Unter der Woche ist Aron Ralston ein ganz normaler Typ, der sein Geld als Mitarbeiter eines gewöhnlichen Unternehmens verdient. Doch am Wochenende gehört er wohl zu den abenteuerlustigsten Menschen unseres Planeten. Völlig im Alleingang und ohne Kenntnis seiner Familie steigt er prompt auf sein Mountainbike und macht sich auf den Weg in die Berge. Mit dem Ziel, jeden Berg auf der Erde zu besteigen, der viertausend Meter über dem Meeresboden liegt, zögert er nicht lange, auch den Blue John Canyon in Angriff zu nehmen. Dumm nur, dass ein Erdspalt dieses Berges zur größten Herausforderung seines Lebens werden soll, als plötzlich ein Felsen auf ihn herabstürzt und seinen Arm einklemmt. Völlig aussichtslos versucht er dabei am Leben zu bleiben und sich zu befreien. Doch dies scheint völlig unmöglich…
Kritik:
Es gibt Männer, die werden doch ganz besondere Taten und Unfälle bekannt. Bergsteiger Aron Ralston ist einer von ihnen und wurde im Jahre 2003 durch eine spektakuläre Befreiungsaktion international berühmt. Als er nämlich versuchte, in einen Erdspalt des Blue John Canyon in Utah zu klettern, wurde seine Hand von einem Felsbrocken eingeklemmt und er musste tagelang ohne jegliche Hoffnung in dem Spalt ausharren. Erst durch seine international bekannte Selbstamputation seines Armes konnte er sich schließlich befreien – völlig ausgetrocknet und dem Tode nahe. Doch dieses schockierende und kaum nachvollziehbare Ereignis will uns Regisseur Danny Boyle nun bildlich zeigen.
Kammerspiel in den Canyons
Auf den ersten Blick wirkt „127 Hours“ dabei wie ein richtiges Kammerspiel, bei dem wir nur eine Person in einer kleinen, einengenden Umgebung zu sehen bekommen. Völlig aussichtslos und ohne Hoffnung kommen dabei zunächst gewisse Parallelen zum Thriller-Hit „Buried – Lebend begraben“ auf. Doch stilistisch geht dieser Film in eine völlig andere Richtung. Boyle versucht uns nämlich eher mit einer lockeren Inszenierung und tollen Bildern zu beeindrucken, sodass er sich mit atemberaubenden Canyon-Landschaften nicht zurückhält und wir somit stets einen wahren Augenschmaus zu sehen bekommen. Zudem wird Aron Ralston als ein sehr sympathischer, offener und liebevoller Charakter dargestellt, der gerne mit den Frauen flirtet und aus seinem Leben ein reines Abenteuer macht. Charakterlich mag dies sicherlich sehr passend sein, zumal er auch in der Realität nach seinem Unglück nicht mit seiner Leidenschaft aufhörte, sondern auch heute noch Berge besteigt.
Der strahlende Berg
Dass „127 Hours“ allerdings nicht in die beklemmende Richtung geht, wie es „Buried“ bestens vollbracht hatte, wird uns jedoch ziemlich schnell klar. Danny Boyle versucht es nämlich auf die etwas psychologischere Weise und will uns mit den Gedanken, Sehnsüchten und Halluzinationen von Aron schockieren und überzeugen. Das mag vom Ansatz her natürlich viel hermachen und auch eine gute Idee sein, schließlich können wir gut nachvollziehen, wie ein Mensch in dieser Situation völlig in seinen Gedanken versinkt, um den Schmerzen und die Aussichtslosigkeit zu bewältigen, ohne dabei durchzudrehen. Leider kann dabei durch die Bilder keine so starke Intensität aufkommen, wie wir dies erwartet hätten. Durch lockere Inszenierungen, die sogar eine gewisse Komik in die Halluzinationen bringen, bleibt „127 Hours“ insgesamt zu oberflächlich und bringt die Extremität der Situation nicht ausreichend zur Geltung. Wenn beklemmende Momente plötzlich mit Witz und Humor kaschiert werden, kann das einfach nicht so viele Emotionen auslösen, wie es an dieser Stelle nötig gewesen wäre und auch die Spannung leidet deutlich darunter. So kann sich durchaus auch mancher Zuschauer langweilen, bis letztendlich die brutale und blutige Finalszene ins Spiel kommt, die starke Emotionen mitbringt und wohl das Highlight des Films darstellen dürfte. Da merkt man deutlich, dass Boyle seinen Film gänzlich auf diesen Moment ausgerichtet hat und ihm damit viel Potential genommen hat.
Fazit:
„127 Hours“ bietet zwar hervorragende Ansätze und verdeutlicht die extreme psychische Situation des Bergsteigers Aron Ralston auf schockierende Weise, doch leider kann der Film nicht mit der Intensität überzeugen, die wir bei einem „Kammerspiel“ dieser Art erwartet hätten. Für ein gelungenes Finale und eine packende Handlung soll es dennoch reichen.