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    Leviathan

    Leviathan


    Land/Jahr:
    RUS 2014
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Andrey Zvyagintsev
    Darsteller:
    Alexey Serebryakov
    Elena Lyadova
    Wladimir Wdowitschenkow
    Roman Madyanov
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    142 Minuten
    Kaufstart:
    15. Januar 2016
    Label:
    EuroVideo

    Der einfache Automechaniker Kolia lebt mit seiner kleinen Familie in einem beschaulichen Dorf im rauen Norden von Russland. Obwohl er doch so ein einfaches Leben genießt, überhäufen ihn in letzter Zeit die Probleme. Ausgerechnet mit dem korrupten Bürgermeister seiner Stadt ist er bereits seit längerem im Rechtsstreit, bei dem ihm sein alter Jugendfreund und Anwalt Dimitri hilft. Jener Bürgermeister möchte ihm und seiner Familie nämlich das kleine Grundstück wegnehmen, das sich bereits seit Generationen im Besitz seiner Familie befindet. Schon Kolia ist einst als Kind in dieser wunderschönen Umgebung aufgewachsen und er denkt nicht einmal daran, sein Haus für einen geldgierigen Politikerbonzen zu verlassen. Mit großer Verzweiflung nutzt die Familie jegliche Möglichkeiten, um den Politiker von seinen Plänen abzubringen und versucht ihn sogar, mit einer belastenden Akte unter Druck zu setzen. Doch ein mächtiger Bürgermeister ist nicht nur nahezu unantastbar, sondern hat zugleich starke Verbündete in Moskau und in den Reihen der Kirche. Und er ist notfalls bereit, auch über Leichen zu gehen…

    Kritik:
    Kurz vor der diesjährigen Oscarverleihung kommt noch ein kleines Highlight aus dem vergangenen Jahr. Mit einer Nominierung als bester fremdsprachiger Film im Jahre 2015 und einem gewonnenen Golden Globe gilt das russische Drama, gefördert vom russischen Kultusministerium als kleiner Geheimtipp.

    Kirche als Feind
    Man sollte sich allerdings von der Förderung nicht abschrecken lassen, hatte die offenbar keinen negativen Einfluss auf den Film. Stattdessen dürfte sich Regisseur Andrey Zvyagintsev damit einige Feinde gemacht haben – sowohl in der Politik, als auch auf Seiten der Kirche. Nicht ohne Grund liefen jene Vertreter kurz nach dem Dreh noch Sturm gegen diesen Film, zeigt er doch ein Russland, wie es ein klein bisschen der Realität entsprechen könnte. Korrupte Politiker missbrauchen ihre Macht für gewinnbringende Pläne, zerstören ganze Existenzen und suchen sich dabei sogar liebendgern Verbündete bei der russisch-orthodoxen Kirche. Kein Wunder also, dass vor allem letztere nicht gerade begeistert auf diesen Film reagiert haben dürfte, ist die kirchenkritische Perspektive gerade für einen russischen Film geradezu überraschend. Selbst bei einer deutschen Produktion kann man sich derartiges kaum vorstellen, wenn Fördergelder fließen sollen. Darin liegt allerdings auch seine Stärke.

    Mitten aus dem Leben
    „Leviathan“ versucht nämlich tatsächlich so realistisch wie möglich zu sein und wird damit fast unangreifbar. Er prangert nicht offensiv an und bezieht keine frontale Stellung, sondern zeigt einfach eine Handlung, bei der sich der Zuschauer gern sein Übriges denken kann. Szenen, in denen der korrupte Bürgermeister mit einem Vertreter der Kirche gemeinsam am Essenstisch sitzt, sprechen geradezu Bände, ohne dass die Filmemacher große Worte über ihre Abneigung gegenüber der Kirche verlieren müssen. Auch positionieren sie ihren Hauptdarsteller nicht als Angreifer gegen die Kirche, sondern eher als gutgläubiges Opfer, das auf die Predigten des für anständig gehaltenen Priesters hereinfällt. Auch hier setzt sich der nicht zu offensive, aber doch eindeutige Stil fort.

    Die ruhigen Stärken des Kinos
    Generell verfügt „Leviathan“ über eine herausragende Bildsprache, die gar nicht allzu viel Action benötigt, um zu sagen, was er sagen möchte. Das Drama ist nämlich wahrlich eine dicke Story, die reichlich zu erzählen hat, sich dabei aber optisch auf das Nötigste beschränkt. Man kehrt gar ein bisschen zu den alten Qualitäten des Films zurück, bei denen man sich einst noch viel Zeit für Story und Charaktere gelassen hat, die Handlung ruhig und relativ langsam erzählt hat, aber dennoch inhaltlich voll und ganz fesseln konnte. Auf allzu schnelle Schnitte oder gar beeindruckende Effekte braucht man hier nicht zu hoffen – und das ist auch gut so. Viel mehr lässt „Leviathan“ dem Zuschauer nämlich die Aussichtslosigkeit der Protagonisten spüren, die mit aller Kraft versuchen, gegen Windmühlen anzugehen und durch die Macht eines Bürgermeisters von Behörden und Gerichten geradezu abgeblockt werden. Ein echtes Porträt einer enteigneten Familie eben, die machtlos gegen einen Politiker ist, der mit korrupten Mitteln jegliche Lücken der Bürokratie auszunutzen vermag. Und dabei hat der Streifen sogar reichlich herzergreifende Schlüsselszenen parat, die den Zerfall einer Familie so nahe bringen, wie nur möglich.

    Das Ende einer Existenz
    Dass ein solcher Film mit einer doch eigentlich so actionlosen Handlung so hervorragend funktioniert, haben wir allerdings auch den Darstellern zu verdanken, allen voran Hauptdarsteller Alexey Serebryakov, der als Kolia eine beeindruckende Charakterentwicklung präsentieren kann. Obwohl hier eigentlich eindeutig klar ist, wer hier die Rollen der Guten und Bösen eingenommen hat, gelingt dem Film zeitgleich ein Spagat, der seine Hauptfigur nicht so einfach schwarz-weiß erscheinen lässt. Durch die schwierigen Ereignisse zerfressen, wird hier nämlich ein Mann gezeigt, der zwischen subtil aggressivem Alkoholiker mit grob unfreundlichem Umgangston und liebenden, schützenden Ehemann hin und her wechselt. Allein für diese Charakterdarstellung hätte „Leviathan“ den Oscar im vergangenen Jahr definitiv verdient und wir sehen: Russische Filme sind endgültig auf international konkurrenzfähigem, wenn nicht gar überragendem Niveau angelangt.

    Fazit:
    Ein beeindruckendes Drama über Macht, Korruption und Autorität mit einem herausragenden Hauptdarsteller und einer nicht zu übersehenden, ungewohnten Selbstkritik am russischen Staatssystem, die auf subtile Weise sowohl Politiker als auch Kirchenvertreter anprangert. Dass „Leviathan“ außerdem einer der bildgewaltigsten Filme der vergangenen Jahre ist, macht ihn zu einem Meisterwerk.

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