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    3096 Tage

    3096 Tage


    Land/Jahr:
    D 2013
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Sherry Hormann
    Darsteller:
    Antonia Campbell-Hughes
    Thure Lindhardt
    Amelia Pidgeon
    Trine Dyrholm
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Dauer:
    110 Minuten
    Kaufstart:
    5. September 2013
    Label:
    Constantin Film


    Eigentlich war die junge Natascha nur auf dem Weg zur Schule, nachdem sie durch einen Streit mit ihrer Mutter lieber beschloss, zu Fuß zu gehen. Doch diese Entscheidung soll sich zu einem schrecklichen Schicksal entwickeln: Mitten auf offener Straße wird sie am hellichten Tag von einem unbekannten Mann in den Lieferwagen gezerrt und anschließend in sein Haus verschleppt. Dort hat er längst ein zwei mal drei Meter kleines Kellerverließ gebaut, das fortan als Gefängniszelle für das junge Mädchen dienen soll. Die nächsten achteinhalb Jahre soll sie dabei fast keinerlei Sonnenlicht zu Gesicht bekommen, muss mit ständigem Nahrungsentzug und brutaler Gewalt leben. Dumm nur, dass ihr Entführer Wolfgang längst noch ganz andere Pläne hat, denn Natascha soll als ganz besondere zukünftige Ehefrau herhalten. Egal, ob sie möchte, oder nicht…

    Kritik:
    1998: Mit genau zehn Jahren wurde die damalige Schülerin Natascha Kampusch auf dem Weg zur Schule entführt. Bis heute zweifelt unter anderem ihr Vater an der wahren Beziehung zwischen ihr und dem vermeintlichen Täter. Doch ein Film, basierend auf ihrer Biografie, versucht nun, zumindest ihre Version der Wahrheit audiovisuell darzustellen.

    Ein schicksalhafter Tag
    Erschreckend sind die Ereignisse, die damals die Medienwelt, als auch ihre Familie in Atem hielten. Ein Mädchen, auf offener Straße entführt und nahezu unvorstellbar in einem winzig kleinen Kellerverließ gehalten. Zu Beginn des Films wirkt die bis dahin noch sehr junge Natascha Kampusch als reines Opfer. Ganz unschuldig wird sie entführt und aus dem Leben mit ihrer Mutter gerissen. An dieser Stelle wirken alle Darsteller noch nicht ganz glaubwürdig, denn Amelia Pidgeon ist für ihre Rolle als 10-jährige Natascha noch deutlich zu jung und der eigentliche Täter bleibt zu oberflächlich. Ein Motiv ist bisher kaum nachvollziehbar und das Verhalten während der Entführung nicht ganz so glaubwürdig. Doch Fragen kommen auf, zumal sich der Charakter des Entführers schon bald lüftet.

    Schleierhaftes Opfer
    Hier liegt die wahre Meisterleistung des Films: Die Hintergründe des Handels des Täters sind lange Zeit nicht gänzlich klar, nur Vermutungen kommen auf. Der einsame, psychisch gestörte Mann, der offensichtlich wohl nie eine echte Partnerin hatte, will wohl unbedingt eine Frau an seiner Seite. Vermeintliche pädophile Neigungen sind nicht zu verneinen, andererseits aber auch nicht deutlich zu erkennen. Er ist – trotz Gewalteskapaden und spätere Vergewaltigungen – kein reiner Täter, sondern scheint auch Opfer seiner eigenen Persönlichkeit zu sein. Kein Wunder also, dass selbst der reale Vater von Natascha bis heute an ihrer Version der Wahrheit zweifelt. Die Annäherungen in der Opfer-Täter-Beziehung sind zu offensichtlich, umso fraglicher, warum Natascha nicht flüchtet. Hauptdarstellerin Antonia Campbell-Hughes spielt ihre Rolle herausragend und beweist, dass auch Opfer keinem Schwarz-Weiß-Muster entsprechen. Emotionen und Gefühle, auch positive, scheinen gegenüber dem Täter zu entstehen und genau das wird realistisch dargestellt. Die Gefangenschaft wird zur Gewohnheit.

    Erfolg mit dem Leid
    Natürlich darf man den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte berechtigterweise anzweifeln. Seit der Flucht aus der Gefangenschaft hatte Natascha Kampbusch offensichtlich finanziellen und medialen Erfolg. Eine eigene Talkshow folgte, anschließend ihre Autobiografie, in der sie ihre Version des Tathergangs schildert. In Hinsicht auf Außenwirkung scheint sie ein gutes Leben zu haben, als sei praktisch nie etwas geschehen. Das wirft natürlich Fragen auf und Zweifler werden vermuten, dass die gesamte Entführung zu Gunsten ihres eigenen Erfolges inszeniert wurde. Zumindest aber, nutzt sie ihr eigenes vermeintliches Leid für das berufliche Voranschreiten. Fragwürdige Methoden, die nicht unbedingt auf Sympathien stoßen müssen. Zumal das mittlerweile gestörte Verhältnis zu ihrer wahren Familie gänzlich außen vorgelassen wird.

    Qual einer Magersüchtigen
    Lassen wir einmal die realen Ereignisse und Medienberichte außen vor und betrachten „3096 Tage“ als einen potentiell teilweise fiktionalen Streifen, so kommen aber dennoch reichliche Qualitäten auf. Besonders die Hauptdarstellerin Campbell-Hughes stellt die Vorteile einer Modelkarriere unter Beweis und spielt eine realistisch abgemagerte Kampbusch, die ganz glaubwürdig am Ende ihrer Kräfte zu sein scheint. Allein die Bilder ihres scheinbar magersüchtigen Äußeren können schockieren. Gleichzeitig ist auch die Story erschreckend, wenn wir miterleben müssen, wie Natascha in einem winzigen Kellerverließ gehalten wird. Die Charaktere sorgen da für einen hohen Qualitätsstandard, wenn der Täter sein Opfer gänzlich in das eigene Leben integriert. Natürlich gibt es auch wesentlich härtere Entführungsthriller, doch der gewisse Realismusgrad hat es in sich.

    Fazit:
    Basierend auf ihrer Autobiografie erzählt „3096 Tage“ auf erschreckende Weise die Entführung der Natascha Kampbusch und schockiert eher mit Story und Charakteren, als mit der Inszenierung selbst.