Mitten im 19. Jahrhundert sind die Vereinigten Staaten von Amerika tief gespalten. In den nordischen Bundesstaaten lebt die schwarze Bevölkerung längst in Freiheit, darf einer freiwilligen Arbeit nachgehen und ein ganz gewöhnliches Leben führen. Im Süden hingegen müssen die Farbigen noch immer auf all ihre Rechte verzichten und werden auf dem Sklavenmarkt an den Höchstbietenden verkauft. Der Geigenspieler Solomon Northup lebt zu dieser Zeit mit seiner Frau und den beiden Kindern in New York und gehört durchaus zu den etwas wohlhabenderen Menschen. Doch das soll sich schon bald ändern, als er eines Nachts in Washington bei einem Geigenspiel von mehreren Männern nach New Orleans verschleppt wird. Dort muss er die nächsten zwölf Jahre als Sklave verbringen, Folter und brutalste Gewalt über sich ergehen lassen und die tiefsten Demütigungen mit ansehen. Völlig ohne Dokumente und damit gänzlich rechtlos, scheint es kein Entkommen aus dieser grausamen Realität mehr zu geben…
Kritik:
Dem realen Solomon Northrup gelang es als einer der wenigen afroamerikanischen Sklaven tatsächlich nach zwölf Jahren aus der Gefangenschaft zu entkommen. Im Kampf gegen dieses grausame Unrecht, schrieb er einst eine Autobiografie und kümmerte sich mit der „Underground Railroad“ um die Flucht weiterer Sklaven in Richtung Norden. Nun hat es sich Meisterregisseur Steve McQueen zur Aufgabe gemacht, das gleichnamige Buch zu verfilmen und schafft es gar, seinen herausragenden Film mit mehreren Oscars auszeichnen zu lassen – verdient.
Der große Absturz
Das bedrückende Drama um die Sklaverei der Schwarzen fackelt dabei nicht lange herum. Ein kleiner Einblick in das anfänglich gewöhnliche Leben des Solomon Northrup dient uns als Einführung in den interessanten Charakter und verdeutlicht zugleich den großen Verlust, den die Hauptfigur schon bald durchmachen muss. Frau und Kinder warten zuhause, bald unerreichbar und fast ohne jegliche Hoffnung, wo ihr geliebter Mann und Vater wohl stecken mag. Doch in einem Land, in dem noch viele Bundesstaaten der Sklaverei treu geblieben sind, ist die Bedrohung besonders groß und so manches Mal unterschätzt. Obwohl gemäß dem Gesetz frei lebend und sich frei bewegen könnend, kann ein Farbiger doch eben keinem weißen Mann vertrauen. Sklavenhändler sehen in der Verschleppung und Entführung von Schwarzen ein leichtes Einkommen, auch wenn die Sklaverei im Herkunftsstaat längst verboten ist. Ein Schicksalsschlag für Solomon Northrup, der schon bald Peitschenhiebe erleiden muss und ohne Vergütung als Arbeitssklave gehalten wird.
Demütigungen
Was darauf folgt, macht deutlich, warum „12 Years a Slave“ verdienterweise mehrere Oscars erhalten hat. Ohne Beschönigungen und ohne Skrupel zeigt der Film das schreckliche Leben eines schwarzen Sklaven im damaligen New Orleans. Ohne die Möglichkeit, sich gegen die Gewalt und die Willkür der Sklavenhalter zu wehren, ist er schon bald schrecklichsten Demütigungen ausgesetzt. Fast im Minutentakt muss er mit ansehen, wie andere farbige Sklaven von ihrer Familie entrissen wurden und wie sie mittels versuchter Gehirnwäsche das Sklavendasein eingeredet bekommen. Den wahren Namen darf er nicht mehr behalten, sonst drohen zahlreiche Schläge und Peitschenhiebe und mittels Gewalt werden ihm grundlegende Rechte weggenommen. Chiwetel Ejiofor spielt die Hauptrolle dabei hervorragend und kann selbst echten Hollywood-Größen wie Brad Pitt und Benedict Cumberbatch damit die Show stehlen. Kaum verwunderlich also, dass auch er mit seiner glaubwürdigen Darstellung für einen Oscar als besten Hauptdarsteller nominiert wurde.
Konsequenz der Gewalt
Es scheint für den Film eine Leichtigkeit zu sein, die Emotionalität noch ein wenig auf die Spitze zu treiben. Echte Gräueltaten sorgen dafür, dass sich uns der grausame Umgang mit den Sklaven ins Gedächtnis prägt. Da werden schwarze Männer an einem Strick aufgehangen, während lachende schwarze Kinder im Hintergrund fröhlich spielen und die Kamera anschließend für mehrere Minuten ununterbrochen diese Szene festhält, bis auch der letzte hartgesottene Zuschauer von der Szene überwältigt ist. Einer anderen weiblichen Sklavin wird vor Eifersucht eine Whiskey-Glasflasche mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen, bevor sie vor Schmerzen schreiend nackt an einem Pfahl ausgepeitscht wird. Ein anderer muss den schrecklichen Tod durch Arbeit auf dem Feld erleiden, weil ihm schlicht notwendiges Wasser und Nahrung verweigert wird. Das alles sind Szenen, die „12 Years a Slave“ in besonderem Maße ausmachen und die absolut jeden Zuschauer berühren werden. Und das keineswegs in übertreibendem Maße, denn das Drama ist kein Actionfilm, sondern ein hochrealistischer und glaubwürdiger Sklavenfilm, der lediglich wahre Bedingungen der Sklavenhaltung aufzeigt, ohne auch nur die geringste Kleinigkeit zu verschönern. Konsequent bis zur letzten Minute.
Vielfalt der Sklavenhalter
Das allein macht allerdings noch keinen solch herausragenden Film aus, denn „12 Years a Slave“ besteht nicht nur aus Gewalt und Gräueltaten. Es ist auch die ständige bedrohliche Atmospäre, die durch den manipulativen Psychoterror der Sklavenhalter in jeder Sekunde ausgelöst wird. Völlig unklar ist da, wem ein Sklave vertrauen kann, welcher Halter ihm trotz gespielter Güte friedlich gesinnt ist und wie sie sich allein gegenüber skrupellosen Aufsehern verteidigen sollen. Ist der friedliche Master einmal nicht da, kann es schnell zur Gewalteskalation und Folter kommen. Doch noch schlimmer, wenn der nächste Sklavenhalter ein wenig brutaler und rassistischer gesinnt ist. In der Hinsicht liefert vor allem Benedict Cumberbatch hervorragende Leistungen ab, der immer wieder seine manipulativen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Kaum zu erahnen ist da, ob er ebenso Rassist, lediglich Mitläufer oder gar mitfühlender gemäßigter Sklavenhalter ist. Undurchschaubar sein Charakter. Ganz anders Michael Fassbender, der mit Wutausbrüchen, Gewalteskalationen und fanatischem Gottesglauben zu einer tickenden Zeitbombe für jeden Schwarzen wird – dabei allerdings vollends mitreißt und in seinen schauspielerischen Bestleistungen begeistert. Dieser Mann hat im Zusammenspiel mit Chiwetel Ejiofor eine wahnsinnige Wucht, die „12 Years a Slave“ zu einem der besten Filme des Jahres macht.
Fazit:
Mit beeindruckenden schauspielerischen Leistungen und einer ungeschönt skrupellosen Darstellung der damaligen Sklavenhaltung im Süden von Amerika überzeugt „12 Years a Slave“ in absolut jedem Detail ausnahmslos und wird damit zum Pflichtprogramm für jeden Filmliebhaber.