Eigentlich hat Emily allen Grund zur Freude: Nach vielen Jahren im Gefängnis wegen Insiderhandels wurde ihr Ehemann nun endlich freigelassen. Gerade erst in sein trautes Heim zurückgekehrt, setzt der jedoch alles daran, den Kontakt zu seinen ehemaligen Geschäftspartnern wieder aufzunehmen und auf ähnliche Weise sein Geld zu verdienen. Für Emily ist das Grund genug, psychisch schwer darunter zu leiden. Den Druck und Stress ihres Lebens hält sie mittlerweile kaum noch aus, wodurch sie längst regelmäßige Selbstmordgedanken hat, die sie bis zum Suizidversuch führen. Das Problem erst einmal erkannt, nimmt sich der erfolgreiche Psychiater Dr. Banks der Patientin an und hilft ihr mit seiner einfühlsamen Art. Der bekommt nämlich von seiner langjährigen Kollegin ein neues Medikament empfohlen, das auf besonders effektive Art helfen soll, jedoch mit einer Nebenwirkung verbunden ist: Schlafwandeln. Dumm nur, dass Emily unter Einfluss von Psychopharmaka plötzlich nachts ihren eigenen Mann ermordet und sich an nichts mehr erinnern kann. Das Unheil nimmt von nun an unaufhaltsam seinen Lauf…
Kritik:
Die Menschen werden vollgestopft mit Psychopharmaka. Kleinste Probleme sind für Psychologen mittlerweile Grund genug, gleich irgendwelche Pillen zu verschreiben und fast jeder kennt irgendwelche Freunde, die an psychischen Erkrankungen leiden. Nahezu sorglos und vorschnell greifen die Ärzte somit zum Rezept für die Medikamente – doch einige davon könnten schnell ungeahnte und folgenschwere Nebenwirkungen haben.
Wundermittel Psychopharmaka
Bereits seit langer Zeit wird der unverantwortliche und extrem häufige Gebrauch von Psychopharmaka von zahlreichen Experten kritisiert. Mit unzureichenden Diagnosen und selbst bei kleinsten Problemen werden Patienten unter Drogen gesetzt, um so die Symptome zu bekämpfen. Die eigentlichen Ursachen werden dabei völlig ignoriert und während sich die Medikamente häufen, um ihre Nebenwirkungen gegenseitig zu beheben, wachsen die eigentlichen Problemursachen vielen Menschen über den Kopf. „Side Effects“ kritisiert grundlegend die gehäufte Anwendung von Psychopharmaka und stellt unter Beweis, welch gefährliche Folgen dieser Missbrauch womöglich haben könnte. Tatsächlich stellt Regisseur Steven Soderbergh die entscheidende Frage auf, ob wir es bei der Behandlung nicht ein wenig zu einfach machen. Allerdings macht er es sich mit seiner Story keineswegs einfach.
Lügner: Patient
Die Story entwickelt dabei eine überaus komplexe Eigendynamik. Während die Täterin offensichtlich ihre Tat begangen hat und aller Wahrscheinlichkeit nach auf Grund von Medikamenteneinfluss nicht verurteilt werden kann, gerät ihr Psychologe unter Verdacht der fahrlässigen Tötung durch Fehldosierung seines Medikaments. Es scheint, als hätte er die Gefahren nicht korrekt erkannt und dabei selbst zugelassen, dass eine solche schlimme Tat überhaupt erst geschehen kann. Dabei soll es allerdings nicht bleiben, denn ganz so schwarz-weiß ist die Story keineswegs. Immerhin ist nicht jederzeit klar, ob es sich bei der Patientin tatsächlich um ein Opfer handelt, das die Wahrheit sagt und auch seine langjährige Kollegin spielt nicht mit offenen Karten. Daraus entwickelt sich eine Storywendung, welche „Side Effects“ die komplexeste und intelligenteste Story verleiht, die wir in letzter Zeit gesehen haben und die wahren Hintergründe lange im Verborgenen lässt. Damit ist dieser Film inhaltlich ein absoluter Geniestreich, über dessen eigentliche Wendung wir an dieser Stelle nichts verraten möchten.
Das Gesicht der Leere
Doch nicht nur Soderbergh liefert hier absolute Bestleistungen und damit die Glanzzeiten seiner Karriere. Selbst Jude Law in der Rolle des Psychiaters und vor allem Rooney Mara als vermeintlich psychisch kranke Täterin spielt ihre Rolle einfach erstklassig. Selten haben wir die Darstellung von psychischen Krankheiten so realistisch und glaubwürdig gesehen, dass wir ihr die Depressionen und Probleme ohne den geringsten Zweifel abkaufen. Fast schon gruselig und erschreckend ist da ihr emotionsloser, kalter und leerer Ausdruck, wenn sie schlafwandelnd ihren eigenen Mann ermordet – da läuft dem Zuschauer glatt ein kalter Schauer über den Rücken. Dass sie allerdings nicht nur psychisch krank ist, sondern so manche ihrer Handlungen darüber hinaus auch als Teil der Story nur vortäuscht, macht ihre schauspielerischen Leistungen zu einer Meisterleistung in der Filmgeschichte. „Side Effects“ ist ein absoluter Pflichtfilm für jeden Heimcineasten.
Fazit:
Rooney Mara als Mörderin unter Einfluss von Psychopharmaka in der Glanzrolle ihrer Karriere: Ein Geniestreich von Steven Soderbergh mit einer hochintelligenten komplexen Story, die „Side Effects“ zu einem Meisterwerk macht.