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Mafia: Definitive Edition
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Archiv fürNovember, 2020


20
Nov

Mafia: Definitive Edition

Diesen Arbeitstag hatte sich Taxifahrer Tommy Angelo definitiv ganz anders vorgestellt: Mit vorgehaltener Waffe steigen plötzlich die beiden Mafiosi Paulie und Sam zu, die nach einem Hinterhalt vor der gegnerischen Familie Morello flüchten. Mit einer gefährlichen Verfolgungsjagd die beiden Gangster gerettet, wird kurzerhand Mafiaboss Salieri auf den hervorragenden Fahrer aufmerksam. Und zur „Familie“ kann man natürlich nicht nein sagen: Inmitten der Weltwirtschaftskrise und katastrophalen beruflichen Aussichten steckt Tommy Angelo prompt mitten drin im Mafia-Business und verbringt seinen Alltag damit, Schutzgelder einzutreiben und die Feinde auszurauben. Doch dabei soll es nicht bleiben: Die richtig großen Geschäfte sind einfach zu verlockend und schon bald steht das Leben von Tommy Angelo und seiner Familie auf dem Spiel…

Kritik:
Nachdem im Jahre 2002 das Open World-Actionspiel „Mafia“ erschien, revolutionierte es das Genre. Bis heute gilt die Krimigeschichte um den Mafia-Einsteiger Tommy Angelo als eines der besten Spiele aller Zeiten. 18 Jahre später sollen nun jüngere Spieler und jene, denen die Reihe einst ans Herz gewachsen ist, nochmal auf ihre Kosten kommen: „Mafia: Definitive Edition“ ist nicht einfach ein Remaster, sondern ein technisch komplett neu gestaltetes Remake des originalen Spiels. Und dennoch bleibt die Story dabei fast komplett identisch.

Mafia: Definitive Edition

Willkommen im Jahre 1930
Die älteren Fans des damaligen Mafia-Spiels dürften sich jedenfalls sehr schnell zurecht finden. Auch dieses Mal geht es um Tommy Angelo, der sich plötzlich inmitten der Mafia wiederfindet und so manchen „dreckigen Job“ für seinen Don übernimmt. Und auch dieses Mal dürfen wir wieder ins wunderschöne Amerika der 30er Jahre eintauchen. Das Remake hat die damalige Map nämlich komplett übernommen und deutlich aufgehübscht exakt so wieder umgesetzt: Mit einem optischen Mix aus New York, Chicago und San Francisco entführt uns „Mafia: Definitive Edition“ nämlich endlich wieder in das fiktive Lost Heaven, wo sich große Mafia-Familien gegenseitig bekämpfen und zum Teil sogar die Polizei gekauft haben. Doch eines ist klar: Diese Geschichte wird nicht gut ausgehen, denn die Rahmenhandlung wird von einem Blick in die Zukunft erzählt, in dem Tommy Angelo einen Deal mit einem Ermittler eingehen möchte.

Vom Rennfahrer zum Mörder
Bis es soweit ist, bekommen wir wie damals einen spannenden Krimi mit abwechslungsreichem Missionsdesign geboten. Mal dürfen wir einfache Jobs übernehmen, in dem wir Schmuggelware beschaffen oder ein Schutzgeld erpressen. Später kommen Morde hinzu, die Infiltration feindlicher Lagerhallen, waghalsige Autorennen auf der Rennstrecke oder auch die Ermordung von Politikern mit einem Scharfschützengewehr. Obwohl „Mafia: Definitive Edition“, wie auch das Original, praktisch auf jegliche Nebenmissionen verzichtet und trotz der offenen Welt recht linear seine Hauptstory verfolgt, bleiben die Missionen stets so abwechslungsreich, dass kein Auftrag dem anderen gleicht. Das passt gut zur Grundhandlung, denn Tommy Angelo kann hier nicht einfach im Alleingang seine eigenen Ziele verfolgen, sondern muss sich den Befehlen seines Bosses beugen. Da hätten Nebenquests kaum dazu gepasst und statt die Handlung des Spiels mit belanglosen Nebenaufgaben zu füllen, kann man da auch klassisch beim Stil des Originals bleiben.

Mafia: Definitive Edition

Gameplay der alten Schule
Gerade deshalb kann „Mafia: Definitive Edition“ aber an manchen Stellen durchaus etwas altbacken erscheinen, denn das vorhandene Gameplay mag – wenn man das Spiel allein betrachten würde, ohne auf das Original zu blicken – dem heutigen Standard nicht mehr so richtig entsprechen. Das macht sich vor allem daran bemerkbar, dass das Remake weiterhin mit recht wenigen Interaktionsmöglichkeiten auskommt. Die Spielwelt bleibt nämlich auch dieses Mal nur Kulisse, durch die wir uns frei bewegen können. Zu tun gibt es da aber eher wenig: An den Hot Dog-Ständen stehen keinerlei Verkäufer, es gibt keine geöffneten Läden, man kann nichts kaufen, niemanden in der freien Welt ansprechen und auch sonst für heutige Verhältnisse wenig tun. Das ändert nichts daran, dass die wunderhübschen Häuser von Lost Heaven trotzdem ihre Atmosphäre entfalten, doch hinsichtlich des Gameplays erwarten Spieler von modernen Spielen wie GTA oder Watch Dogs vielleicht etwas anderes.

Hübsch, bis auf Ausnahmen
Auch techisch macht sich die Vorlage des Remakes hin und wieder bemerkbar. Während vor allem die Stadt mit ihren tollen Lichteffekten sehr eindrucksvoll wirkt und die Gesichter in den Zwischensequenzen sehr detailreich aussehen, gibt es vereinzelt jedoch dann doch die Momente, in denen uns schmerzlich bewusst wird, wie wenig Polygone die einstigen Figuren doch hatten oder wie schwammig die Texturen einmal gewesen sind. Solche Szenen, in denen deutlich durchscheint, dass es sich um ein Remake eines grafisch veralteten Spiels handelt, gibt es zum Glück nur recht selten, während wir in den meisten Momenten von der starken Aufhübschung ein wenig „geflasht“ sind. Verschmerzen kann man das sicherlich, erst recht als langjähriger Fan des Originals, hier und da hätten die Entwickler aber ein bisschen weniger schlampen können.

Liebe unter Mafiosi
Das allerdings verdeutlicht womöglich auch, wie sehr die Entwickler am Stil des Originals festhalten wollten, ohne Story und Gameplay grundlegend zu verändern. Den Fan erfreut es und zugleich dürften sich über vereinzelte inhaltliche Veränderungen dann doch die Geister scheiden. Gelegentlich hat Hangar 13 dann nämlich doch ein paar Veränderungen bzw. Modernisierungen vorgenommen, die sich vor allem in den Zwischensequenzen auswirken. Zu Beginn des Spiels kommt etwa nicht Tommy Angelo zum Ermittler, sondern der Ermittler betritt den Diner, in dem Tommy Angelo den Beamten schon sehnsüchtig erwartet. Hier und da wirkt sich das dann auch im Missionsdesign aus: Manche Mafia-Aufträge wurden verkürzt, dafür die Geschichte um Tommys Frau ein wenig erweitert, um den Charakter tiefer zu machen. Das gefällt nicht jedem, macht aber insgesamt einen stimmigen Eindruck und sorgt dafür, dass auch Kenner des Originals noch ein paar Neuheiten zu sehen bekommen.

Mafia: Definitive Edition

Experiment Oldschool
Insofern ist „Mafia: Definitive Edition“ auch ein äußerst interessantes Experiment: Machen Spiele mit damaligen Spielmechaniken immer noch Spaß, oder müssen all die modernen „Features“ wie Herausforderungen, Looting, Interaktionen mit NPCs und der gleichen zwingend sein? Das Remake gibt darauf die erstaunlich klare Antwort, dass ein herausragendes Spiel, wie es vor fast zwanzig Jahren einmal war, noch immer weitaus besser unterhalten kann, als so manch moderner Titel. Und es beweist damit, dass weniger manchmal mehr ist: Denn während andere Remakes mit jenen neuen Features scheitern, punktet „Mafia: Definitive Edition“ gerade damit, dass es die richtigen Dinge erneuert. Grafisch aufhübschen, die Story noch etwas optimieren, wie bei einem „Director’s Cut“ – das Gameplay und die Spielmechanik aber exakt aus dem Vorgänger übernehmen. Das macht aus dem Remake ein in sich abgerundetes, unterhaltsames Werk, das den enorm großen Fußstapfen des Originals mehr als gerecht wird.

Fazit:
Das Remake zum legendären ersten „Mafia“-Spiel aus dem Jahre 2002 punktet mit bemerkenswert aufgehübschter Grafik und einigen durchaus gelungenen Anpassungen der Geschichte. Durch die Beibehaltung des klassischen Gameplays wird daraus ein abgerundetes Spiel, das Fans des Originals begeistert.

Mafia: Definitive Edition Wertung


18
Nov

TramSim

In normalen Zeiten ist das Verkehrsaufkommen in Wien ausgesprochen hoch. In der österreichischen Hauptstadt gehört Straßenbahn Linie 1 zu den wichtigsten Verbindungen der Stadt, die zahlreiche Einheimische und Touristen an zentrale Orte bringt. Vorbei an zahlreichen Sehenswürdigkeiten, kulturellen Einrichtungen und sogar dem österreichischen Parlament würde sich die Strecke sogar beinahe für eine kleine Stadtrundfahrt eignen. Für Fahrer hingegen kann die Fahrt zu einer echten Herausforderung werden: Mit überfüllten Bahnen zu den Stoßzeiten und so manch schwieriger Verkehrssituation kommt im Führerstand des Flexity keine Langeweile auf. Werden wir es trotzdem schaffen, die Fahrgäste pünktlich ans Ziel zu bringen?

Kritik:
Das Interesse am Simulationsgenre ist seit vielen Jahren ungebrochen, obwohl sich so mancher Außenstehende fragen mag, was die Spieler so sehr daran reizt, mit einem Zug von A nach B zu fahren, oder Gemüse auf einem Feld zu ernten. Vor allem Eisenbahnsimulationen erfreuen sich dabei besonderer Beliebtheit und so gab es deshalb auch schon so einige Versuche, auch die Simulation von Straßenbahnen umzusetzen. Passende Strecken-Addons etwa für den Train Simulator von Dovetail wurden dem technischen Aspekt dieser speziellen Fahrzeuge aber nie wirklich gerecht und die Konkurrenz, der LOTUS-Simulator enttäuscht auf Steam mit eher negativen Bewertungen. Mit „TramSim“ ist deshalb nun endlich eine Hoffnung auf dem Markt der Straßenbahn-Simulationen erschienen, die den Ansprüchen der virtuellen Tram-Fahrer womöglich gerecht werden könnte.

TramSim

Das virtuelle Wien
Der erste Eindruck ist jedenfalls mehr als vielversprechend: Mit einer Grafik, die für das Simulationsgenre außergewöhnlich gut erscheint und es dabei qualitativ durchaus mit der aktuellen Referenz „Train Sim World“ aufnehmen könnte, entführt uns „TramSim“ in die österreichische Hauptstadt Wien. Dort wird auf 25 Kilometern Länge die komplette Fahrstrecke der Straßenbahn Linie 1 nachgebaut und simuliert. Und das so detailgetreu, dass so mancher Wiener Einheimische wohl sagen würde, dass er seine Heimat hier tatsächlich wiedererkennt. Die Straßenführung hält sich recht akkurat an das reale Vorbild, jede Sehenswürdigkeit wurde eingebaut und auch besondere Situationen immer wieder berücksichtigt. Die hübsche Altstadt sorgt dabei für einen kleinen Augenschmaus, während vor allem der Streckenabschnitt rund ums Parlament und die Börse mit einem bemerkenswerten Detailgrad punktet. Das ist für Nicht-Österreicher fast ein wenig wie Urlaub.

Herausforderung auf der Straße
Spannend bleibt das Spiel dabei durchaus: Obwohl wir nur einen Streckenverlauf geboten bekommen, den wir in beide Richtungen abfahren können, gestaltet es sich gar nicht immer so einfach, pünktlich zu bleiben. Auf den Punkt genau müssen wir unsere Straßenbahn an der Haltestelle zum Stehen bringen, sonst gibt es weniger Punkte und der Einstieg dauert wesentlich länger. Doch vor allem die realistischen Straßensituationen machen den Spielspaß aus: Da muss die Straßenbahn auch schonmal quer über die Kreuzung einer Hauptverkehrsstraße, der Spieler die Signale auf Sicht fahrend beachten und sogar die Straßenseite muss auch einmal komplett gewechselt werden. Zusätzliche Abwechslung kommt außerdem durch einen unterirdischen Abschnitt zustande, bei dem wir mehrere Haltestellen durch Tunnel anfahren müssen – und dabei auch andere Signalanlagen zu sehen bekommen.

Lebensmüde Fußgänger
Schade bleibt an der Stelle, dass sich die KI-Fahrzeuge und die NPCs nicht immer glaubwürdig verhalten, was den Spielspaß manches Mal ein bisschen trübt. Die Autos mögen zwar meistens eine recht realistische Fahrweise verfolgen, reagieren aber nicht immer korrekt auf unsere Straßenbahn. Ein lautes Klingeln, das Autofahrer in der Realität auf die Straßenbahn aufmerksam machen würde, wird in „TramSim“ leider zu häufig von den anderen Verkehrsteilnehmern nicht beachtet, was zu Unfällen führt, die im echten Leben wohl so nicht vorkommen würden. Auch die NPC-Fußgänger verhalten sich mitunter recht dumm und laufen gerne lebensmüde über die Straße. Wenn ein Fußgänger trotz mehrfachem lautem Signal immer noch stur auf der Strecke stehen bleibt, ist das dann tatsächlich ärgerlich. Dafür allerdings kann dieses Chaos auch die Herausforderung erhöhen und für glaubwürdige Gefahrensituationen sorgen: Etwa, wenn Fußgänger an einem Umsteigeplatz einfach blind über die Straße laufen – so ergeht es echten Straßenbahnfahrern in der Realität wahrscheinlich auch.

TramSim

Die bekannte Stimme aus der Straßenbahn
Gelungen ist hingegen umso mehr die detaillierte Simulation der Straßenbahn, die Fans des Genres wohl die meiste Freude bereiten wird. Nahezu jeder Knopf in unsrem Führerstand ist schließlich bedienbar. Das gilt sogar für Live-Kamerabilder aus dem Einstiegsbereich, die wir beim Halten an einer Haltestelle verfolgen können. Auch die Türsteuerung lässt sich manuell ein- und ausschalten, wie dies in einer echten Straßenbahn der Fall ist. Und besonders gefallen werden vermutlich die realen Haltestellenansagen während der Fahrt, die so von der originalen Wiener Straßenbahn übernommen wurden. Schade: Die Funktionalität zum Weiter- oder Zurückschalten der Ansage wurde leider nicht eingebaut. Aktiviert man einen Fahrplan daher zu spät, führt dies leider zu dem Problem, dass die Ansagen auf der gesamten Fahrt hinterher hinken. Da sollte noch nachgebessert werden.

Überschaubarer Umfang
Ob „TramSim“ obendrein Langzeitspaß bietet, darüber darf man sich aktuell noch streiten. Der Umfang des Spiels ist schließlich noch zu gering, um den Spieler dauerhaft am Ball zu halten. Mit nur einer einzigen Strecke und einer einzigen Linie reicht die Abwechslung einfach nicht aus. Da dürfte schnell der Moment eintreten, an dem das ständige Wiederholen der gleichen Fahrt auf Langeweile stößt. Leider wird nämlich auch nur ein einziges Fahrzeug mit einem einzigen Repaint mitgeliefert, nämlich der Flexity in klassischer rot-weißer Lackierung. Das ein oder andere ältere Straßenbahn-Fahrzeug wäre hier wünschenswert gewesen. Zumal eben auch Szenarien praktisch nicht vorhanden sind: Wir können hier lediglich nach Fahrplan fahren. Besondere Szenarien mit Baustellen, Umleitungen, besonderen Verzögerungen und anderen unvorhergesehenen Ereignissen, wie es sie etwa beim „Train Simulator“ gibt, suchen wir leider vergebens.

Kurzweilige Challenges
Dafür halten uns immerhin die „Challenges“ bei Laune. Darin kann man sich in einem Wettbewerb mit anderen Spielern messen, bei dem es unter anderem um perfektes Bremsen geht. Das ist immerhin kurzweilig unterhaltsam, wenn der Reiz der Fahrplanfahrten ein wenig nachlässt. Auch ein Hotseat-Modus, bei dem wir einen lokalen Multiplayer mit zwei Spielern am gleichen PC spielen können, wurde eingebaut. Warum ein vergleichbarer Online-Multiplayer allerdings fehlt, darüber darf man sich an dieser Stelle sicherlich wundern. Ob das am Ende reicht, um die Spieler länger als 5 Stunden zu motivieren, bleibt allerdings fraglich. Interessant ist hingegen, dass „TramSim“ stattdessen eine hervorragende Basis für weitere Addons bietet, in dem wir womöglich zukünftig auch weitere Strecken und Linien geboten bekommen, die wir in einem technisch guten Gerüst spielen dürfen – und das dürfte für ein Spiel dieser Art sicherlich das wichtigste Argument sein.

TramSim

Auch Spiele bekommen Corona
Bis dahin sollte und dürfte es aber vermutlich noch zahlreiche Updates und Patches geben, denn vor allem bei den kleinen Details gibt es noch einige Punkte zu verbessern: Die Vielfalt etwa der vorhandenen Fahrzeuge und Fahrgäste ließe sich noch deutlich erweitern. Gefühlt sehen wir immer wieder die gleichen Autos. Busse, Lastwagen oder gar Motorräder fehlen komplett. Auch bei den Fahrgästen stoßen wir ausschließlich auf gesunde erwachsene Passagiere, Kinder, Familien mit Kinderwägen oder Behinderte suchen wir vergebens – obwohl sogar eine funktionierende Taste für eine verlängerte Türphase integriert ist, die die Tür für Rollstuhlfahrer und Kinderwägen etwas länger offen lässt. Dafür gibt es aber ein kleines Gimmick für die aktuelle Situation: „TramSim“ bekam nämlich einen optionalen COVID-Modus spendiert, in dem wir wahlweise die Maskenpflicht einschalten können, durch die dann alle unsere Fahrgäste eine Maske während der Fahrt tragen. Ob man so etwas aber unbedingt auch noch in einem virtuellen Spiel sehen möchte, muss jeder für sich entscheiden. Standardmäßig ist das Feature jedoch zunächst abgeschaltet. Dem Eintauchen in eine „bessere“ virtuelle Welt steht also nichts im Wege.

Fazit:
Mit einer 25 Kilometer langen Strecke durch Wien liefert „TramSim“ den ersten ernstzunehmenden Straßenbahn-Simulator, der mit einer technisch gelungenen Simulation und einer überraschend hübschen Grafik überzeugt. Der Umfang ist dabei allerdings noch ausbaufähig und auch diverse kleinere Bugs sollten noch behoben werden, das Grundgerüst bietet jedoch das Potential für eine zukünftig umfangreiche Basis der Tram-Simulationen.

TramSim Wertung


04
Nov

Switch & Signal (Brettspiel)

Die Auslastung des Eisenbahnverkehrs nimmt immer mehr zu. Zahlreiche Waren müssen aus den großen Städten Europas und Nordamerika auf möglichst direktem Wege zum Hafen an der Küste gebracht werden, doch mit jedem zusätzlichen Güterzug werden die Strecken immer mehr zu einem Nadelöhr. Verspätungen sind vorprogrammiert, Umleitungen manchmal notwendig und der Fahrdienstleiter steht vor großen Herausforderungen. Wird es den Spielern in Kooperation gelingen, die Waren an ihren Zielort zu bringen, bevor die vorhandene Zeit abgelaufen ist? Selbst dann, wenn jede Aktion nur in begrenztem Maße ausführbar sind?

Kritik:
Habt ihr euch schon immer einmal gefragt, was ein Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums in seiner Freizeit macht? Die Antwort ist so verrückt, wie eindeutig: Er entwickelt Brettspiele. Da seine Eltern offenbar große Fans von Eisenbahnspielen sind, hat sich Autor David Thompson kurzerhand entschlossen, ein Brettspiel mit Eisenbahnen für sie zu entwickeln. Und das ist in seiner Heimat so erfolgreich, dass es nun auch eine deutsche Version des Spiels gibt. Der Grund des Erfolgs könnte aber auch darin begründet liegen, dass wir in „Switch and Signal“ nicht gegeneinander, sondern kooperativ um den gemeinsamen Sieg spielen. Und das ist sowohl abwechslungsreich, als auch manchmal eine richtige Herausforderung.

Switch & Signal

Vorausschauende Planung
Das Spielprinzip kennen einige bereits aus diversen Gelegenheitsspielen für den PC: Um Waren aus größeren Städten zu einer Hafenstadt zu transportieren, müssen wir Signale und Weichen stellen und den Weg für unsere Züge frei machen. Der Clou bei der ganzen Sache: Zu Beginn jeder Spielrunde zieht der aktive Spieler eine Karte mit Fahranweisungen, die vor seines aktiven Spiels durchgeführt werden müssen. Da kann es passieren, dass wir Züge aus dem Depot einsetzen müssen oder alle Züge einer bestimmten Farbe gemäß einer geworfenen Würfelzahl bewegen müssen. Das heißt: Wenn wir im Anschluss die Weichen und Signale stellen, müssen wir stets vorausschauend handeln und alle möglichen Eventualitäten im Auge behalten. Denn jeder Streckenabschnitt, den die Züge nicht fahren können, gibt Minuspunkte, die von unserer Zeit abgehen. Damit wird das Spiel immer herausfordernder, je mehr aktive Züge sich auf dem Spielplan befinden.

Knifflige Zufälle
Der Zufallsfaktor ist dabei durchaus gegeben: Würfel sorgen dafür, dass der Startpunkt eines jeden neu eingesetzten Zuges zufällig gewählt wird. Da kann es auch passieren, dass die Züge am anderen Ende der Karte anfangen und erst einmal einen langen Weg vor sich haben, um die Waren einzusammeln. Oder aber, dass sie anderen Zügen, die bereits auf dem Weg zum Hafen sind, plötzlich in die Quere kommen. Für jeden Fehler, den wir dabei machen, gibt es Minuspunkte in Form von „Zeitplättchen“, die wir abgeben müssen. Für jeden Streckenabschnitt, der nicht befahrbar ist, gibt es einen Minuspunkt. Für jede Fahrt in einen Startort und jeden Zusammenstoß gibt es zwei Minuspunkte. Standardmäßig starten wir das Spiel anfänglich mit sieben Zeitplättchen – sind diese aufgebraucht, geben wir eine Karte mit Fahranweisungen ab und die Zeitplättchen kommen wieder ins Spiel. Das Problem dabei: Haben wir alle Fahranweisungen aufgebraucht, endet das Spiel. Sind dann noch Waren übrig, haben alle Spieler gemeinsam verloren.

Gemeinsam ans Ziel
Spannend bleibt es aber an dieser Stelle auch durch die Aktionskarten, die nach der Fahranweisung angewendet werden dürfen, aber nicht müssen. Davon gibt es drei verschiedene Sorten: Mit dem Einsatz einer Karte können wir ein Signal auf grün stellen, eine Weiche stellen oder einen Zug der Wahl fahren lassen. Doch auch hier sind die Aktionen begrenzt: Jeder Spieler hat nur mindestens fünf, maximal aber zehn Aktionskarten auf der Hand. Kann man dabei nur zwei Signale stellen, bräuchte aber drei, wird es schnell ganz schön knifflig. Da muss man schon sehr koordiniert vorgehen und sich unter den Spielern auch gut absprechen. Mitunter kann es sogar passieren, dass wir eine eigentlich notwendige Aktion gar nicht auf der Hand haben und quasi hoffen müssen, dass die jeweilige Fahranweisung nicht gezogen wird.

Switch & Signal

Kein Spielzug ohne Austausch
Als kooperatives Spiel ist „Switch & Signal“ also auf ganzer Linie gelungen: Über den gesamten Spielablauf hinweg sorgt das Spielprinzip dafür, dass sich alle Spieler miteinander austauschen müssen und auch wollen. Einen durchaus nicht geringen Teil des Spiels nimmt die Besprechung der Aktionen in Anspruch, bei der sich die Spieler auch durchaus mal uneinig darüber sein können, welche Weiche und welches Signal wohl gerade am Sinnvollsten ist. Schaffen es die Spieler tatsächlich auch nach längerer Diskussion nicht, sich zu einigen, entscheidet aber immerhin zum Schluss immer noch der gerade aktive Spieler. Trotzdem: Selten haben wir ein Brettspiel gespielt, das so stark auf den kooperativen Aspekt setzt, wie „Switch & Signal“.

Hoher Widerspielwert
Dabei hat das familientaugliche Brettspiel auch großes Potential zu einem echten Dauerbrenner zu werden, denn die Langzeitmotivation des Spiels stellt sich als enorm hoch heraus. Selbst dann, wenn wir eine Runde gemeinsam verloren haben, ist die Motivation stets gegeben, es doch noch einmal zu versuchen, denn „Switch & Signal“ sorgt zu keinem Zeitpunkt für Frustration. Dafür sorgt das hohe Abwechslungsreichtum, welches das durchdachte Spielkonzept zu bieten hat: So können wir mit beigelegten Startpunktplättchen kurzerhand auch die Startpunkte für unsere Züge durch Zufall ersetzen, sodass vor allem die häufig gewürfelten Startpunkte örtlich variieren. Außerdem liefert Kosmos auch auf der Rückseite gleich einen zweiten Spielplan mit, sodass wir sowohl in Europa, als auch Nordamerika spielen können. Mit zwei Hafenstädten, die gleichzeitig angefahren werden müssen und geringfügig abweichenden Regeln, sorgt Nordamerika bei fortgeschritteneren Spielern für mehr Komplexität.

Anpassbarer Schwierigkeitsgrad
Apropos Komplexität: „Switch & Signal“ hat auch an jene Spieler gedacht, denen das Spiel zu kompliziert ist. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich nämlich erstaunlich leicht anpassen. Dazu können wir wahlweise die Anzahl der Zeitplättchen von sieben auf bis zu zehn erhöhen, oder zusätzliche Fahranweisungen ins Spiel bringen, um die vorhandene Zeitspanne zu vergrößern und so mehr Chancen zu haben, die Waren rechtzeitig ans Ziel zu bringen und damit das Spiel zu gewinnen. Umgekehrt können wir es allerdings auch machen: Wer „Switch & Signal“ zu einfach findet und die echte Herausforderung sucht, kann auch einfach die Anzahl der Waren erhöhen, mit weniger Fahranweisungen spielen oder auch die Zeitplättchen reduzieren. Hier bietet das kooperative Brettspiel viele Möglichkeiten, den Spielablauf an seine eigenen Vorlieben und Fähigkeiten anzupassen – was „Switch & Signal“ auch für jüngere Spieler geeignet macht.

Switch & Signal

Unterstützung für die Jüngsten
Generell bietet gerade das kooperative Spielprinzip ohnehin die Möglichkeit, auch die Jüngsten mitspielen zu lassen. Die Schachtel gibt zwar eine Empfehlung ab 10 Jahren an, doch durch die Zusammenarbeit zwischen den Spielern ist ein gemeinsames unterstützendes Spiel auch mit jüngeren Kindern ab dem Grundschulalter problemlos möglich. Bei „Switch & Signal“ stellt es eben kein Problem dar, wenn die Mitspieler in die Karten des jeweils anderen schauen und auch auf Text wird hier – abgesehen von der Anleitung – vollständig verzichtet. Man könnte das Spiel also sicherlich auch als eines der barrierefreisten Spiele der vergangenen Jahre bezeichnen. Für uns gehört das Eisenbahnspiel daher jetzt schon zu den besten Spielen des Jahres.

Loks mit Ladefläche
Die Ausstattung von „Switch & Signal“ ist unterdessen übrigens durchaus ihren Preis wert und deutet auf ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis hin. Für rund 30 Euro bekommen wir hier neben den bereits erwähnten zwei Spielplänen vor allem recht hübsches Spielmaterial: Die Züge kommen nämlich mit aufwändigem 3D-Material daher und haben sogar eine kleine Ladefläche für die aus einem farbigen Steinchen bestehenden Waren, die wir transportieren müssen. Man ist also tatsächlich in der Lage, die abgeholten Waren wirklich physisch über den Spielplan zu fahren. Die Weichen und Signale aus kleinen Holzplättchen sorgen darüber hinaus für eine lange Haltbarkeit des Spielmaterials. Einzig eine in Fächern unterteilte Verpackung hätten wir uns dafür noch anstelle der Plastiktütchen gewünscht. Dafür hält sich aber eben der Preis im überschaubarem Rahmen.

Fazit:
Das kooperative Eisenbahnspiel „Switch & Signal“ hat enormes Potential, zu einem echten Dauerbrenner zu werden. Das abwechslungsreiche Spielprinzip, die zwei unterschiedlichen Spielpläne und ein spannender Zufallsfaktor sorgen für einen hohen Widerspielwert und reichlich Langzeitmotivation. Mit einem anpassbaren Schwierigkeitsgrad und der Notwendigkeit des vorausschauenden Denkens kann das Brettspiel aber auch zu einer kniffligen Herausforderung werden.

Switch & Signal Wertung