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    Brüder – Feinde

    Brüder – Feinde


    Land/Jahr:
    EST / FIN 2015
    Genre:
    Kriegsfilm
    Regie:
    Elmo Nüganen
    Darsteller:
    Kaspar Velberg
    Krisjan Üksküla
    Maiken Schmidt
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Dauer:
    100 Minuten
    Kaufstart:
    6. Oktober 2015
    Label:
    Ascot Elite

    November 1944. Der Zweite Weltkrieg ist bereits in vollem Gange und setzt sich vor allem an der Ostfront gegen die Rote Armee der Sowjetunion fort. Das betrifft vor allem die Estländer, die prompt zwischen die Fronten geraten und Gefahr drohen, von zwei riesigen Weltmächten geradezu überrannt zu werden. Ein nicht unwesentlicher Teil der estländischen Armee schließt sich in der Hoffnung auf die Unabhängigkeit ihrer Heimat der deutschen Waffen-SS unter der Führung von Adolf Hitler an, um die rote Armee zurückzudrängen. Doch nicht lange dauert es, bis eben jene Männer gegen ihre eigenen Landleute antreten müssen, die sich der Sowjetunion angeschlossen haben und nicht einmal davor zurückschrecken, Minderjährige zu ermorden, wenn sie „anti-sowjetisches“ Verhalten zu Tage fördern. Ein gespaltenes Volk zwischen zwei Streitkräften, mit denen sie eigentlich gleichermaßen nichts zu tun haben wollen. Jüri und Karl sind zwei dieser Menschen, die schon bald als Feinde aus der gleichen Heimat aufeinandertreffen…

    Kritik:
    Unter den deutschen Produktionen finden wir reichlich Filme über den Zweiten Weltkrieg. Fast alle handeln natürlich von Hitler und seinem Kampf gegen die Juden. Historisch bedingt sehen wir dabei nur selten neue Perspektiven. Das allerdings wird anders, wenn wir diesen Krieg aus der Sicht von estländischen Streitkräften betrachten, die eigentlich gar nicht an diesem Krieg teilnehmen wollen.

    Krieg aus ungewohnter Perspektive
    Die Estländer scheren sich dabei recht wenig um die typisch deutsche Sicht vom Krieg. Jude sind in „Brüder – Feinde“ nicht ein einziges Mal zu sehen. Kein Wunder, spielt der Streifen schließlich auch an einer Front, die wir sonst fast nie zu sehen bekommen und die auch im Geschichtsunterricht gerne totgeschwiegen wird. Wir sehen ein eigentlich neutrales und außenstehendes Volk, hin und hergerissen zwischen Faschismus und Wunsch nach Unabhängigkeit von Russland, das eigentlich gar nicht so recht weiß, wieso es sich an diesem Krieg überhaupt beteiligt. Wären die Deutschen und Russen nicht gerade vor Ort, würde wohl niemand überhaupt zum Krieg hingehen. Es ist ein Kriegsfilm über eine ganz eigenartige, so noch nie gesehene Perspektive, in der Soldaten eine Uniform der Waffen-SS tragen und gleichzeitig Witze über Hitler machen. Sie stehen an der Seite der Deutschen und machen doch oft und gerne deutlich, dass sie dem Führer gegenüber keinerlei Loyalität zeigen wollen. Das ist definitiv etwas anderes, als die üblichen Holocaust-Filme.

    Mut zur Kontroverse
    Erfrischend anders ist allerdings auch der Mut zu kontroversen Themen und Stellungen, die wir vor allem bei deutschen Filmen doch immer vermissen. Hierzulande traut man sich oft nicht einmal an die Frage, ob alle Soldaten der SS auch automatisch eine Mitschuld am Holocaust und der faschistischen Ideologie haben, oder nur ihre Befehle befolgen. „Brüder – Feinde“ geht dabei ein wenig offensiver vor und lässt seine estländischen Soldaten in SS-Uniform nicht nur von den Deutschen distanzieren. Der Film hat stattdessen viel mehr sogar den Mut, die unter deutscher Führung kämpfenden Estländer als gute, liebenswerte und gütige Menschen zu zeigen. Der nette Soldat von nebenan, der im Kampf gegen die eigenen Landsleute an seinem eigenen Gewissen nagt und sogar sein Leben riskiert, um flüchtende Kinder zu retten. Vielleicht möchten sich die Estländer damit selbst ein bisschen mehr ins rechte Licht rücken, doch ist das angesichts der Nähe dieses Landes zu Russland und dem geschichtlichen Hintergrund schon mutig. Ja, es lädt geradezu zu Kontroversen ein. Schließlich schneiden die Russen in diesem Streifen nun einmal gar nicht gut ab. Das ist allerdings auch kein Wunder, hält man sich tatsächlich überwiegend an historische Fakten und thematisiert auch den Luftangriff der Sowjets auf Tallinn im Jahre 1944. Auch die Estländer haben eben ein bisschen was zu verarbeiten. Damit hat man allerdings auch den Mut, die Verbrechen der Russen während des Zweiten Weltkrieges zu zeigen und damit Themen zu besprechen, an die sich deutsche Filmemacher aus historischen Gründen oft nicht herantrauen.

    Mitten in der Schlacht
    Auch bei der Darstellung und Inszenierung macht „Brüder – Feinde“ dann einiges anders, als die deutschen Kollegen. Hier zeichnet man sich vor allem durch eine besondere Nähe zur Schlacht aus. Die Kamera begibt sich also wortwörtlich direkt in den Schützengraben, wo die Bomben und Kugeln gleich neben den Soldaten einschlagen und der Dreck geradezu auf die Linse geschleudert wird. Wir sollen als Zuschauer ein möglichst intensives „Mittendrin-Gefühl“ bekommen, das uns den Krieg so nah wie nur möglich bringt. Das gelingt auch und macht die Kriegsszenen extrem eindringlich und authentisch. Trotzdem sind das längst nicht die Highlights, denn „Brüder – Feinde“ lebt auch von den kleinen, fesselnden Momenten. Etwa, wenn ein Soldat ein kleines Mädchen rettet, während im Hintergrund die schießenden Flugzeuge direkt auf das Mädchen zugeflogen kommen, das sich mitten in der Schussbahn befindet. Aber auch die persönliche Ebene der Charaktere, die oftmals große Zweifel an ihren eigenen Taten haben und so manchen Zuschauer, der „nah am Wasser gebaut“ ist, zu Tränen rühren kann, sorgt dafür, dass uns dieser Kriegsfilm definitiv näher geht, als manch anderer. Genrefans, die keine Lust auf deutsche Produktionen haben, sollten sich diesen Film also nicht entgehen lassen.

    Fazit:
    Der estländische Kriegsfilm zeigt das Grauen des Zweiten Weltkriegs nicht nur aus ungewohnter Perspektive, sondern hat auch den Mut zur Kontroverse und kritischen Sichtweise auf die sowjetische Besatzungsmacht, während die Kamera sich so nah ins Schlachtfeld begibt, wie man es sonst nur selten zu sehen bekommt. Sehr eindringlich.

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