23
Jul
Game-Review: The Walking Dead (Episode 2)
Kritik:
Nach erfolgreichem Start der ersten Episode gelang es Telltale Games wohl jeden Serienfan zu begeistern. Besonders die dichte Atmosphäre der überaus gelungenen Story überzeugte dank schwierigen Entscheidungen und dessen teils nachdenklichen und drastischen Auswirkungen. Hier musste der Spieler stets über Leben und Tod, Nahrungsverteilung und vielen weiteren wichtigen Dingen entscheiden, was selbst dem härtesten Spieler sicher nicht leicht gefallen ist. Fraglich blieb damit für die meisten Spieler, ob es den Machern auch in der zweiten Episode gelingen wird, diese herausragende Atmosphäre noch weiter zu halten. Und tatsächlich: Episode 2 unter dem Namen „Starved for help“ setzt noch einen oben drauf und punktet mit noch schwierigeren Entscheidungen und horrorfilmreifen Szenen. Da freut sich doch das Herz eines jeden TWD-Fans.
Eine verlockende Versuchung
So setzt man nun immer mehr auf den Survival-Stil und verdeutlicht dem Spieler zu jeder Zeit, dass das oberste Gebot letztendlich überleben heißt. Egal, ob es um Nahrung, potentielle Bedrohungen oder dem zwischenmenschlichen Zusammenhalt geht – geht es ums Überleben, wird über Leichen gegangen. Sprichwörtlich. Kein Wunder also, dass die Nahrung für die Gruppe um Lee allmählich immer knapper wird und wohl nur noch die Hälfte der Mitglieder tatsächlich mit Essen versorgt werden kann. Der Spieler steht vor der schwierigen Entscheidung und bekommt Gewissensbisse bei der Frage, ob er nun lieber den Kindern, den alten Menschen, oder doch eher seinen engsten Freunden die Nahrungsmittel zukommen lässt. Doch was hier zunächst recht kompliziert erscheint, gehört nun noch zu den harmlosesten Entscheidungen, denn gelangen wir erst einmal ins Horrorkabinett im Schlaraffenland müssen wir nicht nur radikale Entscheidungen treffen, sondern bekommen ebenso deutlich mehr Action und Gewalt zu Gesicht.
Gore-Fest für Horrorfreunde
Bereits zu Beginn fällt allerdings auf: Die Entwickler bei Telltale Games haben ihre brutale Ader eindeutig entdeckt. Selbst in den Anfangsszenen kommen bereits Gewaltmomente zustande, die in puncto Bluteinsatz nicht gerade zurückhaltend sind. Hier haben wir tatsächlich bereits die Möglichkeit, einem Protagonisten das gesamte Bein zu amputieren und entsprechende Eingeweide zu Gesicht zu bekommen. Ähnliches setzt sich dann später fort, wenn ganze Wände vollkommen blutbeschmiert hinterlassen werden und Menschen zerstückelt in Glasbehältern vorzufinden sind. Das ist nun wahrlich weder etwas für schwache Nerven, noch für kleine Kinder, wenngleich „The Walking Dead“ eben immer noch ein reines Adventure ist und eben keine Ausmaße a la „Doom“ annimmt. Dazu kommt dann weiterhin der passende Comic-Look, der dem Spiel natürlich optisch ein wenig den Realismus nimmt. Da das Spiel aber bekanntlich einen Comic als Vorlage verwendet, passt dies nach wie vor sehr gut zum Gesamtkonzept.
Das Haus des Grauens
Ein wenig gespaltene Meinungen könnten unter Umständen allerdings beim schon bald aufkommenden Klischee auftauchen, das wir aus zahlreichen Horrorfilmen bereits kennen. Eine Gruppe Überlebender wird in ein vermeintlich friedliches Haus gelockt, in dem eine nette Familie für gutes Essen und eine sichere Unterkunft sorgt. Doch was bereits zu Beginn gerade wegen des übertrieben sicheren Eindrucks einige mulmige Gefühle im Bauch hinterlässt, entwickelt sich ganz klassisch, wie wir es bereits aus den Filmen kennen, zu einer brutalen und lebensbedrohlichen Kannibalismus-Falle, die aber passend zum Setting auch nachdenklich stimmt. Eines ist jedoch klar: Hier kommt Action auf, sowohl mit grober körperlicher Gewalt, als auch mit durchschlagskräftigen Schusswaffen. Spannung pur also.
Schnelle Entscheidungen, leichte Rätsel
Das Spielprinzip entspricht aber ansonsten dem, was wir bereits aus der ersten Episode kennengelernt haben. Mit rasanten Multiple-Choice-Fragen müssen wir unter Zeitdruck eine passende Reaktion und Antwort aussuchen, sodass Entscheidungen umso schwieriger und oft rein instinktiv gefällt werden müssen. Ohne also lange über die moralischen Hintergründe nachdenken zu können, sind wir als Spieler umso häufiger von unseren eigenen Entscheidungen überrascht und fragen uns manches Mal erschreckend, ob wir wohl im realen Leben ebenso handeln würden – erst recht dann, wenn wir auf brutale Weise einen anderen Menschen ermorden, rein aus Selbstschutz versteht sich. Gerade für deutsche Spieler mag die Wahl da auch nicht immer ganz so einfach ausfallen, da auch diese Episode über keinerlei deutsche Sprachausgabe verfügt und eben ausschließlich auf englisch spielbar ist. Ein paar englische Grundkenntnisse sollte man also besitzen, bevor man sich dieses Spiel zulegt.
Umso leichter dürfte dabei allerdings das Lösen der Rätsel sein, was oft auf das Auffinden von Gegenständen und der daraus resultierenden Interaktion verbunden ist. Manches lässt sich dabei sogar rein durch Dialoge mit anderen Figuren lösen, die uns dann prompt mit den jeweiligen Objekten aushelfen. Alles in allem kommen wir also schnell voran und müssen selten allzu lange überlegen, was allerdings dem flotten Storyverlauf nicht schadet. Langeweile kommt so nie auf und auch Frust suchen wir vergebens, zumal wir eben niemals online nach Lösungen suchen müssen. Bei einer Spielzeit von drei bis vier Stunden, was etwa doppelt so lange sein dürfte, wie in der vorangegangenen Episode, mag uns das aber auch nicht weiter stören. In diesem Sinne: Auch die zweite Episode ist einmal mehr sehr zu empfehlen und sorgt für zusätzliche Vorfreude auf den dritten Teil.
Fazit:
Telltale schafft das Unglaubliche: Nach einem herausragenden Start in das Episoden-Adventure zieht „The Walking Dead“ in der zweiten Episode noch einmal die Atmosphäre an und überzeugt mit noch schwierigeren Entscheidungen und noch brutalerer Action. Ein Fest für jeden Fan der Serie.
The Walking Dead – The Game ist als digitaler Download via Steam oder direkt unter telltalegames.com erhältlich.