1917 |
Land/Jahr: USA / GB 2019 |
Genre: Kriegsfilm |
Regie: Sam Mendes |
Darsteller: George MacKay Dean-Charles Chapman Andrew Scott Benedict Cumberbatch Colin Firth Mark Strong |
FSK: ab 12 Jahren |
Dauer: 119 Minuten |
Kaufstart: 28. Mai 2020 |
Label: Universal Pictures |
Im Jahre 1917 befindet sich der Erste Weltkrieg auf seinem Höhepunkt, als sich Deutsche und Briten in Nordfrankreich belagern. Die zwei jungen britischen Soldaten Blake und Schofield bekommen inmitten dieser brenzligen Lage den Auftrag, ein Regiment aus 1600 Soldaten vor einem Hinterhalt der Deutschen zu warnen und damit den Abbruch eines Angriffs zu bewirken. Dazu haben die beiden Männer nur wenige Stunden Zeit, um sich auf einem Fußweg durch feindliches Gebiet zu schlagen. Für Blake ist die Situation dabei besonders heikel, befindet sich immerhin sein Bruder in dem Regiment, das direkt auf einen Hinterhalt zusteuert. Doch regelmäßige Feindbegegnungen und andere schwierige Hindernisse stellen die Soldaten zunehmend unter Zeitdruck…
Kritik
Regisseur Sam Mendes mag durch die Regie von „James Bond“ und „American Beauty“ schon mehr als reichlich Erfahrung gesammelt haben. Dermaßen im Fokus der Oscar-Verleihung zu stehen, wie mit seinem jüngsten Kriegsfilm „1917“ ist aber selbst für diesen Star Hollywoods eine neue Erfahrung. Immerhin ganze zehn Nominierungen erhielt sein Streifen bei den Oscars 2020, drei davon konnte er schließlich auch gewinnen. Darunter den Oscar für die „beste Kamera“, die sehr schnell besonders hervorsticht.
In Echtzeit in den Krieg
Schon in den ersten Szenen dürfte den meisten Zuschauern auffallen, dass Mendes’ neuestes Werk mit einer ganz besonderen Kameraarbeit überzeugt. Die beiden Hauptdarsteller stets im Fokus bleibt „1917“ immer in Bewegung und kommt mit einem perfekt sitzenden hohen Tempo daher. Spätestens nach zwanzig, vielleicht auch nach dreißig Minuten kommt das Publikum aus dem Staunen jedoch nicht mehr heraus: Sam Mendes ist es gelungen, einen knapp zweistündigen Spielfilm fast komplett als One-Shot-Movie zu drehen. Nur sehr wenige Schnitte tauchen hier auf, die wir an nur wenigen Fingern abzählen können. Ansonsten besteht der Film aus einzelnen unglaublich langen Szenen, die nur mit einer einzigen Kamera gedreht wurden, die mit zahlreichen Schwenks und ständiger Bewegung der beiden Darsteller und dem Geschehen folgt.
Schauspielarbeit in Perfektion
Unter normalen Umständen möchte man an dieser Stelle beinahe denken, einen solchen One-Shot-Film mit einer derartigen Perfektion zu drehen, sei nahezu unmöglich. Unfassbar dabei das Timing der Darsteller, der Effekte und vermeintlich „zufälligen“ Momente. Kommt es inmitten eines mehr als halbstündigen One-Shots dann plötzlich auch noch zu einem Flugzeugabsturz, einem Sturz in einen reißenden Fluss oder blutigen Kriegsszenen auf dem Schlachtfeld, ist es schlicht spektakulär, wie es „1917“ gelingt, dass hier jeder Einsatz, jeder Dialog, jeder Schuss und jede Position absolut sitzt. Die Hauptdarsteller George MacKay und Dean-Charles Chapman werden dabei sicherlich zwei Schauspieler sein, die aus Hollywood in nächster Zeit nicht mehr wegzudenken sind. Für Patzer und Outtakes ist bei solchen ultralangen One-Shot-Szenen schließlich keine Zeit. „1917“ liefert daher Schauspielarbeit in brillanter Perfektion.
Emotionen statt Historie
Nun hat ein solcher Drehstil natürlich Vor- und Nachteile zugleich: Einer der wesentlichen Vorteile ist die unglaubliche Nähe zu den Hauptfiguren, deren Erlebnisse wir in Echtzeit verfolgen. Mit den zahlreichen Details, mit denen das Schlachtfeld an jeder Ecke glaubwürdig inszeniert wurde, springt da auch emotional der Funke – zumal des sehr hohen Tempos des Films – schnell über. Trauer, Ängste und das Adrenalin der Protagonisten sind dabei regelrecht spürbar. Der Nachteil allerdings: Ein One-Shot-Movie bietet kaum die Möglichkeit für eine komplexe Handlung. Historische Hintergründe werden kaum behandelt, die Story bietet hier kaum politisch relevanten Stoff über den Ersten Weltkrieg. Damit ist „1917“ zwar kein Meisterwerk für Zuschauer, die auf enormen inhaltlichen Anspruch wert legen, jedoch sehr wohl ein Meisterwerk für Cineasten, die herausragende handwerkliche Arbeit zu schätzen wissen – derartige Kameraarbeit hat man so jedenfalls in der Tat noch in keinem anderen Film zu sehen bekommen.
Fazit:
Sam Mendes Oscar-Hit ist ein Meisterwerk in puncto Kameraarbeit und Handwerk. Mit seinen ultralangen One-Shot-Szenen gelingt es ihm, diese Machart des Films zu perfektionieren und mit einem unglaublichen Timing der Darsteller, Dialoge und Effekte zu brillieren und damit das Publikum mit einer unvergleichbaren Inszenierung zum Staunen zu bringen.
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