Neueste Artikel:
Game-Review: Spec Ops – The Line
Game-Review: Risen 2 – Dark Waters

Archiv fürAugust, 2012


01
Aug

Game-Review: Spec Ops – The Line

Spec Ops - The Line Cover

Eine Stadt, die es eigentlich gar nicht geben dürfte: Noch vor einigen Jahren war die Wüste Dubais fast völlig unbewohnt, doch heute stehen dort riesige Wolkenkratzer mit einst über einer Millionen Einwohnern. Doch nun ist es bereits sechs Monate her, seit die Stadt von einem verheerenden Sandsturm verwüstet und die meisten Gebäude im tiefen Sand begraben wurden. Die meisten Menschen kamen ums Leben und vom Us-Evakuierungstrupp fehlt jede Spur – bis plötzlich ein geheimnisvolles Funksignal aus Dubai empfangen wird, das Aufschluss über den Verbleib der Soldaten gibt. Das Team der Delta Force wird prompt in die fast vollständig vergrabene Stadt geschickt und soll die Situation aufklären. Die Mission klingt einfach: Überlebende finden und evakuieren. Dumm nur, dass sie schon bald auf eine Verschwörung unter den eigenen Reihen stoßen…

Kritik:
Sie ist surreal und unverbraucht zugleich: Die Wüstenstadt Dubai, in der heute etwa 1,8 Millionen Einwohner bei glühend heißen dauerhaften 40°C leben und trotz allen Widrigkeiten gigantische Wolkenkratzer auf purem Sand errichtet haben. Doch es ist ein Endzeitszenario, welches wir so in einem Videospiel noch nie erlebt haben, denn die klimatischen Bedingungen Dubais sind selbst für den eingefleischten Ego-Shooter-Veteranen eine gänzlich neue Herausforderung. Noch dazu, weil „Spec Ops: The Line“ keine Helden zeigt, sondern schlicht die düstere Seite des Krieges.

Spec Ops - The Line Screenshot

Kein Gegner in Sicht
Bereits optisch macht das Spiel dabei einen hervorragenden Eindruck. Nicht, weil die Grafik, wenngleich sie sehr hübsch anzusehen ist, Referenzqualitäten zu bieten hat, sondern wegen ihrer außergewöhnlichen Ästhetik und der sehr faszinierenden Kulisse. Wir sehen eine Stadt, voll mit Wolkenkratzern, die oft nur noch teilweise aus dem Sand herausragen – eine so hypermoderne Stadt, die schlicht und einfach zerstört und begraben wurde. „Spec Ops“ lebt nicht von ständigen Szene- und Ortswechseln, sondern davon sich intensiv mit eben diese Setting zu beschäftigen und uns damit eine ganz unverbrauchte, nie da gewesene Welt zu zeigen. Doch dabei gelingt es dem Spiel, diese Elemente gut auszunutzen, denn besonders der Sand bietet auch aus taktischer Sicht eine interessante Herausforderung. Im Kampf gegen Sandstürme zählen somit nicht nur die Gegner als unsere größten Feinde, sondern auch die schwierigen Sichtverhältnisse, die es uns unmöglich machen, uns längere Zeit im Sturm aufzuhalten, gleichzeitig aber auch Fluchtmöglichkeiten und strategische Vorteile bieten. Ebenso kann die Umgebung intelligent verwendet werden, indem Gegner schlicht mit Sand überschüttet und damit außer Gefecht gesetzt werden. Das hat es so definitiv noch nicht gegeben.

Spec Ops - The Line Screenshot

Kein Held
Dabei unterscheidet sich „Spec Ops“ auch sehr deutlich von üblichen Shootern. Trotz Perspektive eines US-Soldaten gibt es hier keinen Helden, der für sein Vaterland kämpft und Stolz auf seine Taten ist. Hier gibt es keinen „Call of Duty“-Verschnitt, der mit Brachialaction und übertriebenen Effekten einen spielbaren Hollywoodfilm inszenieren will. Stattdessen zweifelt der Hauptcharakter an der Richtigkeit seines Handels, erlebt an allen Ecken heftigste Gräueltaten mit. Sind es wirklich die eigenen Leute, die auf der richtigen Seite stehen, oder machen diese in Wirklichkeit Jagd auf die Bevölkerung Dubais, um eine eigene neue Form der Ausbeutung voran zu bringen? Ist es richtig, zweifelhafte Gewalt gegen Unschuldige auszuüben, nur um ein paar US-Soldaten zu retten? „Spec Ops“ ist dabei immer wieder mit interessanten und spannenden Schlüsselszenen gespickt, die uns die negativen Seiten des Krieges näher bringen. Mal muss der Spieler zwischen zwei Menschen entscheiden, die exekutiert werden sollen, um sein eigenes Leben zu retten. Ein anderes Mal findet er grausam verbrannte Familien vor, dessen entstellte Leichen noch die eigenen Kinder im Arm halten. Der Einsatz von Bomben mit weißem Phosphor wird ebenso zum Spielkonzept, wie das bewusste und gezielte Schießen auf Zivilisten – alles zum Zwecke der Ausarbeitung des psychologischen Profils des Protagonisten, der früher oder später mit seinen Erlebnissen nicht mehr zurecht kommt. Das ist ein Anti-Kriegsshooter erster Klasse, der es durchaus in sich hat.

Spec Ops - The Line Screenshot

Nicht ganz so ungewöhnlich
Zwischen diesen Schlüsselszenen verkommt der Shooter allerdings desöfteren zu gewöhnlicher Shooter-Kost mit langatmigen und altbekannten Schießereien. Konflikte mit zahlenmäßig überlegenden Gegnern, die mit brutaler Waffengewalt niedergemetzelt werden, gehören da zur Tagesordnung und erinnern dann schon leider oft an andere Shooter. Hier fehlt gelegentlich das Alleinstellungsmerkmal und da Gräueltaten zu selten gezeigt werden, entwickelt „Spec Ops“ auch nicht die Intensität, die wir uns wünschen würden. Dennoch bieten die Einsätze genügend Abwechslung, da einstürzende Häuser, schwierige Umweltbedingungen, Amokläufe und psychische Probleme für aufregende Momente sorgen. Die gewöhnliche Shooter-Action verkommt allerdings auch nicht zu einer minderwertigen Schießerei, sondern ist aus Sicht des Gameplays gelungen inszeniert. Die Steuerung zeigt sich präzise, die Waffenauswahl ausreichend und praktikabel, die Intelligenz der KI-Gegner darüber hinaus meist überdurchschnittlich hoch. Feinde nutzen also jegliche Deckungen, bleiben in Bewegung und greifen uns von allen Seiten an. Hier ist oft taktisches Vorgehen gefragt, um selbst am Leben zu bleiben.

Spec Ops - The Line Screenshot

Kein einsamer Tod
Aus Sicht der Charakterzeichnungen bleibt „Spec Ops“ allerdings auch interessant, da wir fast niemals allein unterwegs sind. Zwei unserer Begleiter stehen uns stets zur Seite und zeigen sich oft auch hilfreich im Kampf. Hier bieten sich häufig Möglichkeiten, sich subjektiv anzufreunden, aber auch gleichzeitig die auf psychischen Problemen basierenden Konflikte mitzuerleben. Denn auch bei den Kameraden kommen schon bald ernsthafte Zweifel an der Mission auf. Schade ist allerdings, dass der Shooter die taktischen Möglichkeiten nicht annähernd ausnutzt. Als einzige Befehle bieten sich somit nur das Angreifen von Feinden und das Werfen von Blendgranaten an, wobei letzteres auch nicht zu jedem Zeitpunkt und nicht nach eigenem Ermessen befohlen werden kann. Das ist schade, würden wir unsere Männer doch gern öfter ein wenig rumkommandieren und ihnen ausführlichere Befehle geben, um selbst taktisch agieren zu können. Hier gab es also weit mehr Potential, welches leider nicht genutzt wurde. Doch man sollte bedenken, im Grunde will das Spiel auch gar kein Taktik-Shooter sein.

Spec Ops - The Line Screenshot

Krieg mit Humor?
Dass die Macher bei Yager allerdings auch einen irgendwie schrägen und makabren schwarzen Humor haben, erfahren wir insbesondere zu Beginn des Spiels oft. Als einziger Kontakt bietet sich somit ein Radiosender an, dessen Moderator uns offenbar mit Kameras überall in der Stadt beobachtet und versucht uns mittels Funkübertragungen zu beeinflussen und zu manipulieren. Das wird insbesondere dann schräg, wenn Schießereien und Gewaltakte mit fröhlicher Musik eingestimmt werden, die einen leicht ironischen Blick auf die Geschehnisse ermöglicht. Das wiederum steht im Kontrast mit emotionalen und traurigen Szenen, in denen unsere Männer in ein Massengrab springen, begleitet von Stille und Melancholie. Im Grunde kann man „Spec Ops“ somit also auch als Kunst bezeichnen, auch wenn eben bei einer Länge von knapp 8 Stunden keine Rede von einem Meisterwerk sein kann.

Spec Ops - The Line Screenshot

Interaktiver Film – schnell auf den Punkt gebracht
Ein Besonderheit darüber hinaus: „Spec Ops“ hat praktisch keine Einleitung. Kein freies Erkunden der Umgebung, keine Charaktervorstellung, kein Anlernen von ersten Bewegungen. Es geht direkt zur Sache. Gerade erst auf „Neue Kampagne“ geklickt, landen wir in einem fliegenden Helikopter, der sich durch die Wolkenkratzer schlängelt und von zahlreichen gegnerischen Hubschraubern attackiert wird. Fast schon filmreif müssen wir hier sofort agieren, um die Feinde bei laufendem Flug vom Himmel zu hohlen – und das während am Bildschirmrand die aus Filmen üblicherweise bekannten Infos der Entwickler angezeigt werden. Ähnlich aufregende Szenen folgen, ohne es dabei mit Effekten zu übertreiben. Alles wirkt passend, nichts wirklich unrealistisch. Und doch kommt ein starkes „Mittendrin-Gefühl“ auf, das wir nicht überall so erleben. Shooter-Fans werden somit ihre Freude haben.

Spec Ops - The Line Screenshot

Multiplayer im Sandsturm
Enttäuschend, wenn auch zumindest teilweise interessant, ist dagegen der Multiplayer-Modus. Enttäuschend deshalb, weil er im Grunde lediglich die üblichen Modi, wie Deathmatch, Team-Deathmatch und dergleichen anbietet. Interessant wird es dagegen eben deshalb, weil dieselben Elemente, wie im Singleplayer verwendet werden. Auch hier kommt es zu zufälligen Sandstürmen, die die Fähigkeiten der Spieler herausfordern und es ermöglichen unter widrigen Umweltbedingungen auch gegen echte Spieler anzutreten. Vorteil: So haben auch weniger erfahrene Spieler die Möglichkeit, Erfolg zu haben und gegen die erfahreneren Gegner zu bestehen. Ansonsten unterscheidet sich der Multiplayer aber eben spielerisch kaum von den Konkurrenzprodukten und der einzige Anreiz mag das Freischalten neuer Waffen und Modi sein. Gerade hier hätten wir uns allerdings beispielsweise eine Koop-Kampagne gewünscht, die uns im Multiplayer gemeinsam, statt gegeneinander in die Wüste schickt.

Fazit:
Obwohl „Spec Ops: The Line“ spielerisch über weite Strecken ein gewöhnlicher Shooter sein mag, erwarten den Spieler ein unverbrauchtes Setting, frische Ideen und gelungene Wüstenherausforderungen, die Gräueltaten zum Spielkonzept machen. Daraus ist ein Spiel mit psychologischem Tiefgang entstanden, das ganz klar Stellung gegen den Krieg bezieht.


01
Aug

Game-Review: Risen 2 – Dark Waters

Risen 2 Cover

Viele Jahre sind vergangen, seitdem wir unsere Abenteuer auf Faranga meisterten und die Insel von dem Titanenlords in Schutt und Asche zerlegt wurden. Nun befinden wir uns auf der Insel Arborea, die als Hauptquartier der Inquisition genutzt wird und sind ein fester Teil ihrer Reihen. Doch längst wird auch dieser Teil der Erde von den bösartigen Wasserungeheuern bedroht und das Hauptquartier ebenfalls kurzerhand in Flammen versetzt. Da gibt es nur noch eine Chance: Den legendären Piratenkapitän Stahlbart ausfindig machen und sein wertvolles Amulett an uns nehmen. Dumm nur, dass wir fortan eine Doppelrolle übernehmen müssen, um Zutritt zu den Piraten zu erhalten und an der Seite von Stahlbart kämpfen zu können. Doch da ahnen wir noch gar nicht, dass eine noch weit größere Herausforderung auf uns wartet…

Kritik:
Die Insel des namenlosen Helden begeisterte die Rollenspiel-Fans schon seit je her. Im Jahre 2001 galt daher „Gothic“ als eines der besten Spiele, das die Entwickler von Piranha Bytes jemals entwickelt haben. Nun, Jahre später bröckelt der Ruf und die Überzeugung der Fans schwindet dank einigen spielerischen Flops dahin. Schließlich konnte seit „Gothic 3“ kein anderes Spiel der Entwickler mehr überzeugen, womit nun alles daran liegt, „Risen 2“ zu dem Spiel zu machen, das die Fans schon lange erwarten. Teilweise mag dies sogar gelingen.

Risen 2 Screenshot

Back to the roots
Obwohl selbst der erste Teil von „Risen“ nicht überzeugen konnte, versuchen es die Macher nun mit altbewährten Mitteln und kehren zu ihren alten Wurzeln zurück. Schnell werden wir damit an die Anfangszeit der „Gothic“-Reihe erinnert, wo wir zunächst mittels verschiedener Aufgaben zum Teil einer Gilde werden mussten, um anschließend die ferne Welt zu erkunden. Auch dieses Muster nimmt „Risen 2“ schnell an und überzeugt dabei auf ganzer Linie, denn der Versuch, Pirat zu werden motiviert ungemein. Noch dazu, da Piraten ja bekanntlich recht sympathische Zeitgenossen sind. Das Problem dabei: Der Spieler hat keine Wahl, denn er muss gezwungenerweise eben dieser Piratenfraktion beitreten. Eine Auswahl, wie einst zwischen Paladinen, Söldnern und Magiern suchen wir daher vergebens. Erst später können wir dann zwischen zwei weiteren Fraktionen wählen, die jedoch zusätzlich zum Piratendasein verwendet werden. Eine etwas magere Auswahl für jene, die sich mit Piraten und Inquisitoren eher weniger anfreunden können.

Anreiz bis zum Bossgegner
Geschickt mag dabei auch die Tatsache sein, dass „Risen 2“ mit kleinen Einblicken motiviert und einen Anreiz schafft, die Bedrohung näher kennenzulernen. Erst kleinere Szenen mit dem Seeungeheuer und den Titanenlords sorgen dafür, dass die Story schnell einen spannenden Verlauf nimmt und wir sehnsüchtig darauf warten, endlich unserem ersten großen Feind zu begegnen. Da geht das Spiel dann aber wiederum klassisch vor und präsentiert uns nach zahlreichen Aufgaben zugunsten einer Fraktion dann einen Bossgegner, der es an Schwierigkeit ganz schön in sich hat. Die meisten Spieler werden da wohl mehrere Anläufe brauchen, um die Monster zu besiegen, wenngleich jeder davon mit taktischer Vorgehensweise lösbar ist – selbst für Einsteiger. Dennoch kann eben dies für einen kleinen Frustfaktor sorgen, wenn doch der sonstige Spielverlauf so flüssig verläuft.

Risen 2 Screenshot

Voodoo statt Magie
Letztendlich ist unsere Vorgehensweise aber auch von früheren Entscheidungen abhängig. Wir müssen uns also schon früh entscheiden, ob wir uns lieber auf die Seite der Eingeborenen schlagen und dabei auf deren Voodoo-Künste vertrauen, oder ob uns doch eher die rasanten Schusswaffen der Inquisition lieber ist. Dementsprechende Waffen können wir dann auch nur gegen die Bossgegner einsetzen, was wiederum auch Auswirkungen auf unsere Gefährten hat. Der eigentliche Kampf kann so zu einem ganz eigenen Erlebnis werden, das nur schwer planbar ist. Überraschend dabei ja außerdem, dass Magie im klassischen Sinne mittels Mana vollständig fehlt und „Risen 2“ sich somit mit Erfolg an etwas ungewöhnlichen Wegen versucht.

Inselfeeling pur
Insgesamt passt das aber sehr gut zum Insel- und Piratensetting des Spiels, denn echte Magie wäre hier mehr als fehl am Platz. Eingeborene mit Voodoo-Religion wirken dann auf einer unerkundeten Insel doch glaubwürdiger, als echte Magier, die ihre Kräfte durch Götter erlangen. Das Gleiche gilt für die Piraten, die eben optimal in die Insel-Strand-Optik passen. Das spiegelt sich dann auch in den Quests entsprechend wieder, die gut an das Piraten-Theme angepasst sind. Von der klassischen Schatzsuche mittels Schatzkarte, über Saufspiele, bis hin zur Verfolgung von vermeintlichen Verrätern ist da alles dabei und gibt uns das Gefühl, ein echter Pirat zu sein. Fans der alten Gothic-Spiele werden hier also wahrscheinlich ihre Freude haben.

Risen 2 Screenshot

Kein Meisterwerk
Dennoch gelingt es „Risen 2“ einfach nicht, die Qualität von „Gothic“ und „Gothic 2“ zu erreichen. Dafür fehlt einfach die nötige Detailarbeit, dessen Mühe es den Entwicklern offensichtlich nicht mehr wert ist. Die Dialoge wirken weit weniger bissig, sondern werden oft schlicht und langweilig dahin erzählt. Und auch die Welt wirkt weniger groß und lebendig. Hier kann man zwar im üblichen Stil zu Fuß die ganze Welt erkunden und dabei allerlei Tieren und Menschen begegnen, doch wirkt dies oft zu vorhersehbar und steril. Wenn wir also tiefer in den Wald vordringen, treffen wir früher oder später zwangsläufig auf einen starken Jaguar, dessen Position fast schon erahnt werden kann, wogegen wir in den früheren Spielen oft den Eindruck hatten, tatsächlich wilde Tiere vorzufinden. Ebenso ist der Alltagsablauf der jeweiligen Figuren oft nicht umfangreich genug, denn mit den stets selben Handlungen und Bewegungen wirken die Menschen einfach nicht lebendig genug. In der heutigen Zeit erwarten wir diesbezüglich dann doch mehr, auch wenn „Risen 2“ durchaus zu den besseren Genrevertretern zählt und zeigt, dass Piranha Bytes noch immer gute Spiele machen können.

Ein eigenes Schiff
Große Motivation kommt dann nach einigen Stunden auf, als wir endlich das Kommando über unser eigenes Schiff erhalten und wie einst in „Knights of the old republic“ selbst entscheiden können, zu welchem Ort wir uns als nächstes hinbegeben. Die Welt wirkt somit schon sehr viel offener und wir haben die Möglichkeit jederzeit die anderen Teile der Landkarte frei zu erkunden und Nebeninseln zu besuchen. Dumm nur, dass es zu einem beabsichtigten Teil des Spiels gehört, zwischenzeitlich auch ohne dieses auskommen zu müssen und ohne seine Kameraden zu stranden. Auf der anderen Seite bringt dies mit einer ganz neuen süßen Spezies wiederum Pluspunkte, die uns viel Abwechslung und Spaß bringen. Insgesamt hätte man das Gefährtensystem aber weiter ausbauen können.

Risen 2 Screenshot

Anhängsel, keine Freunde
Da hat es doch einst Bioware vorgemacht, welche Möglichkeiten die Mitnahme von Teamkameraden doch ermöglichen können, so nutzt „Risen 2“ letztendlich doch keine davon. Nur selten kommt es zu wichtigen und interessanten Unterhaltungen zwischen den Charakteren, sodass es uns kaum möglich ist, einen echten Charakter zu erkennen, geschweigedenn uns mit diesen Figuren richtig anzufreunden. Sie sind letztlich da, ständiger Begleiter und stehen uns ins Kämpfen zur Seite – doch insgesamt wirken sie eher wie Kampfzombies, weniger wie lebende Seelen. Noch dazu haben wir eben nicht die Möglichkeit, sie individuell auszurüsten, oder ihnen spezielle Fähigkeiten beizubringen. Besondere Vorteile ergeben sich somit also nur selten, außer eben im Nahkampf. Da wäre also weitaus mehr möglich gewesen und man hätte sich die Gefährten im Grunde generell sparen können.

Keine Langzeitmotivation
Schade ist übrigens, dass die anfängliche Motivation zum späteren Spielverlauf doch sehr stark abschwächt. Früher oder später geht es schließlich nur noch um die Suche nach den Artefakten, jedoch nicht mehr um wirklich interessante Quests. Häufig finden wir also nur noch eher uninteressante Charaktere vor, die uns keinerlei spannende Aufgaben mehr verleihen können. Immerhin: Bis dies eintritt, hatten wir knapp zwanzig von dreißig Stunden Spaß mit diesem Spiel, was deutlich mehr sein dürfte, als bei so manch anderem aktuellen Titel. Rollenspieler dürfen also dennoch einen Blick riskieren, denn zumindest die Zeit bis zur Demotivation ist es allemal wert.

Risen 2 Screenshot

Meister der Gestik
Eines muss man den Machern übrigens lassen: Der namenlose Held bietet, obwohl er namenslos ist, genügend Identifikationsmöglichkeiten. Das mag an der Tatsache liegen, dass wir ihn individuell anpassen und entwickeln können. Sei es die perfekte und schönste Piratenkluft, oder die außergewöhnlichsten Fähigkeiten. Es bleibt dabei uns überlassen, ob wir uns eher im Nahkampf trainieren, oder doch lieber auf Schusswaffen setzen, oder ob wir gern einmal unser kleines gezähmtes Äffchen auf Beutefang schicken. Auch spiel Ausdrucksfähigkeit, Gestik und Geschick eine große Rolle, den Gesprächspartner zu beeinflussen und unsere ganz eigenen Vorteile zu erhaschen. Es ist also unsere Wahl, ob wir eher auf Kampf wert legen, oder auf diplomatische Vorgehensweisen.

Einfacher Weg zum Ziel
Das Kampfsystem ist im Übrigen wesentlich einfacher, als einst in „Gothic“. Hier müssen wir nicht mehr mit komplizierten und aufwändigen Maus-Tastatur-Kombinationen experimentieren, sondern dürfen unseren Gegner schlicht mit einem Klick angreifen. Das erleichtert den Einstieg vor allem für Anfänger ungemein, unabhängig davon, für welche Waffenart wir uns entscheiden. Trotzdem sind die Schusswaffen doch eher etwas für fortgeschrittene Spieler, da ihre Nachladezeit über Leben und Tod entscheiden kann. Hier kommt es stark auf die technischen Eigenschaften und die Treffgenauigkeit unserer Figur an, ob wir tatsächlich damit erfolgreich sind. Ein guter und präziser Umgang mit der Maus ebenso vorausgesetzt, während mit dem Schwert auch Grobmotoriker umgehen könnten. Schade nur, dass „Risen 2“ beim Kampfsystem eben auch etwas an Komplexität einbüßen musste.

Risen 2 Screenshot

Schrumpfende Pflanzen
Kommen wir zu guter letzt zur technischen Seite des Spiels. Hier taugt die Grafik oft und gerne dazu, so manchen Spieler ein wenig zu irritieren. Das mag insbesondere daran liegen, dass die Flora, also die Pflanzen im Spiel bei Annäherung plötzlich schrumpfen. Dessen Größe ist also merkwürdigerweise von der Entfernung der Spielfigur abhängig, obwohl es sich keineswegs um mutierte fleischfressende Pflanzen handelt. Dennoch fällt es angesichts der dicht bewachsenen Umgebung und der liebevoll und detailliert gestalteten Welt leicht, darüber hinweg zu sehen. Ein kleines Highlight mögen da sogar Termiten sein, die eigenhändig und intelligent in der Lage sind, ganze Kisten zu transportieren und damit dem Spiel zumindest einen Hauch animierten Eigenlebens verpassen. Darüber hinaus punkten vor allem die stimmungsvollen Lichteffekte beim Tag und Nachtwechsel, sodass die gleißende Sonne zwischen den Bäumen einen wundervollen Effekt erzeugt. Die starken Kontraste die dabei entstehen mögen zwar zunächst gewöhnungsbedürftig sein, können dann aber doch eine tolle Atmosphäre erzeugen. Alles in allem passt die Grafik also gut zum Stil des Spiels, auch wenn Entfernungen zudem gelegentlich unscharf wirken. Umso besser also die Charaktermodelle, die nicht ganz den modernen Qualitätsansprüchen entsprechen, dafür aber jederzeit einen hohen Widererkennungswert bieten. So oder so ist „Risen 2“ also insgesamt recht schick anzusehen, trotz kleiner Schwächen.

Fazit:
Piranha Bytes kehrt mit „Risen 2“ zu seinen Anfängen zurück und kann mit sympathischem Piratensetting und gelungenem Inselflair die alten „Gothic“-Helden begeistern. Leider wird qualitativ der Anschluss knapp verpasst.