Im besetzten Frankreich des Jahres 1943 lebt der Künstler Marc Cros mit seiner Ehefrau in einem kleinen Dorf nahe der spanischen Grenze. Bereits seit Beginn des Krieges hatte er kein weibliches Aktmodell mehr, um seiner Leidenschaft nachzukommen. In einer kleinen Hütte auf den Bergen liebte er es schließlich, nicht nur zu zeichnen, sondern auch bei seiner Bildhauerei die ein oder andere Frau abzubilden. Da kommt ihm ein junges Mädchen aus Katalonien, das aus einem Arbeitslager geflohen ist, gerade recht. Mit großem Gefallen an ihrem natürlich schönen Körper lässt er sie in seinem Atelier wohnen, wenn sie ihm dafür als Aktmodell dienen möchte. Doch dabei entsteht schon bald eine zärtlich-distanzierte Freundschaft zwischen zwei völlig verschiedenen Generationen…
Kritik:
Abseits des actionreichen Mainstreams aus Effekten und überhasteten Bildern gibt es noch jene Werke, die eher einem Kunstwerk gleichen. Nachdem Regisseur Fernando Trueba bereits 1993 einen Oscar für „Belle Epoque“ erhielt, versucht er sich nun an einem besonders gefühlvollen Meisterwerk, das mit seinen Bildern eine etwas andere Perspektive einfangen möchte.
Die Schönheit der fehlenden Farben
Dafür entschied sich der Regisseur ganz bewusst, auf große Effekte und bunte Farben zu verzichten. In schlichtem, aber dennoch überaus schönem Schwarzweiß stellt er unter Beweis, dass sich hochauflösende Bilder und das Fehlen jeglicher Farben überhaupt nicht ausschließen. Damit will er seinen Fokus mehr auf die Emotionen und Intimität seiner Bilder lenken, wenn das hübsche und natürliche Modell für seinen Hauptdarsteller posiert. Langsam und einfühlsam gleitet die Kamera in Nahaufnahme über die attraktiven Kurven der Darstellerin, die nicht einem modernen Modell gleichen, aber doch auf natürliche Weise sehr ansehnlich sind, während in der fast unangenehmen Stille lediglich die leisen Geräusche des Bleistiftes auf Papier zu hören sind. Das fängt eine Intimität ein, die für diese Form der Kunst wirklich außergewöhnlich ist und verbindet sich hervorragend mit dem Schwarzweiß des Videomaterials.
Einfühlsamkeit der Figuren
Dabei kann sich Fernando Trueba wesentlich mehr Zeit für die Ausarbeitung seiner Figuren lassen und das betrifft nicht nur die in Gips und Stein gemeißelten Statuen. Mit wenigen Worten und einem besonders ruhigen, langsamen Stil konzentriert er sich ganz auf die Charaktere und ihre Darstellung der Emotionen. Vor allem Jean Rochefort kann dabei einen undurchdringlichen und zugleich tiefgründigen Charakter darstellen, wenn seine Herzensgüte in jeder seiner Handbewegungen zur Geltung kommt, aber auch ein stiller launischer Charakter in ihm hindurch scheint. Es scheint, als würde er niemanden so recht an sich heran lassen und praktisch überhaupt keinerlei Humor besitzen. Stattdessen prägt ein ernstes und grimmiges Erscheinungsbild seinen Charakter und steht damit bewusst im Kontrast zu Aida Folch, die ihm Modell steht und dabei eher eine unsichere Angst darstellt, die sich bald zu einer distanzierten Freundschaft voller Freude und Zärtlichkeit entwickelt. Mit den beiden Hauptfiguren liefern nicht nur die beiden Darsteller bemerkenswerte Leistungen ab, sondern es gelingt auch Trueba, die Emotionen durch gezielte Körpersprache einzufangen, wie sonst kaum einem anderen.
Fazit:
Dem französischen Arthaus-Meisterregisseur Fernando Trueba gelingt es durch intime Körpersprache und einem ruhigen Blick fürs Detail auf bemerkenswerte Weise, die Emotionen und Gefühle seiner beiden Hauptdarsteller aufzunehmen und dabei ein überragendes Charakterportrait zweier Generationen einzufangen. In kunstvollem Schwarzweiß schafft er dabei eine ungewöhnliche, aber auch ästhetische Grundlage, um seinem Film eine besondere Natürlichkeit zu verleihen. Ein einzigartiger Film.