Für den damaligen amtierenden Präsidenten Abraham Lincoln war es wohl keine so gute Entscheidung, doch lieber mit seiner Frau ins Theater zu gehen. Denn ausgerechnet an diesem später so unvergessenen Abend soll er kaltblütig erschossen werden. Niemand hätte jedoch damit gerechnet, dass ausgerechnet eine Frau, Mary Surratt, als Hauptverdächtige gilt und sich gemeinsam mit mehreren Männern zum Mord am Präsidenten verschworen haben soll. Kommt es zu einer Verurteilung, so wird sie als wohl erste Frau in diesem Bundesstaate am Galgen erhängt. Der junge Anwalt Frederik Aiken nimmt es sich genau aus diesem Grund zur Aufgabe, die Frau vor Gericht zu verteidigen und ihr ein anständiges Verfahrung zu beschaffen, das ihr zusteht, wie jedem anderen Bürger des Landes auch. Dumm nur, dass auch er selbst schon bald an ihrer Unschuld zu zweifeln beginnt und zwischen Zweifeln und Gerechtigkeit hin und hergerissen wird.
Kritik:
Der schon seit langer Zeit verstorbene amerikanische Präsident Abraham Lincoln zählt wohl zu den berühmtesten Menschen Amerikas und wurde selbst auf dem Mount Rushmore in die gigantischen Felsen gemeißelt. Doch noch heute gilt seine Ermordung am Karfreitag des Jahres 1865 als eines der schrecklichsten Ereignisse in der Geschichte der USA – und das Gerichtsverfahren als sehr umstritten. Der mehrfach ausgezeichnete Robert Redford hat somit die Gelegenheit genutzt, in seiner neuesten Regiearbeit genau dieses geschichtliche Thema zu behandeln.
Todesstrafe für eine Frau
„Die Lincoln Verschwörung“ befasst sich also insbesondere mit dem Tod von Abraham Lincoln und dem anschließenden Gerichtsverfahren. Im Mittelpunkt steht dabei die berüchtigte Mary Surratt, die als erste Frau durch die Todesstrafe am Halse erhängt wurde und dessen wirkliche Schuld bis heute nicht belegt ist. Trotz strittiger Beweislage in Hinblick darauf, ob sie nun schuldig, unschuldig oder lediglich mitwissend war, gilt sie als Haupttäterin und soll die Anführerin einer Verschwörung um John Booth und seine Anhänger gewesen sein. Nun stellt sich sicherlich die Frage, ob geschichtliches Vorwissen, für einen solchen Film von Vorteil sein mag, doch das kann man erstaunlicherweise auf zweierlei Arten sehen. Sollte die Geschichte beim Zuschauer bekannt sein und ein besonderes Interesse für die US-Geschichte und insbesondere am Tod von Abraham Lincoln bestehen, so bekommt man tatsächlich auf dramatische Weise eine audiovisuellen Einblick in die Zustände des damaligen Gerichtsverfahrens und kann sich voll und ganz auf die zweifelhafte rechtliche Situation konzentrieren. Fehlen jedoch diese geschichtlichen Kenntnisse und ist das Urteil über Mary Surratt noch nicht bekannt, bleibt das Ende von „Die Lincoln Verschwörung“ bis zum Ende hin offen, da das packende Drama auf Grund seiner herausragenden schauspielerischen Leistungen kaum Anspielungen auf das Ende zulässt. Da kann man in diesem Fall also bis zum Schluss mitfiebern, ob die Frau nun tatsächlich zum Tode verurteilt wird, oder ob ihre Unschuld vielleicht gar von ihrem Anwalt bewiesen wird.
Eine juristische Zeitreise
Abschrecken würde wohl vor allem Action-Fans, dass es sich bei „Die Lincoln Verschwörung“ eben trotz dem Tod von Abraham Lincoln eben nicht um einen Actionstreifen handelt. Stattdessen bekommen wir hier ein waschechtes Gerichtsdrama zu sehen, das sich zu einem großen Teil auch in einem Gerichtssaal abspielt – ähnlich wie beispielsweise „Betty Anne Waters“. Interessant ist dabei einerseits natürlich die juristische Zeitreise, die wir hier tatsächlich ins Jahr 1865 zurücklegen, andererseits aber auch die Unklarheit in Bezug auf die Schuld. Sehr nachvollziehbar wird das Geschehnis auch für die heutige Zeit, da James McAvoy mit zeitgerechten Moralvorstellungen auftritt und die Gerechtigkeit ebenso heraus fordert, wie es ein heutiger Anwalt wohl auch tun würde. Es geht hier weniger darum, die tatsächliche Unschuld zu beweisen, oder eine Straftat zu widerlegen, sondern viel mehr darum, lediglich einen fairen Prozess vor einem Zivilgericht mit Geschworenen zu erhalten, statt lediglich mit vorab gefällten Urteilen vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Ganz klassisch sind da also die Moralvorstellungen eines Amerikaners, der Gerechtigkeit und faire Behandlung zu jedem Preis will – doch auch auf europäische Verhältnisse ist das wunderbar übertragbar. Nie weiß der Zuschauer jedoch dabei, ob die Angeklagte tatsächlich schuldig ist, da die Beweislage nicht wirklich eindeutig wird und sich die Angeklagte selbst in ein schlechtes Licht rückt, um den Zuschauer an der Nase herumzuführen. Doch ausgerechnet das, macht „Die Lincoln Verschwörung“ so spannend und mitreißend – hier wird die Entwicklung eben nicht bereits eine Stunde vorher angekündigt.
Oscar-reife Vergangenheit
Inszenatorisch macht der Film unterdessen natürlich auch alles richtig, denn die Reise ins Jahr 1865 ist durch und durch gelungen. Mit stimmungsvollen Lichteffekten, welche den Film ein wenig „düsterer“, aber auch edler erscheinen lassen, kann eine Atmosphäre der damaligen Zeit geschaffen werden. In einer solchen Umgebung können dann auch die Darsteller durch und durch überzeugen, denn angefangen bei den herausragenden passenden Kostümen, über die perfekten Leistungen, bis hin zu den damaligen Vollbärten der Juristen passt da einfach alles. Insbesondere Kevin Kline und Tom Wilkinson können sich in ihrem Look bestens sehen lassen, doch James McAvoy kann mit seinen Energien und seiner hohen Überzeugungskraft im Einsatz für das Richtige einfach jedem regelrecht die Show stehlen. Für den Zuschauer ist „Die Lincoln Verschwörung“ aber gerade deshalb besonders interessant und unterhaltsam.
Fazit:
Hervorragend inszeniertes Gerichtsdrama mit spannendem geschichtlichem Hintergrund und einer Genauigkeit bis ins letzte Detail. Ein weiteres herausragendes Werk von Robert Redford.