Pakistan: Genau zwei Jahre nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 versucht eine Anti-Terror-Einheit aus hochrangigen CIA-Mitgliedern in einem Internierungszentrum an wichtige Informationen für weitere Terroranschläge zu gelangen. Die Methoden sind dabei nicht immer mit den Menschenrechten vereinbar, denn neben Folterungen und Waterboarding, setzt das Team auf schwerwiegende Erniedrigungen und körperliche Qualen. Doch der Erfolg scheint sich zunächst schnell einzustellen: Den Schmerzen ausgesetzt, geben die Gefangenen sowohl Namen als auch Zielgebiete bekannt. Schon bald entsteht daraus eine neue Spur, welche die Agenten zu einem engen Vertrauten und Kurier von Osama Bin Laden führt, der offenbar strengste Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, um möglichst unentdeckt zu bleiben. Um die Spur zu verifizieren, sind nun langes Durchhaltevermögen und eiserne Disziplin nötig, denn nach der Kritik an Guantanamo kann die CIA mit ihren Methoden längst nicht mehr so flexibel handhaben. Dumm nur, dass die Agenten selbst schon bald ins Visier der Terroristen geraten und damit ihre gesamte Basis gefährden könnten…
Kritik:
Der schwarze amerikanische Präsident Obama galt als große Hoffnung bei der Schließung von Guantanamo und diversen anderen Foltergefängnissen. Kurz vor seinem Amtsantritt sind die menschenfeindlichen Methoden dort schließlich aufgeflogen und in die Kritik geraten, wodurch die Vereinigten Staaten längst nicht mehr international in dem positiven Licht stehen, wie es einst einmal der Fall war. Doch die Amerikaner selbst sehen das womöglich anders?
Zweck heiligt die Mittel
Genau diese schrecklichen Internierungslager im Stil von Guantanamo stehen schließlich im Mittelpunkt von „Zero Dark Thirty“. Bereits die ersten Szenen bestehen daraus, wie einem muslimischen Gefangenen unter schwersten körperlichen Qualen, wichtige Informationen entlockt werden sollen. Nahrungsmittelentzug, Waterboarding, Entblößung, das Einsperren in winzig kleine Kisten, sexuelle Erniedrigung – das alles steht an der Tagesordnung und sollte eigentlich für Kritik an den amerikanischen Vorgehensweisen sorgen. Doch schnell wird klar: Die Bilder sind zwar knallhart und erschreckend, doch echte Kritik an der Außenpolitik der USA soll dabei nicht aufkommen. Letztendlich führt doch alles zum Erfolg: Folter führt zu Informationen und die muslimischen Terroristen sind sowieso stets die Bösen. Daran lässt der Film eigentlich keine Zweifel zu, selbst dann nicht, wenn die Folter einmal nicht immer zum Erfolg führt. Doch ganz ohne Folgen bleibt das nicht – selbstbeweihräucherndes Gerede des Präsidenten Obama hin oder her. Denn auch hier bleibt „Zero Dark Thiry“ amerikanisch und patriotisch: Obama hat schließlich der Folter einen Riegel vor gesetzt. Man verschweigt aber nur allzu gerne, dass Guantanamo beispielsweise bis heute nicht geschlossen ist und die amerikanischen Politiker auch nach seinem Amtsantritt bei weitem nicht so viel gehandelt haben, wie Obama doch einst versprochen hat.
Jagd auf Bin Laden
Im Prinzip ist dieser amerikanische Thriller pure Selbstbeweihräucherung der Vereinigten Staaten. Klare Schwarz-Weiß-Muster sind hier vorgegeben, bei welcher Partei es sich um die Guten und die Schlechten handelt. So richtig in die Kritik geraten die Amerikaner jedenfalls nie. Das ist ein Problem, denn vor allem hätten wir uns doch weitaus mehr Kritik am Anti-Terror-Kampf und auch an den Folterungen gewünscht. Inhaltlich anspruchsvolle Zuschauer sollten sich also im Klaren darüber sein, dass sie hier eben doch nur einen patriotischen amerikanischen Film geboten bekommen und keine Amerika-Kritik, auch wenn sich Regisseurin Kathryn Bigelow inszenatorisch schon stark vom üblichen Mainstream-Einheitsbrei abgrenzen möchte. „Zero Dark Thirty“ ist trotz des Terrorkerns eben kein Actionfilm, sondern ein anspruchsvoller Streifen, der zumindest oberflächlich Tiefgang bieten möchte. Kurz gesagt: Bigelow ist einfach zu unmutig, wenn es darum geht, das eigene Land zu kritisieren. Am hohen Unterhaltungswert des Films ändert dies nichts, die Erwartungen erfüllt es aber leider dennoch nicht.
Besessenheit
Getragen wird der Film vor allem von den beiden Hauptdarstellern Jessica Chastain und Jason Clarke, die beide eine sehr tiefgründige Rolle abliefern. Clarke als hauptsächlicher Folteragent wirkt einerseits hart und brutal, hat aber psychologisch betrachtet doch weitaus mehr im Kopf. Die gesamte Situation im Gefängnis hinterlässt auch bei ihm sichtbare Spuren, allerdings auf eher subtile Art. Hier läuft niemand Amok oder ähnliches, hier verändern sich lediglich Sicht- und Verhaltensweisen. Das wird vor allem bei Jessica Chastain besonders deutlich, die anfangs zunächst erschrocken in das Foltergefängnis eingewiesen wird, später die Führung bei der Gefangenenbefragung übernimmt und schon bald in einer Besessenheit endet, die ihr die klare Sicht auf die Fakten verschleiert. Fehler werden plötzlich menschlich und „Zero Dark Thirty“ versucht, die Umstände und Verhaltensweisen gegenüber gefangenen Terroristen zumindest ansatzweise psychologisch zu erklären. Im Grunde gibt man sich damit bereits mehr Mühe, als alle anderen Mainstream-Hollywoodfilme. Aber dennoch: Echte Kritik und eine negative Darstellung der Geschehnisse suchen wir vergebens. Stattdessen wirkt der Streifen oftmals, wie eine einzige Rechtfertigung für die Taten. Trotzdem: Die Tatsache, dass wir über diese Art der Darstellung überhaupt reichlich Diskussionsmöglichkeit haben, zeigt uns, welche Qualitäten trotz allem hinter diesem Streifen stecken. Denn handwerklich gehört „Zero Dark Thirty“ ebenfalls zu den besten Thrillern der letzten Zeit. Man sollte sich diesen Film also trotz all der US-Selbstbeweihräucherung also dennoch unbedingt ansehen, bietet er doch auch in seiner Darstellung reichlich kontroversen Stoff.
Fazit:
Trotz einer ständigen Rechtfertigung der amerikanischen Anti-Terrormaßnahmen überzeugt „Zero Dark Thirty“ mit viel Diskussionsstoff, kontroversen Darstellungen und einer subtilen Psychologie, die wir vor allem bei den herausragenden Leistungen von Jessica Chastain in der Hauptrolle wiederfinden. Definitiv ein Muss.