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    Paradies: Hoffnung

    Paradies: Hoffnung


    Land/Jahr:
    A / D / F 2012
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Ulrich Seidl
    Darsteller:
    Melanie Lenz
    Joseph Lorenz
    Verena Lehbauer
    Johanna Schmid
    Michael Thomas
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    92 Minuten
    Kaufstart:
    27. September 2013
    Label:
    Neue Visionen



    Eigentlich ist Melanie ein junges und hübsches Mädchen, das von vielen Jungs begehrt wird. Dennoch ist sie mit sich selbst nicht zufrieden und kämpft mit ihrem Übergewicht. Für sie ist das Grund genug, ihre Ferien in einem Diätcamp zu verbringen, während ihre Mutter sich in Afrika mit schwarzen Jungs vergnügt und ihre Tante daheim in Österreich auf christlicher Mission ist. Dort wird ihre gemeinsame Zeit mit den anderen übergewichtigen Jungs und Mädchen schnell zu einer spaßigen Zeit, in der sich allesamt sofort anfreunden und heimlich die wildesten Partys feiern. Doch Melanie, so unerfahren sie auch ist, hat längst ganz andere Interessen: Sie hat sich in den 40 Jahre älteren Arzt verliebt, der die Kinder in dem Camp körperlich untersucht und während der sportlichen Aktivitäten begleitet. Dumm nur, dass Melanie gerade einmal 13 Jahre alt ist und die Enttäuschung damit womöglich schon bald naht. Der Arzt, hin und her gerissen zwischen Verantwortung und Begierde, steht vor einer schwierigen Entscheidung…

    Kritik:
    Etwas gemäßigter und ruhiger will es Regisseur Ulrich Seidl wohl nun im dritten, abschließenden Film der „Paradies“-Trilogie angehen lassen. Brisante Themen wie religiöser Fanatismus und Sextourismus sind passé und nun heißt es, sich um ein jüngeres Mädchen zu kümmern. Natürlich bleibt auch dieses Mal alles in der Familie.

    Parallele Geschichten
    Mittlerweile, nachdem wir hoffentlich alle vorangegangenen Teile gesehen haben (die Trilogie sollte unbedingt in korrekter Reihenfolge gesehen werden), bekommen die Geschichten allmählich ihren besonderen Reiz. Immerhin stellen wir fest, dass alle drei Filme praktisch zur gleichen Zeit spielen. Die Mutter ist im Urlaub, die Tante versucht ihre Nachbarn zu bekehren und Melanie verbringt die Zeit im Diätcamp – wir erleben also die Erlebnisse der jeweils anderen Familienmitglieder, während sie allesamt gleichzeitig ihre eigenen Erfahrungen allein machen. Interessant ist es dabei zu wissen, wie die Mutter im ersten Teil noch verzweifelt auf den Geburtstagsanruf ihrer Tochter wartet, während wir nun im dritten Teil den Grund erfahren und beobachten können, was die Tochter eben zu genau dieser Zeit treibt. Melanie ist dabei übrigens die Tochter aus dem ersten Teil, die gelangweilt auf dem Bett gelegen hat und natürlich ihre Aufgaben vergisst. Kenner werden sich erinnern.

    Natürlichkeit einer Jungdarstellerin
    Interessant ist allerdings auch, dass „Paradies: Hoffnung“ nicht nur von einem 13-jährigen Mädchen handelt, sondern in seiner Hauptrolle auch noch von einer ebenso damals 13-jährigen Darstellerin besetzt wurde – und die heißt praktischerweise sogar mit richtigem Namen Melanie. Noch erstaunlicher unter diesen Umständen allerdings die enorme Offenheit und Reife, die das Mädchen in diesem Film verkörpert. Als gänzlich sexuell unerfahrenes Mädchen, das ihr erstes Mal schließlich noch vor sich hat, ist es doch meist besonders schwierig und peinlich, über eben genau dieses Thema zu sprechen. Melanie Lenz, Hauptdarstellerin in diesem Film, macht dies allerdings ganz offen vor der Kamera und schämt sich noch nicht einmal dafür. Stattdessen spielt sie ihre Rolle überaus authentisch und fast schon improvisiert, fraglich sogar, ob sie überhaupt spielt. Das macht allerdings auch Ulrich Seidls Film so glaubwürdig und realitätsnah, sodass wir Melanie sofort in unser Herz schließen.

    Verführung durch Minderjährige
    Insgesamt ist „Paradies: Hoffnung“ allerdings etwas ruhiger und zäher, einfach weniger brisant. Bei einer solchen Besetzung ist natürlich schnell klar, dass Ulrich Seidl hier keine skandalösen Sexszenen zeigen kann und auch keine nackten Männer durchs Bild laufen lassen darf, wie noch im ersten Teil seiner Trilogie. Stattdessen beschäftigt er sich sehr einfühlsam mit einem schwierigen Thema und wirft dabei gesellschaftliche Fragen auf. Immerhin ist Pädophilie schließlich seit einigen Jahren ein großes Thema unter den Menschen und nur allzu oft wird dabei von alten Männern gesprochen, die junge Mädchen verführen. Doch Seidl wagt sich tatsächlich die Frage zu stellen, was wohl passieren würde, wenn genau das umgekehrte Szenario der Fall ist. Etwa dann, wenn ein minderjähriges Mädchen sich in einen deutlich älteren Mann verliebt und alles daran setzt, ihn zu verführen und sich ihm anzunähern. Ab wann ist Sexualität natürlich und erlaubt – und ist die bisherige gesetzliche Regelung angesichts der immer früheren Reife junger Menschen wirklich noch zeitgemäß? Damit wird auch „Paradies: Hoffnung“ zu einem Film, der gesellschaftliche Debatten auslösen kann, dabei allerdings nicht ganz so sehr provoziert, wie seine beiden Vorgänger. Trotzdem muss man gerade die Leistungen von Melanie Lenz deutlich betonen, die sich sehr behutsam und einfühlsam an den älteren Mann heran wagt. Beeindruckend authentisch.

    Fazit:
    Der dritte Teil der „Paradies“-Trilogie geht deutlich behutsamer und weniger skandalös vor, schildert aber mit einer unglaublich natürlichen Melanie Lenz überaus authentisch die ersten Liebeserfahrungen eines jungen Mädchens – und wirft gesellschaftliche Fragen auf.