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    Der Himmel über Berlin

    Der Himmel über Berlin


    Land/Jahr:
    D / F 1987
    Genre:
    Drama
    Regie:
    Wim Wenders
    Darsteller:
    Bruno Ganz
    Solveig Dommartin
    Otto Sander
    Peter Falk
    Curt Bois
    FSK:
    ab 6 Jahren
    Dauer:
    130 Minuten
    Kaufstart:
    17. Mai 2018
    Label:
    Studiocanal

    Die beiden Engel Damiel und Cassiel sind grundsätzlich nur stille passive Beobachter, die ein Auge auf das Leben der Menschen in Berlin haben. Für die Außenwelt völlig unsichtbar, können sie keinerlei Einfluss auf die Taten und Entscheidungen der Sterblichen nehmen, wodurch sie so manches Leid mitansehen müssen. Lediglich neuen Lebensmut können sie den Menschen durch Berührungen und Nähe einflößen. Manchmal zumindest, denn bei einigen sitzt die Trauer und Enttäuschung so tief, dass auch die Engel sie nicht mehr retten können. Bei Damiel entsteht dadurch ein Drang, endlich am Leben der Menschen teilhaben und dem ein oder anderen vielleicht wirklich helfen zu können. Dafür wäre er sogar bereit, seine Unsterblichkeit für immer aufzugeben…

    Kritik:
    Viele, vor allem religiöse Menschen hatten schon immer die Vorstellung, dass Schutzengel stets in unserer Nähe sind und über uns wachen. Dass sie sich zwar nicht bemerkbar machen können, aber immer ihre schützende Hand über uns halten. Eine hübsche Vorstellung, die Wim Wenders einst dazu verleitete, einen innovativen Film aus ihrer Perspektive zu machen.

    Die Zelebrierung der Passivität
    Vielleicht ist „Der Himmel über Berlin“ damit ein Werk, das es so bis heute kein zweites Mal gegeben hat. Wim Wenders erzählt seinen Film nämlich gänzlich aus der Perspektive zweier passiver Beobachter. Die Hauptdarsteller schlüpfen in die Rolle von Engeln, die keinerlei Einfluss auf das Leben nehmen können, dafür aber die Gedanken ihrer Mitmenschen lesen können. Sie beobachten, sie hören die Trauer und Verzweiflung und können manchmal sogar neuen Lebensmut auf die Menschen übertragen. Doch jene wichtigen Dinge, die einen Film normalerweise ausmachen, können sie nicht: Sie können weder Dialoge führen, noch mit anderen Figuren interagieren. Und damit weicht „Der Himmel über Berlin“ in jeder Hinsicht von allen Konventionen ab, die wir in Filmen normalerweise gewohnt sind.

    Hypnotische Handlungsarmut
    Das führt allerdings auch ein Problem mit sich, durch welches wohl nicht jeder Zuschauer mit dem Film warm werden dürfte: „Der Himmel über Berlin“ verfügt praktisch über kaum eine Handlung. Es ist eine Aneinanderreihung von Beobachtungen und Gedanken, bei denen sich das Publikum selbst sein Bild über das Leben im damaligen Berlin machen darf. Bei einer Laufzeit von mehr als zwei Stunden entstehen dadurch aber natürlich zwangsläufig auch Längen, die den Streifen für so manchen Zuschauer sicherlich langweilig erscheinen lassen. Wim Wenders allerdings scheint zugleich Spaß an dieser Langweiligkeit zu haben und verstärkt sie gar noch mit hypnotischen Bildern und eintöniger Musik. Der Zuschauer soll sich fallen lassen und sich in die bewegten Bilder hinein träumen. In der heutigen Zeit, in der schnelle Schnitte und beeindruckende Effekte vorherrschen, mag allerdings zweifelhaft sein, ob es dafür im Mainstream noch eine Zielgruppe gibt.

    Ein Film über das Menschsein
    Dabei hat „Der Himmel über Berlin“ eigentlich sehr viel Tiefgang, wenn man sich auf diesen Streifen einlassen kann. Es ist nicht nur eine Liebeserklärung an das Leben einerseits, sondern zugleich auch noch ein in Bildern verpacktes philosophisches Gedicht an das Leben andererseits. Wim Wenders konzentriert sich schließlich auf die wesentlichen Fragen des Lebens: Was macht das Menschsein eigentlich aus? Sind es die Farben des Graffitis an der Wand, das man sehen kann? Das Schmecken und Fühlen des warmen Kaffees an einem kalten Wintertag? Oder einfach nur die Fähigkeit zu berühren, die Realität mit offenen Augen zu sehen und die Umgebung positiv beeinflussen zu können? Diese Thematik hätte man kaum besser darstellen können, als anhand zweier Engel, die all das nicht können und sehnlichst vermissen. Und ganz subtil, vermittelt „Der Himmel über Berlin“ sogar die positive Aufforderung, die kleinen Details des Lebens endlich wahrzunehmen – und sei die eigene Stadt noch so hässlich.

    Ein Dokument der Zeit
    Einige mögen Wim Wenders’ Film auch deshalb als Meisterwerk betrachten, weil er für eine solch irgendwie tragische Thematik zugleich das perfekte Setting gewählt hat. Völlig ungeschönt gibt er Einblicke in das Leben mitten in Berlin, in einer Zeit, in der die Mauer noch stand. Es hätte wohl kaum eine bessere Möglichkeit gegeben, die Einsamkeit, Frustration und Traurigkeit der Menschen auf den Punkt zu bringen, als mit dem stetigen Anblick von Verfall, Müll und den nahenden Grenzen, die den Betroffenen ihre Freiheit rauben. Zugleich allerdings ist „Der Himmel über Berlin“ gerade deshalb auch ein Zeitdokument und einer der wenigen Filme, die ein Berlin kurz vor dem Mauerfall einfangen. Und dabei auch einmal innerhalb der Grenzmauern Bildern zeigen können, die sehr nah an der Realität sein dürften. Da bietet sich natürlich auch ein wenig Gelegenheit in Erinnerung zu schwelgen und vielleicht auf besondere Weise etwas über die Geschichte zu lernen.

    Hübsches Schwarz-Weiß
    Mittlerweile gibt es auch die perfekte Gelegenheit, eine solche „Bildungslücke“ einmal zu schließen. Dank der Neuauflage von Studiocanal liegt nun nämlich erstmals eine in 4K restaurierte Fassung vor, die endlich wieder der Originalkopie aus dem Jahre 1987 entspricht. Und das kann so manchen Zuschauer schon schwer beeindrucken: Die Bilder sind knackscharf, die Kontraste überzeugen auf ganzer Linie und selbst die schwarz-weißen Szenen wirken unglaublich lebensecht. So kommt der spezielle Kniff in der Inszenierung noch intensiver rüber, denn Wim Wenders hat seinen Streifen schließlich absichtlich teilweise schwarz-weiß und teilweise farbig gedreht. Schwarz-weiß immer dann, wenn die Engel ihre Umgebung nicht wahrnehmen können, wie die Menschen. Farbe, sobald sie sich den Menschen und ihrer Sterblichkeit ein wenig annähern. Auch damit verdeutlicht Wim Wenders schließlich einmal mehr, was das Leben eigentlich ausmachen soll – und liefert damit vielleicht eines der durchdachtesten Kunstwerke der deutschen Filmgeschichte ab.

    Fazit:
    Das vermeintliche Meisterwerk von Wim Wenders wird das heutige Publikum vermutlich spalten: Der Mainstream wird ihn wegen seiner Handlungsarmut und seinen Längen womöglich als äußerst langweilig empfinden. Doch auf Grund seiner enormen Tiefgründigkeit und seiner genialen Inszenierung wird er auch reichlich Fans unter den heutigen Liebhabern der Filmkunst finden.

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