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    Tommaso und der Tanz der Geister

    Tommaso und der Tanz der Geister


    Land/Jahr:
    I 2019
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Abel Ferrara
    Darsteller:
    Willem Dafoe
    Anna Ferrara
    Cristina Chiriac
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Dauer:
    113 Minuten
    Kaufstart:
    16. Juli 2020
    Label:
    Neue Visionen

    Tommaso lebt mit seiner deutlich jüngeren Frau Nikki und der gemeinsamen 3-jährigen Tochter in Rom. Für den Künstler und ehemaligen Alkoholiker ist das ein eher ungewöhnliches Leben. Tommaso war es bisher stets gewohnt, ein Leben am Limit zu führen und seiner künstlerischen Kreativität völlig freien Lauf zu lassen. Das geordnete Familienleben mit Einkaufszettel, Italienischkursen und festen Schlafenszeiten ist ihm völlig fremd. Trotzdem hat sich Tommaso entschieden, sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen und die „schiefe Bahn“ endgültig zu verlassen. Doch obwohl alles so perfekt scheint, macht sich eine innere Panik breit: Tommaso ist unzufrieden mit seinem Leben, die Geister seiner Vergangenheit suchen ihn heim und der Ruf nach Freiheit lässt nicht lange auf sich warten…

    Kritik:
    Kann es passieren, ein scheinbar völlig perfektes Leben zu führen, in dem alles in den richtigen Bahnen verläuft und doch gänzlich unzufrieden zu sein? Der großartige Willem Dafoe möchte dieser Frage auf den Grund gehen – und hinterfragt sich dabei vor allem selbst.

    Eine Reise in die Selbstentfremdung
    Auf den ersten Blick mag „Tommaso und der Tanz der Geister“ einer jener Filme zu sein, in denen zunächst nicht wirklich viel passiert. Regisseur Abel Ferrara nimmt sich Zeit, seine Figur einzuführen – auch wenn das bedeutet, dass wir ihm beim Einkaufen, beim Italienischkurs und beim Yoga zusehen müssen. So belanglos das in den ersten Minuten erscheinen mag, so ein tiefgründiges Psychodrama verbirgt sich im weiteren Verlauf dahinter: Der innere Konflikt zwischen der perfekten Scheinwelt und dem Drang nach Veränderung wird auf subtile Art immer offensichtlicher. Ferrara versteht dabei seine Bildsprache und wählt jedes Detail mit Bedacht: Schon die Tatsache, dass Tommaso als amerikanischer Künstler in Rom mit einer moldawischen Frau lebt, verdeutlich dieses starke Gefühl in der Hauptfigur, sich selbst fremd geworden zu sein. Das Setting also ist perfekt, um nicht zu sagen, geradezu echte durchdachte Filmkunst.

    Die Verschmelzung von Darsteller und Rolle
    Das allein aber reicht Ferrara bei weitem nicht. Der Regisseur konzentriert sich so stark auf seine Hauptfigur, wie wir es in den vergangenen Jahren nur selten in einem Film gesehen haben. Willem Dafoe steht mit seiner Rolle im Mittelpunkt und über die gesamten 113 Minuten weicht der Streifen zu keinem Zeitpunkt davon ab. Dabei heraus kommt eine extrem tiefgründige und detaillierte Ausarbeitung des Charakters, bei dem sich eine absolut menschliche Figur formt, bei der keine Facette des Charakters ausbleibt. Von einer für die Figur Tommaso äußerst relevanten Vergangenheit, über Probleme, Ängste und Wünsche, bis hin zu psychologischen Abgründen, die sich im späteren Verlauf des Films zunehmend offenbaren. Ferrara hat schließlich keinen Helden geschaffen, sondern einen nachvollziehbaren Charakter, der womöglich selbst sein eigenes Problem darstellt. Eine Figur, bei der bereits banalste Alltagsabläufe zum Drang nach Freiheit und Wutausbrüchen führen können. Einen Willem Dafoe, der einfach nicht mit sich selbst zurecht kommt – und das mit Bravour spielen kann. Und diese Charakterdarstellung mit derart beeindruckendem psychologischen Tiefgang mag sicherlich für alle Beteiligten eine Herausforderung gewesen sein.

    Filmkunst statt Massengeschmack
    Trotz allem ist „Tommaso und der Tanz der Geister“ aber kein Film für die Masse, sondern ein Psychodrama, auf das man sich einlassen muss. Viel mehr Arthaus und Kunstfilm, als massentaugliches Drama. Das wird schon dadurch deutlich, dass der Streifen nicht vollständig synchronisiert wurde, sondern ganz bewusst dreisprachig daher kommt, um das Gefühl der eigenen Entfremdung der Hauptfigur zu verdeutlichen. Da wird mit der Bedienung im Cafe in der passenden Landessprache italienisch gesprochen, mit dem jungen 3-jährigen Kind englisch und mit der Frau auch gerne einmal deutsch. Untertitel lesen lässt sich bei „Tommaso“ also nicht vermeiden. Für Fans des künstlerisch wertvollen Films aber nicht unbedingt schlimm: Generell ist „Tommaso und der Tanz der Geister“ eher ein insgesamt ruhiger Film, der nie überdramatisiert, sondern mit subtilen Details daher kommt, die es zu entdecken gibt und die in dieser Ruhe dann jeder Kleinigkeit große Wirkung verleihen. Womit der Ferrara-Film zugleich auch weit entfernt von einem Thriller ist, der im gewohnten Stil auf Hollywood-Emotionen setzt. „Tommaso“ ist intelligent, durchdacht und manchmal, für die große Masse, vielleicht auch einen Tick zu langsam und unspektakulär. Aber: Genau das gibt dem Film erst seinen Wert.

    Fazit:
    Filmkunst statt Drama für die Masse: „Tommaso und der Tanz der Geister“ ist ein Film, auf den man sich einlassen muss – der dann aber mit einer unglaublich detaillierten Charakterzeichnung begeistert, die uns in eine innere Welt der Selbstzweifel entführt. Ein Psychodrama, das mit so großer Ruhe daher kommt, sodass auch die kleinsten Details eine große Wirkung entfalten.

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