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Mrz
Game-Review: Wing Commander Saga
Kritik:
Inzwischen ist es bereits über zwanzig Jahre her, dass der erste Teil der erfolgreichen „Wing Commander“-Reihe seine Fans begeisterte und noch heute wünschen sich die meisten damaligen Spieler ein Comeback der guten alten Weltraumsimulationen. Nach nun mehr zehn Jahren Entwicklungszeit hat es ein Team aus Modding-Spezialisten und Hobby-Entwicklern nun geschafft, die alte Saga wieder aufleben zu lassen. Mit einer modifizierten Freespace 2-Engine, dessen Quelltext inzwischen freigegeben wurde, entführen sie uns erneut in das bekannte Wing Commander-Universum im Kampf gegen die Kilrathi und versuchen dabei, uns ein zeitgemäßes Weltraumabenteuer zu bescheren – und zu allem Überfluss gibt’s das auch noch völlig kostenlos.
Das Abenteuer geht weiter…
„Wing Commander Saga“ versucht nun, die gute alte Geschichte fortzusetzen. Das terranische Imperium hat längst zahlreiche schwere Verluste erleiden müssen und viele ihrer Sonnensysteme sind längst unter der Kontrolle der Erzfeindes, den Kilrathi. Nun steht „Sandman“ vor einem großen Feldzug durch die Galaxis, um den Feind zurückzudrängen und eroberte Systeme zurückzuerlangen. An der Seite des riesigen Trägerschiffs TCS Hermes und seinen zahlreichen Geschwadern muss er dabei teils übermächtige Gegner zurückdrängen. In der kostenlosen Fortsetzung stoßen wir dabei natürlich erneut auf alte Bekannte, gewohnte Raumschiffe und faszinierende Weiten des Universums. Wir schlüpfen dabei erneut in die Rolle des berühmten Kampfpiloten „Sandman“ der versucht, die Karriereleiter aufzusteigen und schon bald sein eigenes Geschwader zu kommandieren. Doch als einfacher Soldat müssen wir zunächst klare Anweisungen befolgen, vorgegebene Waypoints abklappern und nach zuvor besprochenen Zielvorgaben bestimmte Gegner erledigen – keine leichte Aufgabe.
Kein Weg zurück
Ganz im Stile der guten alten Oldschool-Weltraumactionspiele müssen wir dabei einmal mehr von einem Navigationspunkt zum nächsten reisen und die dortigen Gegner erledigen. Das mag zwar nicht den heute gewohnten Standards entsprechen und das Verfolgen eigener Ziele gehört nicht zum Spielkonzept, doch wer auf klassische Action – am besten mit dem Joystick – steht, liegt hier mehr als nur richtig. Da braucht es allerdings auch viel Durchhaltevermögen, denn ein beliebiges Speichern ist ebenso wenig möglich, wie Checkpoints mit Autosavefunktion zu erreichen. Haben wir eine Mission also nicht geschafft, oder werden überraschenderweise vom letzten Gegner zerstört, müssen wir die gesamte Mission wiederholen – es gibt also kein zurück. Somit ist „Wing Commander Saga“ erwartungsgemäß kein Casual Game geworden, sondern kann einen gewissen Zeitaufwand benötigen und bei dem ein oder anderen Gelegenheitsspieler auch Frustrationserscheinungen hervorrufen. Dumm nur, dass die bekannte „Skip“-Funktion bei unserem Test leider nicht auftauchte, sodass wir anders als in „Freespace 2“ auch nach dem fünften Fehlschlag die Mission nicht überspringen konnten.
Joystick entstauben!
Dennoch sollen deshalb auch die schwierigeren Missionen nicht unmöglich werden, zumal wir eine umfangreiche Auswahlmöglichkeit bei den Schwierigkeitsgraden haben und auch zwischen verschiedenen Steuerungsmöglichkeiten entscheiden können. So empfiehlt es sich wie damals natürlich, den Joystick mal wieder zu entstauben und uns mit klassischer Flugsteuerung ins Gefecht zu wagen, zumal diese erstaunlich präzise ausgefallen ist. Sollte ein solcher nicht zur Hand sein, kann allerdings auch ein gewöhnliches Gamepad mit Analogsticks hier Abhilfe schaffen und eine ähnlich präzise Steuerung ermöglichen. Großer Pluspunkt: Im Test wurden unsere Geräte automatisch erkannt und die Steuerung für das Gamepad sofort optimal konfiguriert – so haben wir natürlich jederzeit einen leichten Einstieg. Darüber hinaus bietet sich alternativ natürlich auch die gewohnte Tastatur- und Mauskombination an, doch da braucht es schon ein wenig Übung, um selbige Präzision zustande zu bringen. Nichts desto trotz steht dem Einstieg in das Oldschool-Abenteuer nichts im Wege.
Nostalgieeffekt
Sind die Controller dann erst einmal ausgepackt, ist auf den ersten Blick nach etwa zehn Jahren Entwicklungszeit auch ein wenig Umgewöhnungszeit erforderlich. Statt typische Textmenüs vorzufinden, in denen wir leicht navigieren können, finden wir einen animierten Hangar, der bei Klick auf den jeweiligen Bereich ein entsprechendes Menü öffnet – auch das erinnert an alte „Freespace 2“ und „Wing Commander“-Zeiten. Darüber hinaus sind die Menüs selbst auch nicht gerade die übersichtlichsten und einsteigerfreundlichsten – doch haben wir uns erst einmal eingewöhnt, fällt auch das Navigieren hier entsprechend einfach. Klasse übrigens, dass sich die Entwickler ganz schön viel Mühe gegeben haben, ihr Spiel so originalgetreu, wie möglich wiederzugeben, denn zu jeder Mission gibt es ein ausführliches Briefing – inklusive englischer Vertonung mit herausragenden Sprechern, spannende Einführungsvideos und animierte Commander. Einen solchen Aufwand haben wir in einem Mod-Projekt bisher jedenfalls noch nicht gesehen.
Einsamer Weltraum
Dieses dann auch noch hinter uns gebracht, finden wir uns auf der Startrampe unseres Trägerschiffes, der TCS Hermes wieder. Auch hier kommen die Erinnerungen schnell hoch, wenn wir mit unserem rasanten Antrieb aus dem Schiff herausfliegen und dann die nächsten Befehle abwarten. Die sind unterdessen auch während einer Mission vertont und sowohl Kollegen, als auch Gegner tauchen bei Kontaktaufnahme mit einem kleinen animierten Fenster in der Ecke auf. So haben wir die Personen auch optisch im Bild und können jegliche Reaktionen wahrnehmen – egal, ob spöttisch, oder von unserer Feuerkraft überrascht. Leider ist allerdings der Weltraum insgesamt recht leer designt, denn überwiegend befinden wir uns doch einfach im luftleeren Raum voller Sterne. Lediglich die Schiffe sorgen mehr oder weniger für Abwechslung, obwohl sich dessen Optik häufig wiederholt. Nie haben wir allerdings die Möglichkeit, in einen Nebel hineinzufliegen, oder tatsächlich in aufregende Gebiete des Weltraums vorzudringen. Mit wenigen Ausnahmen, befinden sich Nebel, Planeten und andere Objekte überwiegend im Hintergrund.
Oh my god! They killed the Kinney!
Wohlgemerkt: Mit wenigen Ausnahmen. So haben wir in einer Mission sogar die Möglichkeit, in der Atmosphäre eines Planeten gegen die Invasoren der Kilrathi zu kämpfen und sehen dabei die Landschaften unter unserem Raumschiff. Spannend wird es dann, wenn wir im Sinkflug auf unsere Gegner schießen müssen und dabei stets unter Zeitdruck stehen – das ist einfach geniales Missionsdesign. Erstaunlicherweise zählt dies allerdings noch zu den einfacheren Missionen, denn der Schwierigkeitsgrad steigt stetig an und kann auch auf „leicht“ für manche bereits eine Herausforderung sein. Insbesondere „Niefelheim 2“ stellte manche Spieler vor große Probleme – doch eine tolle Community mit schneller Hilfestellung hilft da auch dem blutigsten Anfänger gern weiter und macht uns den Weg zum Sieg frei. Schade ist dabei nur, dass wir keinerlei Sonnensystem-übergreifende Missionen haben, sondern in jedem Sektor grundsätzlich drei bis vier aufeinanderfolgende Missionen in unserem Feldzug erledigen müssen. So lässt die optische Abwechslung natürlich schon lange auf sich warten, denn dasselbe Sonnensystem sieht auch nach dem vierten Besuch immer noch gleich aus. Da wäre mehr Abwechslung sicherlich nicht schlecht gewesen.
Volle Kraft voraus!
Ansonsten kann sich die Grafik allerdings trotz der etwa zehn Jahre alten Engine sehr gut sehen lassen. Die Texturen sind stets sehr scharf und auch optisch wurde die „Freespace 2“-Engine deutlich verbessert. Das äußert sich auch in einer besseren Beleuchtung, den hohen Auflösungen und den schicken Planetenoberflächen. Ganz zu schweigen von den enorm großen Trägerschiffen, die schon einen hervorragenden Eindruck hinterlassen. Dennoch sollte jedem klar sein, dass ein solches Projekt keine Referenzgrafik haben kann – wer hier also eine Optik erwartet, die mit „Battlefield 3“ mithalten kann, wird an „Wing Commander Saga“ keinen Gefallen finden. Sind die Ansprüche allerdings etwas geringer, so wird man als Spieler schnell seine Freude haben – zumal das Spiel nun wirklich nicht hässlich aussieht. Die Mängel liegen allerdings vor allem im Detail: So müssen wir schließlich auf Anti-Aliasing gänzlich verzichten und aufwändige DirectX 11-Effekte werden wir hier ebenso keine vorfinden. Ein Vorteil soll es aber dennoch haben: Die Systemanforderungen sind dementsprechend niedrig, sodass „Wing Commander Saga“ wohl auf jedem Rechner flüssig lauffähig sein sollte.
Geduld ist eine Tugend
Sollte das Spiel nun auf Interesse gestoßen sein, sollte man allerdings ein wenig Geduld mitbringen und sich mit der durchaus komplexen Steuerung vertraut machen. So mag nicht jeder gleich auf die Verwendung der Tastenkombinationen Alt + A und Alt + G für Autopilot und Glidefunktion kommen und auch die Ansteuerung der jeweiligen Waffensysteme erschließt sich manchem Tutorial-Muffel nicht immer sofort. Dazu kommt außerdem, dass gewisse Englisch-Grundkenntnisse vorhanden sein sollten, denn damit auch ein internationaler Erfolg möglich wird, verzichtet „Wing Commander Saga“ komplett auf eine deutsche Synchronisation. Immerhin: Deutsche Hilfestellung werden wir im Internet schnell finden, da auch die Entwickler selbst deutschsprachigen Support leisten können. Bei Verständigungsproblemen kann also schnell Abhilfe geschafft werden. Für ein solches unkommerzielles Projekt kann das Spiel also erstaunlich gut überzeugen – und sogar manches kostenpflichtige Weltraumactionspiel überragen. Sehr empfehlenswert!
Fazit:
Back to oldschool: Nach etwa zehn Jahren Entwicklungszeit wird die beliebte „Wing Commander“-Story endlich fortgesetzt und präsentiert uns klassische Weltraumaction im „Freespace 2“-Stil. Ein Muss für Fans des Klassikers!
“Wing Commander Saga” ist als kostenloser Download erhältlich. Links finden Sie unter wcsaga.com