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    Carlos – Der Schakal

    Carlos – Der Schakal


    Land/Jahr:
    D / F 2010
    Genre:
    Drama / Biografie
    Regie:
    Olivier Assayas
    Darsteller:
    Edgar Ramirez
    Nora von Waldstätten
    Alexander Scheer
    Christoph Bach
    Julia Hummer
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Dauer:
    330 Minuten
    Kaufstart:
    27. Mai 2011
    Label:
    NFP


    Er ist mehr, als nur ein gewöhnlicher Mann: Ilich Ramirez Sánchez alias Carlos ist Revolutionär, Söldner und Terrorist. Er hat nur ein Ziel: Den Kampf gegen den Kapitalismus. Um dieses Ziel jedoch zu erreichen, ist ihm jedes Mittel recht. Er reist um die gesamte Welt, baut sich dort ein riesiges Team von Gefolgsleuten auf und ist selbst für die größten Anschläge unserer Geschichte verantwortlich. Geschickt schafft er es, die Politiker unseres Planeten an der Nase herumzuführen, Frauen gehörig zu machen und dank Schweizer Konten zu einem der reichsten Männer der Welt zu werden. Selbst den Angriff auf das OPEC-Hauptquartier in Wien, bei dem er mit 42 Geiseln mittels Flugzeug nach Algier flog, um den Imperialismus zu bekämpfen und seine Forderungen durchzusetzen, war er beteiligt. Dumm nur, dass seine Fähigkeiten mit der Zeit nachlassen sollen und auch er früher oder später zur Rechenschaft gezogen wird…

    Kritik:
    So mancher regelmäßiger Leser des „Virtual DVD Magazine“ wird sich wohl in den letzten Tagen gefragt haben, weshalb wir momentan so wenig Reviews veröffentlichen. Der Grund hierfür hat einen kurzen und simplen Namen: „Carlos – Der Schakal“. Mit diesem erstklassigen Terrorismus-Thriller voller politischer Ideologien haben wir nun endlich die Möglichkeit erlangt, den Machenschaften des berühmten Ilich Ramirez Sanchez audiovisuell auf die Schliche zu kommen. Dabei haben wir es allerdings auch gleich mit einem richtigen Brocken zu tun bekommen, denn der Director’s Cut des Films dauert mehr als fünf Stunden.

    Terrorismus für die gute Sache
    Wer dennoch das nötige Sitzfleisch mitbringt und sich diesen Streifen ansehen möchte, dem sei dies allerdings dringend empfohlen, insbesondere wenn ein politisches Interesse durchaus gegeben ist. „Carlos – Der Schakal“ bezieht sich nämlich ausschließlich auf den Kampf von Ilich Ramirez Sanchez gegen den imperalistischen Kapitalismus. Da dürfen wir uns also auf die interessanten politischen Verstrickungen zwischen den Staaten unserer Welt gefasst machen, aber zugleich auch den Terror eines muslimischen palästinensischen Kämpfers beobachten. So wird uns „Carlos“ sicherlich eines Besseren belehren, wenn wir seit Che Guevara dachten, Guerilla-Aktionen wären nur im tiefen Dschungel möglich. Stattdessen bekommen wir nämlich knallharte Aktionen mitten in europäischen Städten zu sehen, die auf den ersten Blick den Eindruck machen, unsere Gesellschaft zu bedrohen und den deutschen Medien entsprungen zu sein. Doch Edgar Ramirez schafft es mit seinen hervorragenden Leistungen, diesen Terroristen als sympathische Charakterfigur darzustellen, die verletzlich ist und selbst starke Gefühle an den Tag legt. Die Biografie ist somit also aus charakterlicher Sicht bereits bestens gelungen.

    Die Panzerfaust am Flughafen
    Natürlich soll bei einem solchen Film auch die Action nicht zu kurz kommen, sodass wir zahlreiche hochdramatische Szenen zu sehen bekommen. „Carlos – Der Schakal“ schreckt dabei allerdings auch vor keiner Szene zurück und behandelt so ziemlich jedes Attentat, das Carlos und seine Gefolgsleute verübt haben. Angefangen bei einem Attentat auf eine Bank, über die Entführung der OPEC-Mitglieder, bis hin zu diversen Panzerfaust-Angriffen auf einen Flughafen, bekommen wir dabei alles zu sehen. Dies verdeutlich einmal mehr, dass nicht nur Al Kaida-Terroristen in der Lage sind, derartige Taten zu verüben. Hochspannung soll so natürlich umso mehr aufkommen, sodass wir diese insbesondere in der Mitte des Filmes zum Höhepunkt zu sehen bekommen. Spätestens wenn es mit der ungeeigneten Flugmaschine mittels mehreren Zwischenstopps und etlichen Geiseln in ein fremdes Land geht, dürften wir ziemlich mitfiebern.

    Terroristen – Die Freunde von Nebenan
    Verwunderlich ist dabei allerdings, dass die positive Charakterdarstellung des Terroristen bisher auf so wenig Kritik gestoßen ist. Fast jederzeit fällt die Inszenierung daher zu Gunsten von Carlos aus, sodass wir als Zuschauer stets auf seiner Seite stehen und beinahe hoffen, er könne seine Taten zum Erfolg bringen. Lediglich sein Umgang mit Frauen bringt ein wenig Farbe in seine Charakterdarstellung und zeigt ihn gelegentlich durchaus auch von einer schlechten Seite. Doch ansonsten, selbst dann, wenn er seine eigenen Gefolgsleute hinrichtet, wirkt er, wie ein disziplinierter und zielstrebiger Mann. Ein klassisches Vorbild ohne Antipathien also. Wer nun jedoch denkt, die Darstellung wäre nicht vielseitig genug, wird auch gleich eines Besseren belehrt, wenn wir feststellen, dass es besonders die natürliche Darstellung ist, die seine Rolle ausmacht. Letztendlich zeigt sich Carlos immer wieder so, wie er eigentlich ist: Skrupellos und ohne Scham. Dabei wird so sehr auf detaillierte Natürlichkeit geachtet, dass selbst Nacktszenen mit männlichen Geschlechtsteilen zu sehen sind – und das dürfte wahrlich eine Seltenheit in der Filmbranche sein.

    Disziplin wird zur Hektik
    Schade ist allerdings, dass „Carlos – Der Schakal“ bei einer so gewaltigen Story, gelungenen Charakterzeichnungen und vielen weiteren positiven Aspekten handwerklich nicht immer alles richtig macht. Besonders zu Beginn des Films stellen sich Actionszenen und Schießereien oftmals als zu hektisch und verwackelt heraus. Bei dem Angriff auf eine Bank wirken viele Szenen daher unkoordiniert, sodass der Zuschauer gerne einmal den Überblick verlieren kann. Das passt natürlich so gar nicht zu einem hochdisziplinierten Kämpfer, der grundsätzlich weiß, wo es lang geht. Weitere Probleme tauchen dann im späteren Verlauf auf, wenn der Film trotz seiner hohen Laufzeit zu kurz zum Abschluss geführt wird und uns mit schnellen Standortwechseln ein wenig verwirren mag. Durch derartige Kleinigkeiten mag es hin und wieder passieren, dass der Zuschauer etwas aus dem Konzept und somit aus dem Geschehen herausgerissen wird. Doch hierfür könnte es möglicherweise Abhilfe durch die ebenfalls beiliegende, kürzere Kinofassung geben. Allen, die sich den Director’s Cut mit extremer Überlänge zutrauen, dürfen sich aber dennoch auf einen auch handwerklich perfekten und spannenden Höhepunkt bei der Entführung der OPEC-Mitglieder freuen. Insofern können wir für „Carlos – Der Schakal“ angesichts der enormen positiven Kritikpunkte eine klare Empfehlung aussprechen und da niemals größere Längen entstehen, sollte sich kein Zuschauer von der langen Laufzeit abschrecken lassen.

    Fazit:
    Die erstklassige Biografie über einen der gefährlichsten und erfolgreichsten Terroristen der Geschichte besticht mit einer besonders natürlichen Charakterdarstellung, hochspannenden Actionszenen und einer enorm umfangreichen politischen Story.