03
Nov
Game-Review: The Walking Dead (Episode 4)
Kritik:
Nur noch wenige Wochen, dann dürfen sich Fans der Serie endlich an der neuen DVD und BluRay zu „The Walking Dead“ erfreuen, denn die zweite Staffel steht längst in den Startlöchern, während die dritte Staffel im Pay-TV schon ihre Fans begeistert. Um die Wartezeit einmal mehr zu überbrücken bietet es sich nun endlich an, die vierte Episode des gelungenen Horror-Adventures auch auf dem heimischen Rechner durchzuspielen und Lee dabei zu begleiten, einen Ausweg aus dem Albtraum zu finden. Keine leichte Aufgabe, schwindet die Hoffnung doch immer mehr.
Ein trauriges Leben
Auch in diesem Fall basiert das Spiel überwiegend aus Quicktime-Events, die uns Dialoge führen und schwierige Entscheidungen treffen lassen, wenn wir uns nicht gerade durch die unentdeckte Welt tasten und dabei viel zu simple Rätsel lösen. Die Action ist dabei leicht fordernd, aber stets zurückhaltend, obwohl einzelne Szenen sogar mit Ego-Shooter-Einlagen aufwarten können. Doch im Mittelpunkt steht etwas ganz anderes: Lee und Clementine wird der Ernst der Lage immer mehr klar, Hoffnungslosigkeit macht sich breit, ebenso eine grundsätzlich traurige und niedergeschlagene Stimmung. Die Atmosphäre ist in Episode 4 so gut gelungen, wie nie zuvor, sodass wir eine stetige Melancholie vernehmen können, die das kleine Mädchen keineswegs mehr fröhlich erscheinen lässt. Immerhin ist ihr einziger und bester Freund hingerichtet worden, noch ehe die Wandlung zu einem Zombie vollzogen wurde. Die Tatsache, dass wir selbst unschuldige und liebevolle Hunde im Garten begraben müssen und dabei an unseren eigenen Taten zu zweifeln beginnen und in einem Haus ein völlig abgemagertes und ausgehungertes Kind vorfinden, unterstützt diese traurige Melancholie nur einmal mehr und schafft eine bedrückende Grundstimmung, die sich über die gesamte vierte Episode hinweg zieht. Damit wird „Around every corner“ zu etwas ganz Besonderem, das sich Fans der Serie auf gar keinen Fall entgehen lassen sollten.
Aussetzen der Gefahr
Doch auch die Entscheidungen werden nicht einfacher, überraschen uns sogar stellenweise immer wieder selbst. Erschreckend mag die Vorstellung für manch einen Spieler sein, ob er wohl unter Zeitdruck in der Realität ebenso handeln würde, oder ob ihn seine echte, nicht virtuelle Hand wohl hindern würde. Hindern beispielsweise daran, einen guten Freund auf seinen eigenen Wunsch hin zu ermorden, um sich womöglich selbst retten zu können. Aber auch die Frage, in welcher Situation die kleine Clementine wohl größerer Gefahr ausgesetzt ist, machen die Entscheidungen für uns nicht immer einfach. Sollen wir es wohl riskieren, sie mit in die Zombie-Region zu nehmen und dabei womöglich Todesgefahren auszusetzen, oder lassen wir sie bei einem verletzten Freund, der sich jeden Moment in einen Untoten verwandeln und Clementine ebenfalls in den Tod reißen könnte? Kein Elternteil möchte wohl jemals real vor einer solchen Frage stehen, doch gerade das macht „The Walking Dead“ dermaßen intensiv und spannend.
Sozialer Holocaust
Doch auch wenn so manches Rätsel einfach viel zu einfach ausgefallen ist und der Actionanteil deutlich größer hätte ausfallen können, so kann „Around every corner“ auch mit einer überaus großen und deutlich erkennbaren Sozial- und Gesellschaftskritik überzeugen. Menschen, die nicht den Normen der Stärksten entsprechen wurden selektiert und zum Tode verurteilt und Kranke wurden ähnlich wie zu Zeiten des zweiten Weltkrieges praktisch hingerichtet, um eine menschliche Barriere zu den Zombies aufzubauen. Eine krasse und bedrückende Vorstellung, die den Spieler dazu verleiten könnte, eine Abneigung gegenüber der menschlichen Spezies zu entwickeln. Insbesondere die Zwangsabtreibung bei schwangeren Frauen dürfte dabei der Höhepunkt der Gesellschaftskritik sein, löst dies doch durch schockierende Videobänder starke Gefühle aus. Daran könnte sich so manch anderes Spiel wahrlich eine Scheibe abschneiden, denn vergleichbare Zombie-Games a là „Resident Evil“ & Co. können hier an Intensität selbst als Ego-Shooter kaum mithalten.
Matsch-Kopf!
Der Gewaltgrad ist unterdessen keineswegs gesunken, ganz im Gegenteil. Auch in der vierten Episode dürfen wir trotz zurückgefahrenem Actionanteil immer noch überaus brutale Momente erleben. Das Abtrennen und Zerfetzen von Gliedmaßen gehört da ebenso zur Tagesordnung, wie das Zerquetschen von Köpfen. Wollen wir einmal richtig sicher gehen, dass ein Zombie nie wieder aufwacht, so platzieren wir schlicht unseren Fuß auf dem Schädel des Gegners und treten so fest zu, dass dieser völlig zerquetscht praktisch sein Hirn ausstoßen müssen. Das ist sicherlich nichts für schwache Nerven und erst recht nichts für kleine Kinder. Klar wird: „The Walking Dead“ richtet sich noch immer klar an Erwachsene und weiß gerade deshalb zu punkten. Wer also von Halloween noch nicht genug hat, der bekommt auch hier eine Menge Horrorspaß geboten. Zugreifen!
Fazit:
Die vierte Episode verzichtet zwar auf überaus lange Actionszenen, punktet aber mit einer traurigen und melancholischen Grundstimmung, extrem schwierigen Entscheidungen und starker Gesellschaftskritik, die selbst abgehärtete Spieler schockieren könnte.
The Walking Dead – The Game ist als digitaler Download via Steam oder direkt unter telltalegames.com erhältlich.