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Grausame Töchter: Ein Gothic-Electropunk-Konzert mit BDSM und viel nackte Haut
Fiddle Festival Vol. 2 in Bonn: Ein Abend, drei Bands, viele Geigen

Archiv fürJanuar, 2023


12
Jan

Grausame Töchter: Ein Gothic-Electropunk-Konzert mit BDSM und viel nackte Haut

Es ist der 7. Januar 2023 und die Location, die wir an diesem Abend betreten, würde so mancher deutsche Krimi vermutlich als “exotisches Milieu” bezeichnen. Der Anblick für den einen verstörend, für den anderen umso faszinierender: Das Helvete in Oberhausen, wo an diesem Abend ein Konzert der ganz besonderen Art stattfinden sollte, erinnert an eine Unterwelt-Bar aus einer Vampirserie. Die Kneipe in der oberen Etage im gruseligen roten Licht beleuchtet, an der Decke zahlreiche Lampen in der Form eines Pentagramm und in der Mitte ziert der 2 Meter große Minotaurus die Bar, an denen Kellnerinnen im Gothic-Look das Bier ausschenken. Der eigentlich spannende Part dieses Abends sollte allerdings im Keller dieser außergewöhnlichen Metal-Kneipe stattfinden: Dort findet sich die kleine Konzerthalle für etwa 200 – 300 Besucher. Und so intim, wie dieses Ambiente, so intim war auch das Konzert an diesem Abend: Wir haben uns nämlich ein BDSM-Konzert angesehen – und waren begeistert. Ein Erfahrungsbericht:

Grausame Töchter @ Helvete

Nach dem etwa einstündigen Support von Twins in Fear, die als Zwillinge auftreten und zwei Mal die exakt gleiche Gesangsstimme im Duett zu bieten haben (was schon faszinierend genug ist), kündigte ein etwas zehnminütiger Countdown den Main-Act dieses Abends an: Die Grausamen Töchter. Eine Band aus drei bis vier Frauen, die eine Mischung aus Gothic, Electropunk und anderen harten Klängen zu bieten haben. Ein Mainstream-Publikum wäre vermutlich schon bei dessen Gang auf die Bühne ins Staunen gekommen: Die Damen rund um Frontfrau Aranea Peel steigen in knappen Gothic-Erotik-Outfits auf die Bühne, ihre Brüste nur mit kleinen Aufklebern bedeckt. Freizügig wird es hier schon in der ersten Minute. Und das passt zu den schlüpfrigen Texten, zu denen etwa auch der Song “Fickmaschine” gehört. Das eigentlich Faszinierende allerdings dabei: Ein Blick in die Zuschauermenge offenbart, dass sich hier noch keine Miene rührt. Für die Fans von Grausame Töchter, oder gar den Goth im Allgemeinen, scheint dieser Anblick eher Normalität zu bedeuten.

So ist es dann natürlich auch möglich, dass die Band im Laufe ihres Konzertes noch einige Nummern krasser wird: Ein paar Songs später zieht schließlich die Gitarristin blank. Splitternackt taucht sie auf der Bühne auf und lässt sich von ihren weiblichen Bandkollegen auspeitschen, den nackten Hintern willig in die Höhe gereckt. Danach darf Model Elsi Spring ihren Mut unter Beweis stellen: Gleich die nächste völlig nackte Frau kommt auf die Bühne. Und sie verschwindet nicht mehr, denn Elsi wird zu einer Art Deko auf der Bühne und bleibt mindestens eine ganze Stunde splitternackt dort stehen. Sie wird zur Sklavin der Band, darf (oder muss) sich von den BSDM-Ladies um sie herum benutzen lassen. Ob ein Griff an die Genitalien, oder das gewaltsame Abfüllen mit Wodka – Elsi Spring muss hier einiges über sich ergehen lassen und scheint daran sogar ziemlichen Spaß zu haben.

Grausame Töchter @ Helvete

Doch die Grausamen Töchter machen, obwohl sie ziemlich versaute Tätigkeiten andeuten, keine Pornografie. Trotz seines BDSM-Anteils ist dieses Konzert eine Form von Kunst, die Songs folgen einem interessanten Konzept der Provokation. Der Song “Ich darf das”, in dem Sängerin Aranea Peel zahlreiche nicht gesellschaftskonforme Dinge aufzählt, die man eigentlich nicht darf, die Band aber dann doch gerne macht, verdeutlicht den gewollten Tabubruch. Es geht um sexuelle Selbstbestimmung, die Akzeptanz von Praktiken außerhalb des Mainstreams, Freiheit und Andersartigkeit. Und dass das Publikum aus der schwarzen Szene, das hier vor der Bühne steht, auch ein bisschen anders ist, zeigt sich spätestens dann, wenn sie interaktiv mitmachen dürfen: Die Grausamen Töchter packen da auch schon einmal riesige Spritzen mit (hoffentlich künstlichem) Sperma aus und feuern dieses auf das Publikum ab. Normale Menschen wäre da jetzt angeekelt, der Goth hingegen reißt sehnsüchtig seinen Mund auf und kann es gar nicht abwarten, die süße Flüssigkeit doch endlich schlucken zu dürfen. Ganz ohne Zweifel: Ein Konzert der Grausamen Töchter ist ein besonderes Erlebnis. Eines, für das das Publikum eine Offenheit für Dinge abseits gesellschaftlicher Konventionen braucht. Bringt man diese mit, wird dieses Konzert aber womöglich ein unvergessliches.


01
Jan

Fiddle Festival Vol. 2 in Bonn: Ein Abend, drei Bands, viele Geigen

Geige, Violine, Fiedel, oder auch einfach englisch: Fiddle – eigentlich allesamt das gleiche Instrument. Bei vielen Musikfreunden hat sich doch völlig unberechtigt den Ruf, ein eher langweiliges Instrument zu sein. Wie abwechslungsreich man sie spielen kann, zeigte hingegen bereits im vergangenen Jahr die erste Auflage des Fiddle Festival in der Harmonie Bonn. Das Konzept: An einem einzelnen Abend sollten drei verschiedene Bands bzw. Künstler auf der Bühne stehen, die verschiedenste Stil- und Musikrichtungen präsentierten – natürlich allesamt vordergründig mit einer Geige gespielt. Nun geht das Event mit einigen hundert Besuchern in die nächste Runde: Drei neue Bands beweisen ihr Können mit dem Streichinstrument und heizen am 12. März 2022 wieder das Publikum ein.

Fiddle Festival
Foto: Das Fiddle Festival im Jahr 2022

Mit dabei ist unter anderem Andrew Cadie aus Newcastle, der sich hierzulande bereits mit den “Broom Bezzums” einen Namen gemacht hat. Auf dem Fiddle Festival haben Besucher nun aber die ungewöhnliche Gelegenheit, den Künstler solo zu erleben – mit seiner unbegleiteten Geige. Wie schon Johannes Epremian im Vorjahr möchte er damit beweisen, dass auch eine einzelne Geige allein bereits mitreißenden Sound produzieren kann. Direkt danach spielen Palm Bay Frost, dessen Namen eigentlich wenig mit Frost an einer Palmenbucht zu tun hat, sondern die Nachnamen der drei Bandmitglieder abbildet. Neben Simon Bay und Hartmut Frost, gehört auch Sabrina Palm, die sonst auch gerne mit “Le Clou”-Bandmitglied Steve Crawford auf Tour ist, zur Band. Gespielt wird Folkmusic aus Schottland, Irland und den USA.

Bis es dann mit dem Sebastian Reimann Quartett noch ein bisschen abwechslungsreicher wird. Auch diese Band lässt die Geige zwar im Mittelpunkt stehen, hat mit Piano, Gitarre und Bass aber doch noch das übliche Bandaufgebot zu bieten. Inspiriert von Jazz-Violinist Stéphane Grappellis gibt es einen beeindruckenden Mix aus Gypsy Swing, Walzer, Kinomusik und anderen spannenden Genres, bevor sich zum fulminanten Finale noch einmal alle Künstler des Abends zu gemeinsamen Stücken auf der Bühne vereinen. Los geht es am 12. März 2022 um 19 Uhr. Tickets gibt es für 22 Euro unter harmonie-bonn.de.