Ein bestialischer Mord in Stockholm hält ganz Schweden in Atem. Nachdem die komplette Familie eines jungen Menschen ausgerottet und brutal abgeschlachtet wurde, gibt es nur noch einen Zeugen: Der Junge selbst, der seitdem im Koma liegt und für die Polizei kaum ansprechbar ist. Jegliche weitere Anhaltspunkte lassen bei den Behörden nur weitere Rätsel aufkommen und es muss dringend eine Möglichkeit gefunden werden, den Jungen zu befragen. Kriminalkommissar Joona Linna geht dafür ungewöhnliche und umstrittene Wege: Der Hypnotiseur Erik Maria Bark ist für seine besonderen Fähigkeiten bekannt, die Erinnerungen anderer Menschen wieder zum Vorschein zu bringen. Trotz des anhaltenden Komas, soll er versuchen, Kontakt zu dem Jungen aufzunehmen und unter Hypnose wichtige Informationen über die Tat zu erfahren. Doch das birgt nicht nur zahlreiche Risiken, sondern bringt auch die Familie des Hypnotiseurs in große Gefahr…
Kritik:
Die Vorstellungen vieler Menschen von der Hypnose sind teils völlig verschieden. Sie reichen von Show-Hypnose, bis hin zum völligen Kontrollverlust. Dass Hypnose aber lediglich eine Form der Tiefenentspannung ist, die dem Patienten ermöglicht, besser auf seine Unterbewusstsein zuzugreifen, ist nur den wenigsten bekannt – doch das ermöglicht überaus interessante Behandlungsmöglichkeiten. Im schwedischen Thriller „Der Hypnotiseur“ begeben wir uns auf ungewöhnliches Terrain – ethisch sicherlich nicht unumstritten.
Hypnose im Koma
Für einen Kritiker ohne jegliche tiefergehende medizinische Kenntnisse ist die Frage sicherlich nicht leicht zu beantworten, ob die geschilderte Vorgehensweise in „Der Hypnotiseur“ tatsächlich realistisch und glaubwürdig ist. Zumindest im Falle einer generellen Ansprechbarkeit des Patienten scheint dies zumindest grundsätzlich möglich, wenn auch mit unbekannten Folgen. Gleich bei diesem Punkt macht der Streifen einen sehr großen Fehler: Er verwickelt sich selbst in Widersprüche. Patienten, die zunächst gar nicht auf normalen Wege ansprechbar sein sollen, also in keiner Weise, sollen für Hypnose zugänglich sein – ein sehr fragwürdiges Storyelement. Dennoch wird der Gedanke an einem Hypnosezustand trotz Koma sicherlich sehr interessant und faszinierend, zumindest wenn wir uns als Zuschauer auf die Gedanken- und Traumwelt des Patienten einzulassen versuchen. Die passenden, glaubwürdigen Bilder liefert „Der Hypnotiseur“ dafür regelmäßig und zeigt statt alberner Show-Hypnose ein ernsthaftes Verständnis von dieser Therapieform. Interessant für Psycho-Thriller-Fans.
Psychopathen mit Ego
Stilistisch kann „Der Hypnotiseur“ aber vollends punkten. Das liegt in erster Linie auch an den herausragenden Charakterzeichnungen, durch welche vor allem der behandelnde Hypnotiseur und auch der Kommissar überaus menschlich und natürlich erscheinen. Selbst als Arzt hat man schließlich auch seine ganz persönlichen Probleme, insbesondere in puncto Beziehung und Ehe. Damit können wir uns schnell in die Motive der Charaktere hineinversetzen und einen guten Bezug entwickeln. Unterdessen stellt man fest, dass der Thriller es vor allem auf das Ego der Protagonisten abgesehen hat. Nicht nur die oftmals egoistischen Charakterzüge, vor allem der vermeintlichen Täter, weisen darauf hin, sondern auch noch geschickte technische Spielereien. So dürfen wir den Täter auch gelegentlich aus Ego-Perspektive sehen, während er sich ganz im „Halloween“-Stil über seine Opfer her macht, während wir detailvoll jedes noch so kleine Geräusch hören. Das Knacken jeder einzelnen Stufe, das Atmen des Protagonisten und viele andere Geräusche sorgen für eine fesselnde Atmosphäre.
Klassischer Krimi
Die Story erinnert dabei aber recht schnell an viele klassische Krimiromane. Kein Wunder, basiert „Der Hypnotiseur“ schließlich auf Lars Keplers gleichnamigen Roman und sollte sich da möglichst genau an die Story halten. Das Prinzip und die Struktur ist dabei aber denkbar einfach und typisch: Ein Mord geschieht mitten in der Stadt, ein Kommissar beginnt zu ermitteln und gerät dabei selbst in Gefahr. Immerhin hat diese Variante allerdings gewisse aufregende Wendungen zu bieten und überrascht zum Ende hin dann doch auf ganzer Linie. Qualitativ dürfte das Storytelling also nicht weit hinter der „Millenium“-Trilogie zurückliegen – umso besser, denn Fans von skandinavischen Thrillern kommen hier voll auf ihre Kosten.
Fazit:
Ob wir dem Film seine „Hypnose im Koma“-Nummer abkaufen, muss jeder selbst entscheiden. Doch in handwerklich-technischem Sinne kann „Der Hypnotiseur“ ebenso gut überzeugen, wie beim Spannungsaufbau und den Charakterzeichnungen. Spannende Unterhaltung aus Schweden.