Borgman |
Land/Jahr: NL / B 2013 |
Genre: Psychothriller |
Regie: Alex van Warmerdam |
Darsteller: Jan Bijvoet Hadewych Minis Jeroen Perceval Alex van Warmerdam Tom Dewispelaere |
FSK: ab 16 Jahren |
Dauer: 113 Minuten |
Kaufstart: 17. Februar 2015 |
Label: Pandastorm |
Der scheinbar obdachlose Landstreicher Borgman befand sich gerade noch auf der Flucht vor brutalen Männern, als plötzlich an der Haustür einer wohlhabenden Familie steht. In der Hoffnung auf Verständnis und Mitgefühl bittet er das Ehepaar mit den drei Kindern lediglich, ein kurzes Bad einnehmen zu können und anschließend wieder zu verschwinden. Da der Ehemann allerdings überhaupt nicht von dieser Bitte begeistert ist, verscheucht er den alten Mann offensichtlich grundlos mit roher Gewalt von seinem Grundstück. Die Schulgefühle seiner Frau sind dementsprechend groß, lädt sie ihn schließlich heimlich doch in ihr Haus ein, um die Geschehnisse wieder gut zu machen. Doch was sie noch nicht ahnt: Diesen Mann wird sie nicht mehr so schnell wieder los. Mit Manipulationen und Psychospielchen nistet er sich schon bald in ihrem Luxusheim ein – und die Familie weiß noch gar nicht so recht, wie ihnen geschieht…
Kritik:
Es kommt nicht allzu häufig vor, dass ein niederländischer Film auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wird oder gar als offizieller Beitrag bei den Oscars an den Start geht. „Borgman“ ist nach vielen Jahren eine solche Ausnahme und damit einer der wenigen Filme aus dem Nachbarland, die es so weit schaffen. Nominiert wurde er zwar nicht, aber in die engere Wahl zur Nominierung der Oscars hat er es dennoch geschafft – zurecht.
Funny Games NL
Man könnte den holländischen Psychothriller durchaus allerdings auch als Kammerspiel bezeichnen. Ein Großteil des Films handelt auf dem Grundstück der Familie, den großzügigen Garten selbstverständlich mit eingerechnet. Völlig undurchsichtig versucht sich Jan Bijvoet als Borgman in der Familie einzunisten, seine wahren Beweggründe sind nie wirklich ersichtlich. Natürlich ist „Borgman“ dabei ein Film, der recht große Fragezeichen beim Zuschauer hinterlässt. Er beginnt mit Fragen und er endet auch mit Fragen. Doch was dazwischen passiert, ist durchaus sehr mitreißend und faszinierend grotesk. Der Hauptdarsteller wirkt nicht nur durch seine optische Erscheinung beinahe unnahbar, wie ein Obdachloser über den doch so wenig bekannt ist – er nutzt auch gespielte Manipulationen, um die Mitmenschen zu beeinflussen und sein Ziel zu erreichen. Welches Ziel er verfolgt, daraus mag man nicht immer schlau werden und dieses mag nie so recht klar sein, doch noch weniger verstehen wir die anderen Protagonisten.
Grotesk und irritierend
Die große Verwirrung kommt viel mehr durch die anderen Charaktere auf, die in diesem Film mitspielen, obwohl sie eigentlich als intakte Familie doch viel greifbarer erscheinen. Dass es Borgman irgendwie schafft, die Menschen zu manipulieren, das ist klar – doch das überaus wenig nachvollziehbare Verhalten dieser Menschen mag sich niemand so recht erklären. Kaum verständlich mag da sein, wieso sich die Protagonisten allesamt so willenlos und seltsam verhalten, so sehr nach den Interessen des Eindringlings handeln, der sogar bereit ist, über Leichen zu gehen, um sich noch weiter im Hause der Familie einzunisten. Noch weniger möchte „Borgman“ darauf eingehen, was zwischen diesen seltsamen Ereignissen passiert. In den Zimmern, wenn der Eindringling und seine Komplizen etwas mit den Menschen anstellen – eine Sache außerhalb unserer Vorstellungskraft und die das niederländische Meisterwerk nicht weiter erklären möchte, als er es unbedingt muss. Dass ausgerechnet die Kinder den Mann regelrecht verfallen, führt zeitweise auch zu ziemlich grotesken und absurden Situationen. Ein verletzter Mann im Garten – für eines der jungen Mädchen doch nur Grund genug, den nächsten großen Stein zu suchen und einmal kräftig damit auf seinen Kopf zu schlagen. „Borgman“ wird damit auch nach seinem Ende noch viel Stoff zum Grübeln lassen und ist einer dieser Psychothriller, die auf verstörende Weise unter die Haut gehen. Faszinierend anders, kompliziert wahnsinnig und irgendwie doch so abstandhaltend diskret. Ein Streifen, der Film zur Kunst werden lässt.
Fazit:
Faszinierend grotesker Psychothriller aus den Niederlanden, der sich in die Fußstapfen von „Funny Games“ wagt und dabei mit darstellerischer Leistung voller Diskretion und Unnahbarkeit brilliert – für alle, die mal etwas länger an einem Film grübeln möchten.