ihm betrügt. Das Gefühlchaos lässt also nicht lange auf sich warten und auch seine sportlichen Leistungen lassen allmählich zu wünschen übrig…
Kritik:
Die heile Welt des Sports, so könnte man in den ersten Minuten dieses Films denken. Vinz mit seinem großen Bruder auf dem Basketballplatz, ein Team, das stets zusammenhält. Man könnte meinen, der Film wolle uns Familienideale vorspielen, die es so in der Realität nicht gibt. Doch dann der Schock: Die beiden Brüder erfahren vom Tod ihrer Eltern, Vinz ist vor Schock nicht einmal mehr in der Lage, seinen Ball festzuhalten. Doch nach 2 Minuten erneut: Heile Welt. Plötzlich sind wir bereits 10 Jahre später angekommen und Vinz scheint es richtig gut zu gehen. Keine Spur mehr von irgendwelchen Problemen, oder gar Traumatas. “Hangtime” baut schon so schnell große Kontraste auf, springt von emotionalen, dramatischen Szenen in fröhliche Lebenssituationen – von hier auf jetzt. Wie dumm also, dass der eigentliche Tod der Eltern auch im restlichen Film viel zu kurz kommt, denn der ist hier schlicht und einfach Nebensache. Stattdessen will uns “Hangtime” eher ein Charakterportrait der beiden Brüder zeigen, die irgendwie versuchen müssen, ihr Leben gemeinsam zu meistern. Dabei braucht “Hangtime” auch recht lange, um richtig in Fahrt zu kommen, denn die ersten Probleme bandeln sich nur sehr langsam und träge an. In der Zwischenzeit schafft es “Hangtime” allerdings sehr authentische Charaktere in den Film einzubauen. So auch die beiden Freunde von Vinz, von denen einer nur Scheiße im Kopf hat. Der nämlich verliert bei dem Versuch, einen Zigarettenautomaten aufzubrechen, einen Finger und versucht im Anschluss auch noch seinem Arbeitgeber zu unterstellen, der Unfall wäre auf der Arbeit passiert – natürlich, damit er entsprechende Gelder kassieren kann. Seinen Finger jedoch kann er so nicht mehr retten. In die Story hineinverzwickt wird dann auch noch die Affäre zu einem Mädchen, das eigentlich vergeben ist und nur auf etwas Unkompliziertes aus ist – eine feste Beziehung will sie nicht. Doch Vinz scheint sich regelrecht danach zu sehnen. Nach und nach führen viele Punkte zueinander, die am Ende für das riesige Chaos sorgen. Denn all den Frust, den Vinz durch seine Situation hat, lässt er bald an seinem Bruder Georg aus, der selbst wiederum immer mehr zurückstecken musste. Sei es, weil er den ganzen Tag arbeitet und sich um die Zukunft seines Bruder sorgt, oder weil er nicht einmal die Privatsphäre in der kleinen Wohnung bekommt, die er eigentlich drigend bräuchte. Bei all den vielen Problemen bekommt man sehr gut zu spüren, dass deutsche Produktionen viel Wert auf Natürlichkeit legen, sie aber dennoch auch junge Schauspieler mit viel Energie zu bieten haben. Denn spätestens, wenn die beiden Brüder sich auf der Straße anbrüllen, schreien sie ihre Energie förmlich dem Zuschauer zu. Optimal wäre es allerdings gewesen, dem Film noch etwas mehr Atmosphäre zu geben, damit die Szenen noch emotionaler wirken. Stattdessen setzt man eben alles daran, jegliche Unnatürlichkeiten zu vermeiden – und das ist “Hangtime” bestens gelungen. Vorteilhaft ist da natürlich auch der gute Umgang mit der deutschen Jugendkultur und auch die Lockerheit bei der Verwendung der sog. “Ghetto-/Hopper-Sprache”. Dennoch bezieht der Film Stellung und zeigt durch seine Darsteller: “Ein derart niedriges sprachliches Niveau wollen wir nicht”. Gerade bei jüngeren Zuschauern, die selbst eine Abneigung gegen eine solche “Lebenshaltung” haben, dürfte das für Sympathien sorgen. Die Frage die letztendlich bleibt: Wozu der ganze Sport? Hat man letztendlich versucht, ein Sportdrama nach amerikanischem Vorbild zu produzieren und ist am Ende doch eher zu einem Familiendrama mit Charakterportrait abgedriftet? Oder ist es die in Deutschland längst übertriebene Annahme, Sport sei wichtig und müsse ja pädagogisch wertvoll nach Möglichkeit an jeder Ecke angetroffen werden? Letztendlich ist der Sport aber dann doch Nebensache, obwohl sich die Story ansich ja um den Basketball dreht. Mir soll’s recht sein, spannend ist “Hangtime” deswegen ja nicht weniger.
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